Große Lösung

Toyota Land Cruiser 4.5 D-4D V8

Gerade in Europa spielt Toyota gerne die Rolle des grünen Riesen. Hybridantriebe sind für den Hersteller jedoch nur die eine Seite der Medaille. So wartet mit dem Land Cruiser V8 ein echter Konkurrenten für Mercedes GL oder Range Rover.

Von Stefan Zaumseil und Stefan Grundhoff

Toyotas Land Cruiser ist eine fahrende Legende. Wer an Allradler denkt, dem kommen nicht allein die Urgesteine von Jeep oder der interkontinentale Dauerläufer Land Rover Defender in den Sinn. Denn der Land Cruiser ist neben dem Corolla Japans imageträchtigstes Exportmodell. Im Laufe der Jahrzehnte bemerkten die Toyota-Verantwortlichen, dass es mit kantigen Formen, genügend Watttiefe und einem robusten Allradantrieb allein nicht getan ist. Schön und reich, US-Rapper und Moskaus Industriemagnaten, US-Filmsternchen oder der honorige Geschäftsmann von nebenan wollen nicht in einen verdreckten 4x4-Klotz steigen, in dem sich zwar Himalayas Hochebenen, nicht aber die Elbchaussee in Hamburg bezwingen lassen. Luxus-Geländewagen wie ein Audi Q7, der Range Rover Vogue oder das Mercedes-Doppel GL und G erfreuen sich in diesen Kreisen großer Beliebtheit. Da will man auch beim Hybridhersteller Nummer eins nicht allein auf grüne Kleeblätter setzen.

Imposanter Auftritt

In einigen Ländern wird der Land Cruiser V8 unter dem Lexus-Label als RX 570 angeboten. In Zentraleuropa ist der Land Cruiser 4.5 D-4D V8 jedoch an Spartenmodell. Nur selten begegnet einem auf deutschen Straßen der ebenso stimmig gestylte wie imposant die Umwelt verdunkelnde Mega-Cruiser. Keine Spur von Elektromodulen, Hybridantrieb oder aerodynamischen Feinheiten. Der Auftritt des Land Cruiser V8 ist klassentypisch imposant.

Eleganter als viele seine Kollegen nimmt er durchaus Toyotas Formensprache in sich auf, die man von kleineren Modellen wie Yaris, iQ oder Auris kennt. Der Kühlergrill erinnert an den mächtigen US-Pick-Up Toyota Tundra, der in nordamerikanischen Breiten ebenfalls von einem kraftvollen V8-Triebwerk befeuert ist. Ohne dies geht auch beim Weltmodell Land Cruiser nichts. Der 4,7 Liter Benziner-V8 ist hierzulande nahezu ohne Bedeutung. Schon interessanter ist der 4,5 Liter große Achtzylinder-Diesel mit Commonrail-Turboaufladung, der aufwändig aus zwei 2,2 Liter großen D-4D-Triebwerken aus Avensis und Konsorten abgeleitet wurde.

Schneller Sprint

Großer Kofferraum und zwei zur Seite geklappte Notsitze Foto: Toyota

Der bietet angesichts der immens PS-starken Konkurrenz aus Europa keine gigantischen Motorleistungen, aber allemal ungewöhnlich viel für einen japanischen Geländewagen. Der 4,5 Liter große Achtzylinder leistet 210 kW / 286 PS und ein maximales Drehmoment von 650 Nm Drehmoment ab 1.600 U/min. Abgesehen von einem kräftigen Schütteln beim Kaltstart läuft der Achtzylinder dezent im Hintergrund. Man spürt einen Diesel zu fahren, aber die die Vibrationen von Motor und Antrieb sind alles andere als störend.

Mit einem Leergewicht von knapp 2,8 Tonnen gehört der Gipfelstürmer zu den Schwergewichten in der Liga der Luxus-Geländewagen. So lassen sich angesichts der standesgemäßen Motorisierung auch keine Bestleisten bei Höchstgeschwindigkeit und Beschleunigung erwarten. Immerhin schafft der Japan-Koloss den Spurt 0 auf 100 km/h in dynamischen 8,2 Sekunden. Der stete Vortrieb endet bei 210 km/h. Doch bereits ab 170 km/h wird es auf der Autobahn dünn und die Garde der Mittelklasse-Diesel saugt sich kraftvoll vorbei.

