ML 320 CDI: Luxus fürs Gelände

Bei der zweiten Auflage der M-Klasse hat Mercedes die Schwachstellen ausgemerzt. Die Stuttgarter spendierten dem völlig neukonstruierten Geländewagen in punkto Technik alles, was sie so zu bieten haben.

Stefan Grundhoff

Von der Seite her ist rein optisch die Verbindung zum Vorgängermodell am offensichtlichsten. Denn auch die neue M-Klasse von Mercedes-Benz zeigt die geschwungenen Formen, bei der die Linien von vorne nach hinten ansteigen. Geblieben ist auch der Produktionsort Tuscaloosa im US-Bundesstaat Alabama. Ansonsten hebt sich die zweite Auflage des Geländewagens von ihrer seit 1997 gebauten Debütversion, die 620.000 Mal verkauft wurde, doch deutlich ab.

«Dies ist eine komplett neue M-Klasse», konnte Joachim Schmidt bei der Fahrpräsentation in der Provence verkünden. Diese solle die Erfolgsgeschichte weiter fortschreiben. Das Vorstandsmitglied der Mercedes Car Group spricht gar von einem «Quantensprung». Und das stimmt wirklich, wie die ersten Fahreindrücke gezeigt haben.

Deutlich mehr Platz

Das fängt schon beim Design an. Merklich kraftvoller und dynamischer ist jetzt das Erscheinungsbild. Was nicht nur daran liegt, dass der ML nun mit 1,90 Metern sechs Zentimeter breiter sowie mit 4,79 Metern gleich 15 Zentimeter länger ist als der Vorgänger - und das bei gleicher Höhe. Die Radhäuser sind stark betont, an der Karosserie wechselt sich Rundungen und Kanten ab. Im Frontbereich fallen neben dem mächtigen Kühlergrill die nach innen gezogenen Scheinwerfereinheiten auf, am Heck sind es die beiden sichtbaren Auspuffendrohre - eines links, eines rechts. Das gilt jetzt auch für die Dieselversionen, die serienmäßig mit einem Partikelfilter ausgestattet sind.

Selbsttragende Karosserie

Die entscheidende Neuerung liegt jedoch im Umstieg auf eine selbsttragende Karosserie. Die klassische Version mit separatem Leiterrahmen und aufgeschraubter Blechhülle hat ausgedient. Was zwei großen Vorteile mit sich bringt - deutlich weniger Gewicht und mehr Platz. Was Fahrer und Passagiere zu schätzen wissen. Auch im Fond kann man es sich in den sehr bequemen Sitzen, die guten Seitenhalt geben, richtig gemütlich machen. Werden die 60:40 geteilten Rückenlehnen umbeklappt, entsteht ein völlig ebener, 2,10 Meter langer Laderaum, der bis zu 2050 Liter schluckt. Beim Blick nach vorne fallen die Neuerungen mit den gut einsehbaren Rundinstrumenten und den runden Düsen sofort ins Auge. Und die freie Mittelkonsole. Auch hier haben die Mercedes-Designer harmonische Formen mit einer hochwertigen Anmutung geschaffen.

Leichtes Antrippen der Schaltung

Den Schalthebel für das Automatikgetriebe haben die Ingeneure ans Lenkrad verpflanzt. Foto: Langenwalter/nz

Den Hebel der Automatikschaltung - ein Schaltgetriebe gibt es in der M-Klasse nicht - haben die Ingenieure ans Lenkrad verpflanzt. «Das ist unsere größte Sorge, dass dies auch ankommt», verriet M-Klassen-Chefentwickler Thomas Merker. Keine Sorge, so leicht ging das Einlegen der Fahrstufen am Automatikgetriebe noch nie. Ein leichter Fingertipp reicht, um den Schalter in die gewünschte Stellung zu befördert.

Freilich, der Fahrer muss sich umgewöhnen. Der rechte Arm kann nicht mehr lässig abgelegt werden, die Hand gehört schließlich ohnehin ans griffige Lenkrad. Zu spielen gibt es bei den dort integrierten Steuerungselementen aber genug.

