Neue Allrad-Cabrios von Porsche: Open-Air-Erlebnis der besonderen Art

Porsche bringt im Oktober zwei Versionen des neuen Allrad-Cabrios auf den Markt. Egal, ob man sich nun für den 911 Carrera 4 oder den 4S entscheidet, beide Fahrzeuge bieten ein fast grenzenloses Fahrgefühl.

Frank Mertens

Porsche fährt auf Erfolgskurs - und nichts scheint die Stuttgarter aufhalten zu können. Während viele Hersteller nach wie vor unter den Folgen der schwachen Konjunktur zu leiden haben, eilt das Unternehmen von Vorstandschef Wendelin Wiedeking von Rekord zu Rekord. So konnten die Schwaben im ersten Halbjahr 2005 mit 9850 Neuzulassungen das beste Ergebnis der Firmengeschichte verzeichnen. Eine bessere Bestätigung, mit der Modellpolitik auf dem richtigen Weg zu sein, können sich die Verantwortlichen nicht wünschen.

Breiteres Hinterteil

Doch die Stuttgarter ruhen sich auf diesem Zulassungsrekord nicht aus und schicken am 22. Oktober neben dem Coupé des 911 Carrera 4 und 4S auch die Cabrio-Version des Allrad-Elfers an den Start. Und das, was die Schwaben dann präsentieren, wird die 23-jährige Erfolgsgeschichte des offenen Elfers fortschreiben. Daran gibt es nach den ersten Fahrtests mit den zwei neuen Allrad-Cabriolets durch das bergische Land keinen Zweifel. Nachdem schon die erst im April flächendeckend auf allen Märkten erhältliche heckangetriebene Cabrio-Version Porsche einen «wahren Boom bei den Auftragseingängen» (Unternehmenssprecher Anton Hunger) einbrachte, ist zu erwarten, dass der Allrad-Elfer dem in nichts nachstehen wird.

Das breite Heck des Carrera 4S Foto: Werk

«Seit der Serieneinführung mit dem Typ 964 im Jahr 1988 erfreut sich diese reizvolle Kombination einer ständig wachsenden Fan-Gemeinde. Denn sie verbindet die besondere Fahrdynamik des Allradantriebes mit dem erfrischenden Fahrgefühl eines offenen Sportwagens», sagt August Achleitner, der Baureihenleiter des 911er. Hört sich gut an - und trifft zu. Achleitner und sein Team haben ein Auto entwickelt, das begeistert. Das fängt bereits beim Design an: Wie beim allradangetriebenem Coupé wurden die Kotflügel um 44 Millimeter verbreitert, wobei das Cabrio in Verbindung mit der Designlinie des Stoffverdecks ein noch dynamischeres Aussehen erhält.

Optimierte Rohbaustruktur

Bleiben wir kurz beim Verdeck: Es funktioniert wie beim Hecktriebler: Ein Druck auf dem neben dem Handbremshebel befindlichen Knopf bei angelassener Zündung genügt und das Stoffverdeck öffnet und schließt sich fast geräuschlos. Der ganze Vorgang dauert gerade einmal 20 Sekunden. Der Verdeckmechanismus lässt sich bis zu einer Geschwindigkeit von 50 km/h betätigen. Die für ein Cabrio notwendige Karosseriesteifigkeit - Voraussetzung für ein präzises Fahrverhalten - haben die Ingenieure durch eine Optimierung der Rohbaustruktur erzielt. Wie Achleitner erklärt, erhielt die Rohkarosse zur Erhöhung der Steifigkeit unter anderem zusätzliche Schwellerverstärkungen und Bauteile in doppelter Blechstärke.

Wer dann bei geöffnetem Verdeck den porschetypisch auf der linken Seite angebrachten Zündschlüssel weiterdreht, weiß, weshalb Porsche Sounddesigner beschäftigt: Bereits der sonore Klang des 3,6-Liter-Sechszylinders mit 239 kW/325 PS im Carrera 4 ist ein Genuss - und ein Anhaltspunkt für das, was den Fahrer erwartet, wenn er erst einmal die Möglichkeit hat, dieses Auto zu erfahren. Es ist früh am Morgen, die Autobahn Richtung Olpe ist frei - die Voraussetzungen dafür sind also ideal: Ein sanfter Druck aufs Gaspedal bei der Auffahrt auf die Autobahn genügt - und man wird vehement in die Sportsitze gepresst. Wer dann im zweiten Gang bis 100 km/h hoch beschleunigt, gerät schlicht ins Schwärmen und vermag nachzuvollziehen, was Achleitner mit «erfrischendem Fahrgefühl» meint. Man kann es auch in Zahlen ausdrücken: Von Null auf 100 km/h braucht der Basis-Porsche rasante 5,3 Sekunden.

