Jaguar XJ: Erfolgreiche Aufholjagd

Assistenzsysteme halten Einzug

Jaguar XJ: Erfolgreiche Aufholjagd
Jaguar hat den XJ technisch in die Moderne überführt. © Jaguar

Jaguar hat den XJ in die Moderne transferiert. Das Flaggschiff der Briten hat nun wieder den Abstand zu den deutschen Premium-Rivalen verkürzt.

Es war schon immer etwas Besonderes, einen großen Jaguar zu fahren. Das gilt vor allem, seit die Engländer vor gut fünfeinhalb Jahren ihre treue, traditionsbewusste Kundschaft mit einem komplett veränderten Flaggschiff XJ regelrecht geschockt haben. Schluss mit barocken Formen, die britische Ikone kam von da an glatt und geschwungen daher und war in der Neuzeit angekommen. Das Wagnis glückte, vor allem neue Kunden machten Jaguar wieder stark. Und ebenso „Shocking“: Zumindest in Europa hatten die meisten Edelkarossen einen Dieselmotor unter der langen Haube. Und genau den haben sich die Techniker beim jetzt fälligen Update besonders vorgenommen. Die Preise für die Neuauflage des XJ beginnen bei 81.000 Euro, nach oben lässt die Preisliste kaum Wünsche offen.

Behutsamere Veränderungen am Design des Jaguar XJ

Doch der Reihe nach. Seit dem Erscheinen des neuen XJ im Herbst 2009 hat sich die Technik fast dramatisch weiterentwickelt. Vernetzung mit dem Internet, neue Assistenzsysteme, LED-Scheinwerfer, Instrumententafeln mit hochauflösenden Monitoren und natürlich immer sparsamere Triebwerke. Vor allem nach Erscheinen der neuen Mercedes S-Klasse und des Siebener-BMW gab es Nachholbedarf auf der Insel.

Das erfolgreiche Design dagegen musste nur behutsam verändert werden. Um die Feinarbeit der Designer zum Beispiel an der Frontpartie zu entdecken, muss man schon ganz genau hinschauen. Der Kühlergrill wurde um einen Hauch vergrößert, steht zudem etwas steiler. Neu in den sportiven Versionen die verchromten Spangen in den äußeren Lufteinlässen des vorderen Stoßfängers. Da die Hauptscheinwerfer jetzt mit Voll-LED-Technik leuchten, verändert sich der „Blick“ des XJ. Es entsteht der Eindruck eines „Vier-Augen-Gesichts“, eine Hommage an einstige Jaguar-Modelle. Dass die Strahlkraft der neuen Lichttechnik auch tagsüber beeindruckt, zeigten die ersten Ausfahrten im XJ bei trübem Januar-Wetter rund um Birmingham. Logisch, dass nun auch der je nach Version bis zu 5,26 Meter lange Nobel-Engländer bei Gegenverkehr automatisch abblendet. Die Tagfahrleuchten zeichnen übrigens jetzt ein doppeltes „J“ nach, damit auch bei Dunkelheit zu erkennen ist, welches Modell da entgegenkommt.

Durchzugskräftiger Diesel für den Jaguar XJ

Jaguar hat den XJ technisch in die Moderne überführt.
Der Jaguar XJ greift auf 700 Nm zurück Jaguar

Als beeindruckend nach nur wenigen Kilometern erweist sich die Neuauflage des bekannten Dreiliter-Diesel, der mit dem rund 1,85 Tonnen schweren Dickschiff keine Mühe hat. Der Sechszylinder mit Doppelturbo schickt jetzt 221 kW/300 PS an die Hinterachse, 25 PS mehr. Wichtiger noch die gesteigerte Durchzugskraft. 700 Newtonmeter schon bei recht niedriger Drehzahl sind eine markante Ansage an die Rivalen aus Süddeutschland.

Der Diesel schnurrt wie sein tierischer Namensgeber, läuft je nach Gasfuß des Fahrers auf leisen Tatzen oder im kraftvollen Galopp. Dezent bewegt ist ein Praxisverbrauch von unter acht Litern möglich, die Norm liegt bei 5,7 Litern auf 100 Kilometern. Um möglichem Ärger mit den Behörden zu entgehen, entgiftet der Diesel-XJ die Abgase mit aufwendiger Technik. Den kritischen Stickoxiden wird jetzt nach heute verbreiteter Technik mit einem sogenannten SCR-Kat zu Leibe gerückt, der mit Harnstoff arbeitet.

Assistenzsysteme halten im Jaguar XJ Einzug

Jaguar hat den XJ technisch in die Moderne überführt.
Der Jaguar KJ verringert die technische Lücke Jaguar

Um die vielen Pferde nicht ins Straucheln zu bringen, hilft jetzt im Flaggschiff das aus dem kleineren XE und dem XF bekannte elektronische Kontrollsystem, das auch bei Schnee, Eis oder auf nassem Gras dafür sorgt, dass die Antriebsräder beim Gas geben nicht haltlos zirkulieren. Hier nutzt Jaguar die Erfahrungen der Allradmodelle der Schwestermarke Landrover.

Die hilfreichen Chips im Bordcomputer sind auch für weitere Assistenzsysteme zuständig, die jetzt bestellt werden können. Beispiele sind die Verkehrszeichenerkennung, Abstandsradar mit Staufunktion, halbautomatisches Einparken oder die 360-Grad-Rundumsicht. Mit alledem hat der XJ die bestehende technische Lücke zu den S-Klassen und Co. deutlich verringert.

Konkurrenz droht im eigenen Haus

Jaguar hat den XJ technisch in die Moderne überführt.
Wohlfühlatmosphäre im Fond des Jaguar XJ Jaguar

Auch der Jaguar lenkt nunmehr über eine elektromechanische Servolenkung, die das bisher bereits spurgenaue Zirkeln des Riesen um Biegungen jeder Art noch präziser macht. Auf den schmalen Landstraßen der mittelenglischen Cotswolds mit ihren welligen Hügelketten ließ sich der XJ fast spielerisch um Kurven bewegen, nahm auch der bedrohlichen seitlichen Nähe bei Begegnungen ihren Schrecken. Je nach Laune des Fahrers tanzte die ZF-Automatik dabei durch ihre acht Gänge. All das macht die feine Limousine zum Spaßmobil.

Wenn die Lords, Dukes oder Earls auf den Rücksitz wechseln, sitzen sie nicht nur wie gewohnt in feiner Umgebung aus Leder und Holz, sondern jetzt auch im Cyberspace. Digitale Vernetzung per Internet, ein Hotspot, diverse Apps und vieles mehr bietet ein verbessertes Multimedia-System. Völlig neu ist das Navigationssystem, das nun endlich eine zeitgemäße Kartendarstellung bietet und bereits zu Hause am PC programmiert werden kann. Für die akustische Untermalung sorgen gleich 26 Lautsprecher.

So behutsam die Verjüngungskur auch sein mag, dem XJ hat sie spürbar gut getan. Das macht den begehrten Außenseiter fit für den nächsten Lebensabschnitt. Ungemach droht jedoch aus der eigenen Familie: Wenn der F-Pace, das erste SUV von Jaguar, Mitte April erscheinen wird, könnten manche Kunden ins Grübeln kommen. (SP-X)

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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