Mercedes SL: Modernisierter Traumwagen

Facelift der Ikone

Mercedes SL: Modernisierter Traumwagen
Mercedes hat dem SL eine Modellpflege zukommen lassen. © Mercedes

Mercedes hat den SL überarbeitet. Die Roadster-Ikone ist nun auch beim Thema Sicherheit auf dem neusten Stand – wenn die Haken in der langen Aufpreisliste gesetzt werden.

Nach vier Jahren spendiert Mercedes dem zweisitzigen Roadster-Klassiker eine Verjüngungskur. Das Design des SL wurde dezent, an der Frontpartie durchaus sichtbar verändert. Zudem sind jetzt auch für den Salon-Sportler technische Feinheiten wie LED-Scheinwerfer, die Neun-Gang-Automatik, eine Kurvenneigefunktion, verbesserte Assistenzsysteme und eine Internet-Anbindung zu haben. Die Preise beginnen bei 99.100 Euro für den jetzt 270 kW/367 PS starken SL 400 und reichen bis knapp 240.000 Euro für das Spitzenmodell, den Mercedes AMG SL 65.

In der Mercedes-eigenen Sprache wird ein Facelift kurz und unschön „Mopf“ genannt. Das steht für „Modellpflege“ und wird gewöhnlich einer Baureihe zuteil, die die Hälfte ihrer Laufzeit hinter sich hat. So wie jetzt dem berühmten Roadster SL, weltweit seit über 60 Jahren einer der begehrtesten offenen Zweisitzer. Da daheim im schwäbischen Winter Autodächer besser geschlossen bleiben, präsentierten die Stuttgarter die Neuauflage des Traumwagens dort, wo auch die meisten Kunden zu Hause sind. Im fernen Süden Kaliforniens, wo es bekanntlich niemals regnet und schon gar nicht schneit.

Mercedes SL mit neuer Frontpartie

Um die „gemopfte“ Ikone als solche zu erkennen, muss man dem Flachmann ins Gesicht schauen. Denn der Frontpartie galt die besondere Aufmerksamkeit der Designer. „Progressiv“ nennt deren Chef Gorden Wagener die Neugestaltung und spricht von „sinnlicher Klarheit“. Er meint damit den unten verbreiterten Kühlergrill in Diamantoptik, die neue geformte Motorhaube, die weit nach außen gezogenen Scheinwerferaugen und die deutlich größeren äußeren Lufteinlässe mit geflügelten Chromspangen.

Das Ganze lässt den SL noch sportlicher daherkommen als bisher. Dabei ist die daraus entstehende optische Angriffslust den in der Mehrheit reiferen Eignern des Zweisitzers eher fremd. Der typische SL-Fahrer schätzt vielmehr seit jeher das komfortable Gleiten unter freiem Himmel und das erhabene Gefühl der Überlegenheit unter der Motorhaube, die er aber nur selten zum Einsatz bringt.

Einstieg mit 367 PS

Mercedes hat dem SL eine Modellpflege zukommen lassen.
Der Basis-SL hat 34 PS mehr erhalten Mercedes

Das wird sich beim um 25 kW/34 PS erstarkten Einstiegsmodell, dessen Drei-Liter-Sechszylinder jetzt auf 270 kW/367 PS kommt, wohl nicht ändern. Die um 10 auf 500 Newtonmeter gesteigerte Durchzugskraft ist im Normalbetrieb kaum spürbar. Die Kraft fährt wie gehabt immer mit, lauert stets sprungbereit unter dem Gaspedal und vermittelt in jeder erfahrenen Lebenslage die Gewissheit, man könnte, wenn man denn wollte.

In weniger als fünf Sekunden auf 100 km/h, dann weiter bis Tempo 250, ehe die Elektronik den Vernunftsanker wirft. Auf den kurvigen Bergstraßen entlang der mexikanischen Grenze sorgen die Laser-Pistolen aufmerksamer Tempowächter dafür, dass das Potenzial nur zu einem Bruchteil genutzt werden konnte.

Mercedes SL in 20 Sekunden offen

Mercedes hat dem SL eine Modellpflege zukommen lassen.
Bis Tempo 40 kann das Dach des Mercedes SL bewegt werden Mercedes

Aber schon auch in den USA erlaubten Tempogrenzen ist die Faszination eines SL erlebbar. Der Tanz der neun Gänge durch die serienmäßige Automatik sorgt immer für die ideale Gangart des Motors. Per Knopfdruck kann der Fahrer seine jeweilige Laune auf die Straße bringen. Von betont komfortabel bis extrem sportlich. Wenn zuvor das gut 3500 Euro teure elektronische Fahrwerk mit der sogenannten „Active Body Control“ bestellt wurde, legt sich der SL sogar elegant um bis zu 2,65 Grad in die Kurve und reduziert so die Wirkung der Querbeschleunigung auf die beiden Insassen. All das ist kombiniert mit den bekannt zupackenden Bremsen und der beispielhaft zielgenauen Lenkung. Wer es ruhig angehen lässt, freut sich über den angesichts der Leistung recht erträglichen Verbrauch. 7,7 Liter sagt die Norm, in der Praxis sind zehn Liter erreichbar, wenn denn der Fahrer seinen rechten Fuß auf „sanft“ programmiert.

Über allem steht das Fahrgefühl, das nur ein offenes Auto bieten kann. Ein elektrisch ausfahrendes Windschott lässt nur wenig der störenden Zugluft, die in Cabrios bekanntlich von hinten kommt, ans meist schon schüttere Haupthaar eines SL-Besitzers. Per Knopfdruck wärmt zusätzlich ein Luftstrom aus Öffnungen der Kopfstütze. Neu ist auch, dass das feste Dach nunmehr bis Tempo 40 geöffnet und geschlossen werden kann. In weniger als 20 Sekunden wird aus dem Freiluft-Gefährt ein wetterfestes Coupé. Ein Ampelstopp reicht allemal, wenn der Himmel grollt.

630 PS für den Mercedes-AMG SL 65

Mercedes hat dem SL eine Modellpflege zukommen lassen.
Scheinbar zahllose Extras erhöhen den Kaufpreis Mercedes

Natürlich sind auch für den SL eine Vielzahl von modernen Assistenzsystemen zu haben. Darunter die bekannten elektronischen Helfer wie automatisches Zurücklenken beim Verlassen der eigenen Fahrspur auch dann, wenn er anderes Auto im toten Winkel des Rückspiegels auftaucht, oder ein Notbremsassistent, der auch bei Kreuzungen vor einem drohenden Crash warnt und automatisch selbstständig verzögert. Serienmäßig sind allerdings nur ein Müdigkeitswarner und die Verkehrszeichenerkennung mittels Kamera. Alles andere findet sich in der Aufpreisliste.

Die darin aufgerufenen Preise für zahllose Extras haben die betuchte Kundschaft bekanntlich noch nie vom Kauf ihres SL abgehalten. Um einen sechsstelligen Betrag muss das Konto auf jeden Fall erleichtert werden. Nach oben ist noch viel Luft im Kult-Cabrio. Wer sich für das Spitzenmodell AMG SL 65 entscheidet, kann den Preis eines SL 400 mehr als verdoppeln. Gut 240.000 Euro nämlich kostet der Zwölfzylinder mit seinen 463 kW/630 PS und einer Durchzugskraft von 1000 Newtonmetern. Damit gehört er zu den teuersten Modellen mit dem „Stern“. (SP-X)

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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