Klobige Umgebung

Renault Kangoo 1.6 16 V 105

Der neue Kangoo eignet sich weiterhin hervorragend als praktischer Lademeister. Doch die gewachsenen Größenverhältnisse sind nicht nur vorteilhaft.

Von Thomas Flehmer

"Mensch, was bist Du groß geworden" - dieser Tortur muss sich wohl jeder mal in seiner Jugend stellen, wenn ein Familientreffen ansteht. Die durchaus als Lob verstandenen Worte nerven die Heranwachsenden aber eher, als dass sie verstehen, wie sehr sich die Anverwandten die Zunahme an Größe auch mit einer Zunahme an Reife gleichsetzen.

17,8 Zentimeter länger

Auch beim Kangoo ist dieser Größenzuwachs deutlich zu sehen. 17,8 Zentimeter länger als die Vorgängergeneration ist der neue, nunmehr 4,21 Meter lange Kangoo. Mehr noch als in der Länge fällt der Zuwachs in der Breite auf. Hier sind es ganze 15,9 Zentimeter, die den Kangoo auf 1,83 Meter kommen lassen. Klar, dass sich da die Insassen freuen und staunen, wie groß der Kangoo geworden ist.

Die Ellenbogenfreiheit stieg um 11,8 Zentimeter an, die Kniefreiheit liegt jetzt bei außerordentlich guten 21 Zentimetern. "Mensch, was bist Du groß geworden".

Keine Platzprobleme

Praktische Ablagen unter dem Dachimmel Foto: AG/Flehmer

Platzprobleme gibt es also keine im Kasten-PKW. Neben der eigenen Freiheit - dank einer Höhe von 1,81 Metern brauchen selbst großgewachsene Personen keine Angst um Beulen am Kopf haben - prägen zahlriche pfiffige Ablagen das Innenleben des Kangoo.

Besonders praktisch sind die Fächer unter dem Dachhimmel wie auch die kleinen Ablagen vor den Sitzen in der zweiten Reihe, die unter den Klappen immerhin zwei, drei Barbie-Puppen beherbergen können. Und auch hinter der zweiten Sitzreihe zeigt der Kangoo seine Stärken. Zwischen 660 und 2688 Litern können im Hochdachkombi verstaut werden.

Übersicht könnte besser sein

Die Hecktür ist einer seits praktisch, vermindert aber auch die Übersicht Foto: AG/Flehmer

Doch wie bei den Heranwachsenden, die eine Zeit lang gar nicht wissen, wohin mit den Händen, die an immer länger werdenden Armen baumeln, bringt der gewachsene Kangoo nicht nur Vorteile mit. Zwar sorgt eine Unmenge an Glasflächen für viel Lichteinfall, ein guter Überblick ist trotzdem nicht gegeben. Besonders die knapp 16 Zentimeter gewachsene Breite bereiten Sorgen am rechten Rand. Da die Motorhaube stark abfällt, bleibt der rechte Rand unsichtbar. Und auch der Radfahrerblick kann dank B-Säule, Kopfstützen und Fensterteilungen nicht uneingeschränkt vorgenommen werden.

Ebenso eingeschränkt ist der Blick nach hinten. Die beiden Hecktüren sind beim Be- und Entladen zwar praktischer als eine Klappe, doch auch hier kann der rückwärtige Verkehr nicht optimal wahrgenommen werden. Zudem wären Sensoren beim Einparken recht hilfreich. Sehr praktisch bleiben dagegen die beiden Schiebetüren, die den Ein- und Ausstieg gerade an engen Stellen sehr erleichtern.

Nur fünf Gänge

Praktische Handhabung Foto: Renault

Praktisch ist auch, dass der Schalthebel recht hoch angesetzt wurde, sodass das Einlegen der leider nur fünf Gänge gut gelingt. Bei der Kupplung muss etwas Geduld bewiesen werden, ehe sich der 1,5 Tonner in Bewegung setzt. 13 Sekunden vergehen bis Tempo 100 erreicht wird, auf der Autobahn ist bei 170 km/h Schluss. Durch die Kastenform ist der 78 kW/105 PS starke Kangoo aber gerade bei höheren Geschwindigkeiten windanfällig, Tempo 130 reicht für den Lastesel vollkommen aus. Dann ist man ruhig unterwegs und verbraucht 8,5 Liter. In der Stadt sind es 7,9 Liter Super, die auf 100 Kilometern durch die Schläuche rinnen. Dann liegt der Kangoo ruhig auf der Straße.

Der 105 PS starke 1.6 16 V Benziner startet in der Ausstattungsversion Expression bei 16.450 Euro und ist damit auch schon gut bestückt. Ein ESP - gerade bei Hochdachkombis sehr sinnvoll - mindert erst in den Ausstattungsversionen Expression und Privilege die Angst vor dem Umkippen. Ein serienmäßiger Einsatz wäre zu wünschen, erst dann würde der Kangoo mit gewachsener Größe auch gewachsene Reife zeigen und dann wäre der nervige Spruch "Mensch, was bist Du groß geworden" auch durchaus als Lob zu verstehen.

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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