Anlassen per Knopfdruck

Das Anlassen des Fahrzeugs erfolgt über einen Druckknopf, sofern das Bremspedal gedrückt ist - den «Schlüssel» kann man sich nach dem Öffnen wieder in die Hosentasche stecken. Der neue V6-Diesel im ML 320 CDI surrt leise vor sich hin. Das Selbstzünder «hat das größte Marktpotenzial in Europa», so Merker. In einigen Ländern werden 80-90 Prozent der M-Klasse als Diesel abgesetzt. Zur Markteinführung sind für die M-Klasse zudem zwei Benziner (ML 350 mit 200 kw/272 PS und ML 500 mit 225 kW/306 PS) erhältlich.

Überzeugender V6-Diesel

Der Commenrail-Direkteinspritzer bringt es auf eine Leistung von 165 kW/224 PS. Das maximale Drehmoment von stolzen 510 Newtonmetern liegt ab 1600 Umdrehungen an. Nach dem Tritt aufs Gaspedal bringt der Selbstzünder den 2060 Kilogramm schweren permanenten Allradler (Kraftverteilung 50:50) nach einer kurzen Verzögerung auf Touren und zieht dann behände davon. Der Wagen liegt souverän auf der Straße und ist auch in Grenzsituationen sicher beherrschbar. Nur die Lenkung könnte etwas mehr Kontakt zur Fahrbahn vermitteln.

Die serienmäßige Siebengang-Automatik harmoniert hervorragend mit dem Motor. Falls gewünscht, kann der Fahrer freilich das Einlegen der Schaltstufen vom Lenkrad aus auch selbst per Knopfdruck vornehmen. Von 0 auf 100 Stundenkilometer benötigt der ML 320 CDI 8,6 Sekunden; als Höchstgeschwindigkeit gibt Mercedes 215 Kilometer an.

Der Verbrauch liegt laut Werk durchschnittlich bei 9,4 bis 9,8 Litern auf 100 Kilometer - das dürfte im Gelände nicht zu halten sein. Dabei lässt sich der Geländewagen dort trotz seiner Masse mühelos um oder über etwaige Hinternisse zirkeln. Kurz: Fahren in der neuen M-Klasse macht einfach Laune. Und der Diesel reicht als Motor völlig aus.

Nun auch Differenzialsperren verfügbar

Höhere Bodenfreiheit und Differenzialsperren gibt es nur gegen Aufpreis. Foto: Langenwalter/nz

Apropos Offroad-Fahren. Da sollte der Käufer ganz genau wissen, was er will oder nicht. Der ML 320 CDI kostet schließlich mindestens 48.662 Euro. Die elektronisch gesteuerten Differenzialsperren gibt es aber nur gegen Aufpreis. Und das optionale Offroadpaket schlägt mit rund 3800 Euro zu Buche, da hier auch die modifizierte Luftfederung mit geordert werden muss. Dann kann aber die Bodenfreiheit auf bis zu 29 Zentimeter und die Wattiefe auf 60 Zentimeter angehoben werden. So kommt man praktisch überall durch. Luftfederung und echte Sperren gab es beim alten Modell übrigens nicht.

Wer darauf verzichten kann oder will, dem bleibt da noch die Mercedes-typische lange Aufpreisliste, die jede Menge Möglichkeiten zum Geldausgeben bietet. Hier finden sich jene Elemente, die das Autofahren in der M-Klasse noch angenehmer machen. Man kann es ja auch übertreiben, Stichwort Trittbretter (470 Euro). Da viele Kunden den Geländewagen auch als Zugfahrzeug nutzen werden, ist eine Anhängevorrichtung (789 Euro) dagegen unverzichtbar. Satte 3,5 Tonnen kann die M-Klasse an den Haken nehmen. Das Sicherheitssystem Presafe ist nach der S-Klasse nun auch für den ML (389 Euro) verfügbar.

Basisdiesel wird nachgeschoben

Vorbestellungen nimmt Mercedes ab sofort entgegen. Die ersten Fahrzeuge werden in Deutschland ab Anfang Juli ausgeliefert, in den USA schon ab April.

Ab Oktober liefern die Stuttgarter dann den Dreiliter-V6-Einstiegsdiesel mit einer Leistung von 140 kW/190 PS aus. Dieser wird rund 2300 Euro billiger angeboten als der 320 CDI. Diese beiden Motoren unterscheiden sind allein in der Motorsteuerung voneinander.

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