Harte Schale, weicher Kern

Mitsubishi Lancer 1.8 Automatik

Mit einem derart sportlichen Design wie der neue Mitsubishi Lancer ist seit Jahren kein Modell mehr in der Mittelklasse aufgeschlagen. Wie sportlich fährt sich der japanische Aufsteiger?

Von Stefan Grundhoff

Die Mitsubishi-Limousinen Lancer, Carisma oder Galant gehören seit vielen Jahren zum europäischen Straßenbild. Aufgefallen sind sie bisher kaum jemandem. Das Design ist zurückhaltend, die solide Technik überzeugt - das ist Mitsubishi rund um die Mittelklasse. Wenn sich abseits von Pajero und Outlander überhaupt ein Mitsubishi einen Namen machen konnte, war es der viertürige Rennlimousine aus der Evo-Reihe. Mit dem neuen Lancer soll vieles anders werden. Mitsubishi will auffallen, neue Kunden locken und hat beim Design einen wahren Quantensprung hingelegt.

Müde Motoren

Die verschiedenen viel beachteten Studien konnten ihre sportlich-sehenswerten Gene und besonders die einem Jet nachempfundene Front in das 4,57 Meter lange Serienmodell des Lancers retten. Mit seinen leicht zusammen gekniffenen Augen, den feinen Linien und gespannten Muskeln macht der Lancer auf sportlicher, als man es ihm jemals zugetraut hätte. Doch bei den Motoren gibt es abseits der geplanten Sportversionen Evo und Ralliart kaum mehr als müde Krieger.

Startete man mit einem zwei Liter großen und 140 PS starken Pumpe-Düse-Diesel aus dem Hause Volkswagen, so folgt nun der Benziner. Die Eigenkreation von Mitsubishi wird erst einmal der einzige Benziner bleiben. Die Japaner setzen dabei auf gesunde Mehrheitsverhältnisse. Sie bringen in Deutschland nur auf den Markt, wer das Attribut des größten gemeinsamen Teilers für sich verbuchen kann. «Wir erwarten, dass Lancer als 1.8 Benziner einen Anteil von rund 60 Prozent bei den Kunden ausmacht», erklärt Mitsubishi-Sprecher Albrecht Trautzburg, «hiervon sollten sich rund 20 Prozent für eine Getriebe-Automatik entscheiden.»

Unwillige Automatik

Die Scheinwerfer sorgen für ein dynamisches Aussehen Foto: press-inform

So sportlich sich der Lancer der neuesten Generation auch präsentiert, so wenig sportlich ist er motorisiert. Besonders schwach präsentiert sich der 143 PS starke Vierzylinder in Verbindung mit der wenig überzeugenden CVT-Automatik. In Zeiten von Doppelkupplungen, Direktschaltgetrieben, und Hightech-Automatikversionen mag es zunächst überraschen, dass die rallyeerprobten Japaner trotz kraftvoller Formen und 18-Zoll-Radsatz auf ein stufenloses Getriebe setzen; insbesondere weil der 1,8 Liter große Benziner nicht gerade mit satten Leistungs- und Drehmomentkurven glänzen kann.

Im Gegenteil: Im normalen Automatikmodus geht es träge, fast schon unwillig zur Sache. Wer den 1,4 Tonnen schweren Fronttriebler für einen Überholvorgang auf der Landstraße Leistung abverlangt, erntet nichts als Lärm. Der Vortrieb ist enttäuschend. Etwas besser, aber keinesfalls dynamisch läuft es, wenn man über die sehens- und anfassenswerten Schaltpaddel manuell ins Geschehen eingreift.

Außen hui, innen pfui

Wenig Detailliebe Foto: Mitsubishi

So lässt sich der nervige und wenig limousinenhafte Ziehharmonika-Effekt zumindest eindämmen. Der an sich stufenlosen CVT-Automatik wurden dafür sechs Schaltstufen injiziert. Das so etwas klappen kann, zeugt zum Beispiel die Multitronic des Audi A4 / A5. Doch hier gibt es nicht nur acht Stufen, sondern auch deutlich mehr Leistung, die vieles kaschiert. Und genau daran krankt es beim neuen Mitsubishi Lancer. Im Vergleich zum lauten, aber kraftvollen 140-PS-Diesel zeigt sich der 1,8 Liter große Benziner träger denn je.

Und gerade angesichts der sportlichen Optik werden insbesondere Mitsubishi-Erstlinge und Bewunderer des neuen Designs auf der Straße enttäuscht sein. Dabei könnte das Fahrwerk sicher deutlich mehr Dampf vertragen. Das Platzangebot ist ordentlich, der Kofferraum fällt mit 377 bis 400 Litern jedoch recht dürftig aus. Wenn das nicht reicht, lässt sich die Rückbank geteilt umklappen. Von wenig Detailliebe zeugen leicht lieblose Bedienelemente, ein nur in der Höhe verstellbares Lenkrad und die Haptik einiger Oberflächen.

Wunsch nach mehr Leistung

Mittelmäßige Fahrleistungen Foto: press-inform

Die objektiven Fahrleistungen liegen im Mittelmaß. 105 kW / 143 PS und 178 Nm bei 4.250 U/min sorgen für einen soliden Vortrieb. Doch die träge Automatik nimmt dem modernen Vierzylinder mit variablen Ventilhüben und Steuerzeiten jede gefühlte Dynamik. 0 auf 100 km/h in 11,2 Sekunden und eine Höchstgeschwindigkeit von 192 km/h sollten ebenfalls nur die Genügsamen erfreuen können. Insbesondere deshalb, weil es abgesehen von den Sportmodellen keinen stärkeren Benziner geben soll.

Stattdessen legt Mitsubishi nicht nur einen Fünftürer, sondern einen 1,5 Liter großen Basisbenziner mit 80 kW / 109 PS nach. Angesicht immer stärker werdender Konkurrenten, 4,57 Metern Augenlänge und einem Leergewicht von über 1,4 Tonnen allemal überraschend. Konkurrenten wie Opel Vectra, VW Jetta, Peugeot 407, Toyota Avensis oder Renault Laguna bieten da deutlich mehr Leistung und Dynamik - zumindest auf Wunsch. Immerhin verspricht Mitsubishi beim Lancer 1,8 einen Durchschnittsverbrauch von unter acht Litern auf 100 Kilometern.

Nur fünf Gänge als Alternative

Unter 20.000 Euro geht es los Foto: press-inform

Nur überzeugte Gleiter und Verweigerer von Handschaltungen sollten sich daher für einen Lancer mit CVT-Automatik entscheiden. Doch auch die manuelle Version bietet mit unzeitgemäßen fünf Gängen ebenfalls nicht mehr als ein automobiles Basisprogramm. Der Lancer ist in den Ausstattungsversionen Inform, Invite, Intense und Instyle zu bekommen.

Das Topmodell bietet neben Klimaautomatik, Ledersitzen, Xenonlicht, Keyless-Go, DVD-Navigation und 18 Zoll großen Alufelgen ein Sicherheitspaket mit sieben Airbags und ESP. Sein Preis: knapp 28.000 Euro. Die Basisausstattung mit 1,8 Liter Motor gibt es jedoch bereits für 19.250 Euro.

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