Spagat zwischen Gelände und Asphalt

Nicht immer wird der Land Cruiser im Gelände bewegt Foto: Toyota

Der Spagat für einen solchen Geländewagen in Sachen Fahrwerksauslegung ist schwer. Zum einen will man gewappnet sein für härteste Geländeeinsätze; auf der anderen Seite wird auch der Land Cruiser V8 von seinen Kunden fast ausschließlich im sanften Geläuf von Innenstädten, Landstraßen und Autobahnen bewegt. Den Komforterfordernissen kommt daher eine besondere Bedeutung zu. So setzt der 4,95 Meter lange Toyota auf eine Vorderachse mit Einzelradaufhängung, doppelte Querlenker und Schraubenfedern. Hinten hat eine Mehrlenkerachse nicht nur unter Volllast Höchstleistungen zu vollbringen. Damit die Geländegängigkeit nicht zu sehr beeinträchtigt wird, Nick- und Wankbewegungen minimiert werden, verfügt das Topmodell Executive über ein aktives Dämpfersystem, Niveauregulierung und eine aktive Lenkunterstützung. So kann der Fahrer auch die Bodenfreiheit in fünf Stufen (100 bis 110 Millimeter) variabel einstellen. Macht alles Sinn und fährt sich sehr angenehm und lässig. Doch die Lenkung sollte präziser und gerade bei flottem Tempo schwergängiger sein.

Beim Allradsystem setzt Toyota auf bewährte Technik. Die Motorleistung wird über ein Torsen-Differenzial zwischen den beiden Achsen verteilt. Im normalen Fahrbetrieb variiert die Kraftverteilung zwischen 40:60 auf trockener Straße und 30:70 im Gelände. Für Geländefahrten kann das Mitteldifferenzial zu 100 Prozent gesperrt werden. Dann teilt sich die Motorleistung gleichmäßig zwischen Vorder- und Hinterachse auf. Zuschaltbar ist im schweren Gelände eine Getriebeuntersetzung von 2,618:1.Die Kraftverteilung zwischen Motor und Achsen erledigt eine Sechsgang-Automatik, die dem Commonrail-Triebwerk durch einen weichen Wandler jedoch einiges von seiner Dynamik nimmt. Überhaupt hat man selten den Grund, dass im Vorderwagen des Land Cruiser nahezu 300 PS ihre Arbeit verrichten. Trotzdem ist der avisierte Durchschnittsverbrauch von 10,2 Litern in der Realität nie zu erreichen. Real strömen mindestens 13,7 Liter durch die Hightech-Einspritzdüsen.

Rückschritt in die Historie

Auf Niveau einer Luxuslimousine Foto: Toyota

Im Innenraum präsentiert sich der Toyota Land Cruiser V8 nahezu auf dem Niveau einer Luxuslimousine. Das Platzangebot ist in der ersten und zweiten Reihe üppig. Allein die Schalter und Bedienelemente liegen im Cockpit verstreut und so sollte man frühzeitig auf die Suche gehen, ehe mal den Schalter für die Differenzialsperre oder die Temperatureinstellung gefunden hat. Die Sitze lassen sich nur in der ersten Reihe vollelektrisch verstellen. Hinten geht dies mechanisch immerhin auf einer Länge von zehn Zentimetern.

Allzu historisch mutet jedoch die Befestigung der zwei Einzelsitze in der dritten Reihe an. Davon abgesehen, dass man hier ab einer Größe von 1,50 Metern kaum ernsthaft sitzen kann, werden die Stühle manuell links und rechts zur Seite geklappt. Das machte man vor 20 Jahren. Wie es heute geht, zeigen manuell oder elektrische Fahrzeuge wie der Mercedes GL, ein Chrysler Voyager oder ein Mazda 5. Hier hat Toyota schlicht geschlafen. Immerhin kann man die zweiten Reihe im Verhältnis 40:20:40 nach vorne klappen. Den großen Kofferraum vergrößert dies von 655 auf opulente 2320 Liter.

Normale Halogen-Scheinwerfer

Spagat zwischen Straße und Geländer Foto: Toyota

Der Preis für den standesgemäß ausstaffierten Toyota Land Cruiser 4.5 D-4D V8 Executive liegt bei 81.100 Euro. Im Paket enthalten sind elektrische Ledersitze, das gut zu bedienbare Navigationssystem, die praktische Rückfahrkamera, Schiebedach, ein aktives Dämpfersystem, 20 Zöller und Tempomat. Das gute Soundsystem kostet 1450 Euro extra und das Rücksitz-Entertainment liegt bei 2650 Euro.

Dass der Land Cruiser in dieser Liga noch mit normalen Halogen-Scheinwerfern ausgestattet und eine elektrische Heckklappe fehlt, ist fast schon peinlich. Immerhin wird dem erhöhten Sicherheitsbedürfnis durch Details wie Front-, Kopf-, Seiten- und Knieairbags Rechnung getragen. ESP, Offroad-ABS und Bremsassistent sind selbstverständlich. Ebenfalls nicht zu bekommen sind Spurhalte- oder Überholassistenten. In dieser Klasse sonst alles andere als unüblich.

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