Kia Rio: Zurück in die Zukunft

Der koreanische Autohersteller Kia startet nun auch im Kleinwagensegment voll durch. Beim neuen Modell erinnert allein der Name Rio an den Vorgänger.

Stefan Grundhoff

Mit den Modellbezeichnungen in der Autobranche ist das so eine Sache. Hält ein Hersteller die Markenrechte für einen kurzen, griffigen und möglichst auch sehr geläufigen Namen, so versucht er ihn so lange wie möglich zu nutzen. Auch wenn sich für die Kunden dadurch etwaige Irritationen ergeben. Aktuelles Beispiel ist der koreanische Autobauer Kia. Dort hat man das Modell Rio in der Neuauflage gleich komplett neu positioniert. Neben einer neuen Plattform und einer neuen Technik hat der Rio auch das Segment gewechselt und tritt fortan bei den Kleinwagen an.

Debüt im B-Segment

Die Verantwortlichen von Kia tun alles, damit bei den Kunden auch ja keine Assoziationen zu jenem gleichnamigen, aber unrühmlichen Modell aus dem Jahre 2000 entstehen. «Der neue Rio ist absolut nicht vergleichbar», so Klaus Kühner. «Der Name ist das Einzige, war vom bisherigen Modell übriggeblieben ist», betont der Leiter des Produktmarketings von Kia Deutschland. Der konsequente Schnitt ist verständlich. Schließlich tritt der Rio nicht mehr in der so genannten Golf-Klasse an, sondern einen Stufe darunter. Dort, wo die Einstiegspreise um die 10.000 Euro-Marke liegen. «VW Polo, Ford Fiesta oder Renault Clio heißen jetzt die Wettbewerber», so Kühner. Damit zielt der Hersteller gleichzeitig auf eine ganz bestimmte Klientel ab - Singles, aber vor allem Frauen zwischen 20 und Mitte 30. Das Absatzziel ist mit 12.000 Exemplaren pro Jahr ordentlich.

Design aus einem Guss

In Deutschland wird nur die Steilheckvariante auf den Markt kommen. Foto: Werk

Schon nach den ersten Testfahrten mit der fünftürigen Steilheckversion ist klar, dass der Rio einen äußerst attraktiven Neuzugang im so genannten B-Segment darstellt - das könnte was werden. Zudem definiert sich Kia nun nicht mehr allein über eine allumfassende Garantieleistung bis zu fünf Jahren oder die übliche umfangreiche Serienausstattung. Der Fronttriebler kann sich auch in anderen Bereichen markant in Szene setzen. Da wäre zunächst die klare Designlinie. Die Elemente im Front- und Heckbereich mit den auffälligen ellipsenförmigen Lichteinheiten sind klar zu erkennen. Auffällig sind auch die ausgestellten Kotflügel und die leicht ansteigende Seitenlinie. Der Hersteller will gar einen «leicht coupéhaften Charakter» ausgemacht haben.

Überraschend viel Platz

Über den coupéhaften Charakter lässt sich streiten. Nicht allerdings über die Innenraum. Hier finden auch großgewachsene Insassen dank des 2,50 Meter langen Radstandes überraschend viel Platz, selbst im Fond. Die Sitze sind bequem und bieten guten Seitenhalt; die Bedienelemente sind klar gegliedert. Alles wirkt solide, handfest und gut verarbeitet.

Im 3,99 Meter langen Rio fällt dagegen der Kofferraum sehr klein aus. Ganze 272 Liter stehen bei besetzter Rückbank zur Verfügung. Da passen keine zwei Koffer rein. Klappt man die 60:40 geteilte Rückbank um, passen segmentübliche 1107 Liter hinein. Genug für einen ausgiebigen Ausgangsbummel mit der besten Freundin. Falls diese nicht schon zuvor entflieht, da sie sich bei der Bedienung des Radios an den kleinen Bedientasten die Fingernägel abgebrochen hat.

Dieselversion als Empfehlung

Das Sicherheitspaket ist umfassend. Foto: Werk

Lobenswert sind die neuen Motoren. Zwei Benziner und ein Diesel (leider ohne Partikelfilter) stehen im übersichtlichen Produktprogramm. Wobei die 9 880 Euro teure Einstiegsversion Rio 1.4 Base einen 71 kW/97 PS starken Vierzylinder unter der Haube hat, was für ein reines Stadtauto völlig ausreicht. Ansonsten ist das Basismodell aber keine gute Wahl. Sollten häufiger Fernfahrten anstehen, bleibt der kräftige Selbstzünder mit 1,5 Liter Hubraum die Empfehlung - sparsam und angenehm leise. Der CRDi startet preislich mit 13.610 Euro in der gehobenen Ausstattungsvariante EX.

Die Sicherheitsausstattung ist mit Front-, Kopf und Seitenairbags sowie ABS und ESP umfassend. Schleierhaft bleibt, warum eine Funkfernbedienung für die Zentralverriegelung selbst bei diesem Niveau Aufpreis kostet. Als Option bietet Kia zwei Ausstattungspakete (Funktion für 350 Euro/Komfort für 500 Euro) an, die freilich nicht miteinander gekoppelt werden können.

Der neu entwickelte Turbodiesel (Rußfilter soll 2006 nachgereicht werden) bringt eine Leistung von 81 kW/110 PS. Das maximale Drehmoment von 235 Nm liegt in einer Bandbreite von 1 900 bis 2 750 Umdrehungen an. Was dafür sorgt, dass der Vierzylinder gleich vom Start weg fast schon spritzig davonzieht, ohne dabei übermäßig laut zu werden. Die serienmäßige Fünfgangschaltung könnte allerdings einen Tick sauberer geführt werden. Gewöhnen muss man sich auch daran, dass die komfortable Federung Schläge nicht immer abfangen kann.

Flott unterwegs

Beim Spurt von 0 auf 100 km/h vergehen beim Diesel-Rio lediglich 11,5 Sekunden. Die Höchstgeschwindigkeit von 176 km/h wird vom rund 1 200 Kilogramm schweren Rio ohne große Mühe erreicht, was ein zügiges Überholen garantiert. Die Tachonadel selbst kratzt bei Vollgas kurzweilig gar an der 190er Markierung. Der Verbrauch steigt dann laut Bordcomputer auf 8,0 Liter auf 100 Kilometer, ein immer noch vertretbarer Wert. Man soll die CRDi-Version laut Werksangabe aber auch mit durchschnittlich 4,7 Liter/100 Kilometer bewegen können. Die Tankstelle sieht man aufgrund des verhältnismäßig kleinen 45-Liter-Tankes dann aber doch relativ häufig.

Vom Rio, der in der koreanischen Stadt Sohari vom Band läuft, gibt es auf einigen europäischen Märkten übrigens auch eine Stufenheckversion. Wie das Heck nun auch geformt ist: Kia hofft, seine markanten Zuwächse der letzten Monate auch im Kleinwagenbereich zu erzielen. Der neue Rio könnte der erhoffte große Wurf werden.



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