Jeep Wrangler: Die Wühlmaus

Jeep Wrangler: Die Wühlmaus
Der Jeep Wrangler kennt kaum Probleme abseits befestigter Straßen. © Jeep

Der vierten Generation des Jeep Wrangler kann der Ausflug ins schwere Gelände nicht schrecken. Das Fahren auf Asphalt wurde verbessert.

„Langsam. Nie gegen den Hang fahren. Jetzt mit Augenmaß.“ Die beiden Instruktoren der Geländewagenfreunde Gevenich haben alle Hände voll zu tun, uns im neuen Jeep Wrangler durch den vereinseigenen Offroad-Parcours zu lotsen. Steile Hänge, Bachdurchfahrten, extreme Verschränkungen, schmale Waldwege und loses Terrain gehören zu den Aufgaben.

Der Wrangler, mittlerweile in seiner vierten Generation, lässt sich von all dem kaum beeindrucken. Mit seinem neuen, vollautomatischen Allradantrieb, der auf Wunsch weiterhin eine starre 50:50-Verteilung sowie Geländeuntersetzung bietet, fühlt sich der Ami im Eifelwald spürbar heimisch. Traktion ist – besonders im speziell auf den Geländeeinsatz zugeschnittenen Modell Rubicon mit Stollenreifen und Höherlegung – gefühlt unendlich viel vorhanden. Auch dank der per Knopfdruck sperrbaren Achsen.

Selbst steilste Hänge kraxelt der Jeep, konsequente Fahrweise vorausgesetzt, hoch wie Reinhold Messner in seinen besten Jahren. Und geht es doch einmal verschränkter zur Sache als angenommen, lassen sich die Querstabilisatoren elektrisch entkoppeln: Schon bleiben die Räder deutlich länger am Boden, bevor der Wrangler das Bein hebt.

Jeep Wrangler mit neugestaltetem Cockpit

All das lässt sich ganz bequem vom neugestalteten Cockpit aus steuern, das Kommandozentrale und Wohlfühloase in einem ist. Neben den diversen Reglern und Schaltern für den Offroad-Betrieb sowie den Zusatzinstrumenten mit wichtigen Temperaturen und Drücken im Infotainment-System gibt es im Wrangler nämlich auch sehr bequeme, beheizte Sitze und ein beheiztes Lenkrad – ganz wichtig bei engen Walddurchfahrten, die der besseren Übersicht halber auch im Herbst mit offenem Fenster bewältigt werden.

Dass der neue Jeep Wrangler ein echter Geländeprimus sein würde, daran hatte eigentlich niemand ernsthafte Zweifel. Zu groß ist die Erfahrung der Entwickler, zu wichtig die Offroad-Fangemeinde für den Absatz des Willys-Urahnen. Doch für die vierte Generation des Wrangler hat sich der amerikanische Hersteller auch auf die Fahnen geschrieben, die Straßen- und Alltagstauglichkeit des kastigen Kraxlers deutlich zu verbessern. Und man muss sagen: Der Wrangler macht in Sachen Komfort zwar keinen so großen Sprung nach vorne wie die neue G-Klasse von Mercedes, völlig untauglich ist er aber auch nicht.

Achtgang-Automatik vom Cherokee

Das Cockpit des Wranglers. Foto: Jeep
Fast schon elitär ist das Cockpit des Wranglers ausgefallen. Foto: Jeep

Wer sich mit den starken Windgeräuschen schon bei niedrigen Autobahngeschwindigkeiten anfreunden und über die lieblos gestaltete Dachverkleidung im Styropor-Look hinwegsehen kann, wird auch die gefühllose und schwammige Lenkung sowie den trägen Antriebsstrang nicht allzu schlimm finden. Anders gesagt: Man spürt deutlich, dass der Wrangler ein Auto ist, das im weitläufigen Amerika sowohl entwickelt als auch gebaut wird und das einige gute Manieren für den Alltag eher als notwendiges Übel sieht.

Werfen wir noch einen Blick auf Motor und Getriebe. Zu Beginn wird es den neuen Wrangler lediglich mit einem 2,1 Liter großen Vierzylinder-Diesel mit Turboaufladung und 147 kW/200 PS sowie maximalem Drehmoment von 450 Newtonmetern geben. Ein Zweiliter-Turbobenziner mit 199 kW/270 PS folgt als Weihnachtsgeschenk dann Ende des Jahres. Beide Aggregate sind an die gleiche Achtgang-Automatik gekoppelt, die auch im Grand Cherokee zum Einsatz kommt.

Wrangler kein Beschleunigungswunder

Der neue Jeep Wrangler. Foto: Jeep
Großartige Beschleunigungsorgien sind auf der Straße nicht zu erwarten. Foto: Jeep

Hat man sich einmal an die etwas träge Gaspedal-Kennlinie des Selbstzünders gewöhnt, lässt sich der Wrangler auch auf Landstraße und Autobahn vernünftig bewegen. Beschleunigungs-Wunder darf man von dem bis zu 2,6 Tonnen schweren Geländewagen allerdings nicht erwarten und die Höchstgeschwindigkeit von 177 km/h (156 km/h beim Rubicon) will man wegen der enormen Windgeräusche und des schaukligen Handlings (besonders auf Geländebereifung) ohnehin nicht austesten.

Die ikonische Form, der Kühlergrill mit seinen Hochkant-Lufteinlässen und den beiden runden Scheinwerfern oder die freistehenden Kotflügel: Der Wrangler bleibt seiner Historie treu und bringt die klassische Gestaltung durch moderne LED-Technik in den Leuchten oder sehr schick gezeichnete Felgen in die Gegenwart. Hier liegen die Amerikaner auf Augenhöhe mit der bereits erwähnten G-Klasse von Mercedes, dem zweiten neugeborenen Offroad-König im Jahr 2018.

Was der Wrangler all seinen Konkurrenten voraus hat? Man kann ihn komplett offen fahren – wirklich komplett. Egal ob man sich für das modulare Hardtop, das Stofffaltdach oder das elektrische Faltdach entscheidet. Nimmt man das Dach weg, legt die Frontscheibe um und hängt dann noch die drei oder fünf Türen aus, wird der Wrangler zum ultimativen Frischluft-Transporter. Ein Offroad-Cabrio mit bis zu fünf Sitzplätzen und ohne Scheibe oder Türen? Das gibt es sonst nirgends. Und genau solche Details tragen dazu bei, dass der Wrangler bei Fans wie den Gevenichern Geländewagenfreunden so beliebt ist. Wir drehen dann mal noch eine Runde durch den Wald. Ohne Türen, versteht sich. (SP-X)

Vorheriger ArtikelHessische Städte lehnen Nummernschild-Erfassung ab
Nächster ArtikelBentley öffnet auch neuen Continental GT
Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

Keine Beiträge vorhanden

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein
Bitte geben Sie Ihren Namen ein