Die beiden neuen Allrad-Cabrios Foto: Werk

Nach dem Durchschalten des perfekt arbeitenden Sechsganggetriebes und jenseits der 200 km/h ist man erstaunt, wie wenig Windverwirbelungen es im Innenraum gibt. Das haben Achleitner und seine Leute perfekt hinbekommen. Wer allerdings die Höchstgeschwindigkeit von 280 km/h erreichen will - so der Verkehr es denn zulässt - sollte das Verdeck schließen. Denn so richtig schön ist das Open-Air-Feeling bei diesem Tempo nicht.

Doch Cabrio fahren macht bekanntlich vor allem auf Landstraßen und nicht auf Autobahnen Spaß - und wenn sie dann noch so kurvig wie im bergischen Land sind, kann man erst so richtig die Stärken dieses Allradlers einschätzen. Wer glaubt, dass bereits die Traktion im heckangetriebenen Cabrio über jeden Zweifel erhaben ist, der wird bei der Fahrt in der allradangtriebenen Version schnell vom Gegenteil überzeugt: Der offene Allrad-Elfer setzt noch einen oben drauf und scheint sich geradezu in den Asphalt zu krallen. Je schlechter der Fahrbahnbelag, umso mehr wird man von den Vorteilen des Allradantriebes überzeugt.

Auf PASM nicht verzichten

Das Cockpit des Porsche Carrera 4S. Foto: Werk

Verfügt das Fahrzeug dann noch wie der Carrera 4S über das «Porsche Active Suspension Management» (PASM), dann fühlt man sich im neuen Porsche wie auf Schienen. Das um 10 Millimeter tiefer liegende PASM-Fahrwerk bietet dem Fahrer zwei Modi, zwischen denen er wählen kann: Die Normal- und die Sporteinstellung. Während die Normaleinstellung eine komfortable Grundabstimmung der Dämpfer bietet, sorgt die Betätigung der Sporttaste für eine betonte straffere Abstimmung der Dämpfersysteme. Der Unterschied zum herkömmlichen Fahrwerk ist überzeugend, deshalb sollte man sich auch in der Basisversion für PASM entscheiden: Die 1508 Euro Aufpreis sind gut angelegt. Womit wir bei den Preisen wären: Für den Carrera 4 sind für die Basisversion 92.865 Euro zu bezahlen, für den 4S sind es 103.073 Euro. Nach oben sind fast keine Grenzen gesetzt: Wer es will, der kann sich beispielsweise Keramikbremsen ordern, die diesen Sportwagen noch bissiger zum Stillstand bringen als die an der Vorderachse mit 318 Millimeter ohnehin schon großen Bremsscheiben, an der Hinterachse sind sie 299 Millimeter groß. Der Preis für die Keramikbremsen beträgt übrigens 7830 Euro - dafür kaufen sich andere Leute einen Kleinwagen.

Das Verdecksystem des Cabrios. Foto: Werk

Natürlich kann man sich nach dem Sinn und der Alltagstauglichkeit eines solchen Wagens fragen: Er ist nicht familientauglich, er ist mit einem angegebenem Verbrauch von 11,3 Litern Super Plus nicht ökologisch, und er ist teuer, für die meisten von uns sogar unerschwinglich. Das mag alles sein. Doch wer versucht, sich einem Porsche ausschließlich rational anzunähern, der wird beim Fahren schnell einsehen, dass das nicht geht. Denn da sind ja noch die Emotionen - und die sagen einem: Dieses Auto fasziniert und begeistert. Deshalb wird es auch dazu beitragen, die Erfolgsgeschichte des offenen Elfers fortzuschreiben. Schließlich entscheiden sich 50 Prozent aller Porsche-Kunden für ein Cabrio.

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