Honda CR-V 1.5 Turbo AWD: Mit Erziehungsauftrag

Honda CR-V 1.5 Turbo AWD: Mit Erziehungsauftrag
Der neue Honda CR-V ist ein vernunftbetontes Fahrzeug. © Honda

Mit dem CR-V bietet Honda ein für den Alltag angenehmes Auto. Doch mit seinem Hang zur Vernunft kann das SUV bisweilen auch arg nerven.

Der deutsche Autofahrer lässt sich nicht so gerne Vorschriften machen oder gar gängeln. Diesen Eindruck konnte man zumindest im Rahmen der neuerlich entfachten Diskussion um ein Tempolimit gewinnen. Dabei erziehen uns längst auch die Autos zu mehr Disziplin. Wie etwa der neue Honda CR-V, der sich im Praxistest als ein Meister des Intervenierens entpuppte. Sonst macht das SUV zwar so ziemlich alles richtig, doch kommt bei diesem Hang zur Vernunft der Fahrspaß ein wenig unter die Räder.

Viel richtig gemacht haben die Honda-Verantwortlichen unter anderem beim Design, denn im Vergleich zum Vorgänger sieht der CR-V moderner und gefälliger aus. Statt wie manch anderes Honda-Modell zu polarisieren, gibt sich das 4,60 Meter lange SUV massenkompatibel und dank Chromzierrat sowie feschen LED-Lichtern auch schmuck. Und das gefällige Blechkleid ist praktisch: So überdecken die Türbleche den Schwellerbereich, was schmutzige Hosenbeine beim Aussteigen verhindert.

Gediegener Innenraum mit etwas Nobelambiente

Ebenfalls gediegen wirkt der Innenraum, zumindest beim gehobenen Ausstattungsniveau Lifestyle, das mit Ledersitzen und einigen auf den ersten Blick schicken Holzpaneelen sogar etwas Nobelambiente versprüht. Allerdings entpuppt sich das Naturmaterial bei genauer Betrachtung als Plastik. Ganz objektiv spricht für den Innenraum ein sehr aufgeräumter Arbeitsplatz, obwohl dem Fahrzeug viele Talente innewohnen. Putzig: Der große Touchscreen des Infotainmentsystems suggeriert mit seinem Bildschirmschoner einen Blick in ein sternenreiches Weltall, wodurch Schmutz auf dem Touchsreen weniger auffällt.

Ebenfalls einen Eindruck von fast schon unendlichen Weiten vermittelt der Innenraum. Nicht nur vorne, auch auf der Rückbank bietet der CR-V viel Entfaltungsspielraum. Lediglich das rechte Fahrerknie steht häufiger in Zwangskontakt mit der Mittelkonsole, was trotz eines an entscheidender Stelle eingelassenen Polsterkissens zwischenzeitlich nerven kann. Das Platzangebot für Gepäck ist wiederum großzügig. Die Fünfsitzer-Version kann 561 Liter aufnehmen. Wie in diesem Segment üblich, lässt sich die Rückbanklehne leicht nach vorne klappen. Der so erweiterte Kofferraum ist schön flach, eben und 1.761 Liter groß.

Ohne Bremse geht nichts

Das Cockpit des CR-V. Foto: Honda
Der Innenraum des CR-V ist übersichtlich gegliedert. Foto: Honda

Unter der vorderen Klappe steckt ein kultiviert arbeitender 1,5-Liter-Turbobenziner mit 127 kW/173 PS, der über Knopfdruck zum Leben erweckt wird. Allerdings funktioniert ein Motorstart nur bei aktivierter Feststelbremse. Wer diesen Trick nicht kennt, wird sich beim ersten Startversuch wundern. Ohne Feststellbremse geht jedenfalls nix, weshalb man sich als Fahrer schon bald angewöhnt, nach Fahrtende stets die Parkbremse zu aktivieren. Ebenfalls zu mehr Disziplin mahnen etwa eine Müdigkeitserkennung oder eine Verkehrszeichenerkennung, die stets korrekt über aktuell geltende Tempolimits informiert.

Wie bei Honda üblich, bietet auch der CR-V einen sogenannten Econ-Modus, der beim Spritsparen hilft. Ist dieser aktiviert, wirkt der 1,6-Tonner allerdings behäbig. Doch die von uns gefahrene Allradversion in Kombination mit einem knackig flutschenden Sechsgang-Handschaltgetriebe kann auch flott: Im Idealfall dauert der Sprint 9,8 Sekunden, maximal sind 208 km/h möglich. Unterm Strich stehen also in eigentlich allen Lebenslagen genug Reserven zur Verfügung. Denen im Tank nähert man sich bei flotter Fahrweise jedoch schneller als man bei 6,6 Liter Normverbrauch erwarten möchte. Praktisch kommt man leicht auf zwei oder drei Liter mehr, was den Fahrer in Hinblick auf das Spritbudget zum Maßhalten erzieht.

Honda CR-V als Familienauto der Vernunft

Das Heck des CR-V. Foto: Honda
Den CR-V zieht es nicht in knackige Kurven. Foto: Honda

Auch zu mehr Blinkdisziplin wird man im CR-V erzogen. Fahrer, bei denen Spurwechsel auf der Autobahn und Richtungsanzeige in einer fließenden Bewegung übergehen, werden oft vom Spurhaltesystem piepsend ermahnt, zweistufig vorzugehen. Sprich: Erst blinken, dann lenken. Häufiger bekommt man zudem Eingriffe in die Lenkung zu spüren, sofern man den Spielraum eigentlich breiter Spuren etwas großzügig ausnutzt. Angesichts aufdringlicher Pieptöne, Lenkkorrekturen und Warnungen vor einem pausierenden Spurhalter werden lange Autobahnetappen jedenfalls nicht langweilig. Und wer dicht auffährt, wird zudem noch vor drohenden Kollisionen gewarnt. Beim Abstand halten kann man übrigens die Technik machen lassen, denn der Tempomat wahrt die nötige Distanz zum Vordermann automatisch.

Wer die Technik machen lässt, erlebt die eigentliche Bestimmung des CR-V, denn im Kern seines Wesens handelt es sich um einen auf den US-amerikanischen Autogaumen ausgelegten, entspannten Gleiter. Auch Fahrwerk und Lenkung unterstreichen diesen Eindruck. Das Fahrverhalten gibt wenig Anlass zu Kritik, allerdings auch wenig Anlass zu besonderer Freude. Lust auf den flotten Kurvenstrich macht das leicht wankelmütige Dickschiff jedenfalls nicht, auch weil die strenge Aufsicht der Regelsysteme keine kritischen Fahrzustände zulässt.

Unter anderem deshalb empfiehlt sich der CR-V als ein Familienauto der Vernunft, der zudem auch preislich eine interessante Alternative sein kann. Der Einstiegsbenziner mit Handschaltgetriebe und Allradantrieb startet bei 31.200 Euro in Kombination mit der noch ausbaufähigen Ausstattung Elegance. Rund 5000 Euro mehr wird für die gehobene und von uns getestete Version Lifestyle fällig, die unter anderem mit Ledersitzen, LED-Scheinwerfern, Navi-Infotainmentsystem, Klimaautomatik und diversen Assistenzsystemen verwöhnt. Die rund 36.000 Euro sind zwar kein Pappenstiel, doch für einen vergleichbar ausgestatteten VW Tiguan müsste man einige tausend Euro mehr investieren. (SP-X)

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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