Jaguar XJD vs. Chrysler 300C CRD: Extravaganz gepaart mit Kraft

Die Edel-Schlitten Jaguar XJD und Chrysler 300C CRD geizen nicht mit ihren Reizen. Am Ende aber wartet die große, fast unglaubliche Überraschung.

Von Stefan Grundhoff

Chrysler 300C und Jaguar XJ gehören zu den schönsten Limousinen auf dem Weltmarkt. So sehr sich die glitzernden Edel-Aushängeschilder von Audi, Lexus, Mercedes, VW oder BMW auch bemühen - bei einer Schönheitskonkurrenz hätten die zugegeben nahezu perfekten Luxusvehikel kaum eine Chance.

Traum von den Hot-Rods

Unterschiedliche Design-Philosophien: Der Jaguar (l.) und der Chrysler. Foto: press-inform

Der Chrysler 300C raubt uns seit knapp zwei Jahren mit diesem grandiosen Kühlergrill den Atem. Kraftvoller und ausdrucksstärker kann eine Front kaum aussehen. Den Rest erledigen die serienmäßigen 18-Zöller und eine Seitenansicht, die uns von den legendären Hot-Rods träumen lässt.

Ganz anders weiß der Jaguar zu verzücken. Schön waren die britischen Limousinen schon immer. Filigrane Formen, deutlich weiblicher und zurückhaltender als beim bulligen 300C, bestaunen wir beim XJ. Bei ihm ist alles schön. Er fällt nicht zum Heck hin ab, wie sein amerikanischer Kollege. Das flache Dach, das lange Heck - eine Augenweide selbst für die, die sich nie für Autos begeistern konnten.

Modernste Diesel-Technik

Beide sind extravagant, beide verzaubern die Sinne, haben den Boden unter den Füßen dabei jedoch nicht verloren. Unter den endlos langen Motorhauben arbeiten nicht die zu erwartenden mächtige Acht- oder Zwölfzylinder mit mehr als fünf Litern Brennraum. Chrysler und Jaguar griffen jeweils ganz oben ins Konzernregal und implantierten sich modernste Dieselaggregate. Ein Erlebnis für Kopf und Herz.

Im Hause Chrysler zauderte man längere Zeit, denn zum Marktstart war kein entsprechendes Dieselaggregat verfügbar. Doch mittlerweile kann man aus dem Vollen schöpfen. Der drei Liter große Klassenliebling aus dem Hause Mercedes-Benz haucht dem Vollblut-Ami mit Produktionsstandort Graz einen kraftvollen Odem ein. Drei Liter Hubraum, 160 kW / 218 PS und bullig grollende 510 Nm Drehmoment kratzen am Thron des HEMI-Modells.

Der fünf Meter lange 300C scheint gerade auf diesen Dieselmotor gewartet zu haben. 230 km/h Spitze und 0 auf 100 km/h in 7,9 Sekunden katapultieren ihn knapp vor den Jaguar, der sich mit seinem 2,7-Liter großen Sechszylinder dezent zurückhält. Sein Sechszylinder säuselt leise und lässt dank Dämmglas kaum Geräusche in den Innenraum.

Klassewerte beim Verbrauch

Der Jaguar (l.) bietet 70 Nm Drehmoment mehr als sein Konkurrent. Foto: press-inform

Das seidige Dieseltriebwerk stammt aus der bekannten PSA-Ford-Kooperation und sorgt mit Partikelfilter und Euro4 ebenso wie der Chrysler für ein durchweg ruhiges Gewissen. Im Gegensatz zum Mercedes-Triebwerk ist der Diesel kaum zu erahnen. Bietet jedoch 300 Kubikzentimeter, dünne 9 PS und spürbare 70 Nm Drehmoment weniger. Bei den Testfahrten pendelte sich der Durst des Chrysler 300C CRD bei durchschnittlich 8,9 Litern Diesel auf 100 Kilometern ein. Auf ähnlichem Niveau ist man beim deutlich leichteren Jaguar XJD unterwegs. Beides sind Klassewerte.

Der Jaguar profitiert von seinen 1,7 Tonnen Leergewicht. Die PS-stärkere Konkurrenz hat meist 300 Kilogramm mehr auf den Rippen. Doch so gibt es trotz überschaubarer 207 PS eine Höchstgeschwindigkeit von 225 km/h und den Spurt 0 auf 100 km/h schafft der Hecktriebler in knapp acht Sekunden. Die 435 Nm maximales Drehmoment drücken einen jedoch weit weniger imposant in die Sitze als das US-Pendant. Das Sechsgang-Automatikgetriebe arbeitet prächtig, doch die bewährte Fünfgang-Version von Mercedes macht kaum einen schlechteren Job. Beim Fahrwerk bietet der Jaguar überraschend deutlich das bessere Paket. Die Luftfederung schluckt alles ohne Mucken, die Lenkung arbeit präzise und selbst auf engen Landstraßen bietet der XJD mehr Spaß als das nur durchschnittliche Chrysler-Paket.

Abzüge beim Chrysler-Innenraum

Auch die Heckpartie könnte unterschiedlicher kaum sein. Foto: press-inform

Das unterschiedliche Bild der beiden Exoten beim Außendesign setzt sich im Innenraum konsequent fort. Doch auch die Innenraumwertung gewinnt der XJD überraschend deutlich. Der Chrysler 300C ist groß, übersichtlich und klar gegliedert. Doch Bedienelemente, Haptik und Sitze passen nicht zu einer Luxuslimousine. Hochwertig ist anders und wirklich edel geht es im Innenraum auch mit Holz-, Leder- und Alcantara-Applikationen nicht zu. Nicht zu beanstanden sind die Platzverhältnisse. Die können vorne und im Fond gleichermaßen überzeugen. Trotzdem sitzt man im Fond alles andere als bequem. Die Sitze sind zu tief und zu weich.

Umsteigen in den Jaguar: Die elektrischen Ledersitze sind mindestens zwei Klassen besser als im 300C. Auch hinten sitzt man ordentlich und freut sich über Annehmlichkeiten wie eine separate Klimaregelung, Sitzheizung und ordentliche Kopfstützen. Davon kann man im Amerikaner nur träumen. Doch auch der «Jag» hat seine Schwächen. Lichtbedienung am Lenkstockhebel, der bei Sonne schwer abzulesende Touch-Screen-Bildschirm und besonders das nur im Stand zu bedienende Navigationssystem trüben den guten Gesamteindruck.

Preisunterschied von rund zwei Autoklassen

Überraschung bei den Einstiegspreisen: Der Jaguar XJD kostet mit standesgemäßer Executive-Ausstattung satte 62.450 Euro. Dafür gibt es unter anderem elektrische Ledersitze, Xenonlicht und DVD-Navigation. Wer nicht auf britisches Understatement steht und 23.000 Euro weniger ausgeben möchte, geht zum nächsten Chrysler-Händler. Den 300C CRD gibt es bereits ab 36.600 Euro. Okay, Ledersitze und Navigation kosten extra. Doch der Preisunterschied von rund zwei Autoklassen ist kein Druckfehler, sondern pure Realität.

Für die besagte Finanzlücke kann man der Dame des Hauses noch ein kleines Cabriolet oder einen chicen Kompaktwagen in die Garage stellen. Kaum zu glauben, aber wahr. So kann der Chrysler 300C CRD den Vergleichstest aufgrund des mächtigen Preisunterschiedes letztlich doch noch gewinnen. Disziplinen wie Fahrwerk, Innenraum und Image gehen zwar klar an den Briten, doch mehr als 23.000 Euro und ein besserer Motor drehen das Rennen auf der Ziellinie um.

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