Griff nach den Sternen

Mercedes SL 350

Mercedes hat dem SL eine Modellüberarbeitung gegönnt. Dabei haben sich die Verantwortlichen nicht nur auf einige optische Retuschen beschränkt – auch technisch wurde der Premium-Roadster aufgewertet.

Von Frank Mertens

Wer in der Glitzerwelt von Hollywood zu den Stars gehört, der möchte irgendwann auf dem Walk of Fame verewigt sein. Der Gehweg in Los Angeles erstreckt sich auf beiden Seiten des Hollywood Boulevards von der La Brea Avenue bis zur Gower Street und der Vine Street bis zur Yucca Street. Wer hier entlang schlendert, der kann auf dem Bürgersteig über 2350 Sterne zählen. Mit ihnen werden Prominente geehrt, die sich um die Unterhaltungsindustrie verdient gemacht haben.

Unterwegs auf dem Hollywood Boulevard

Doch wer in diesen Tagen nicht zu versunken die Namen von Filmgrößen wie James Dean, Humphrey Bogart oder Lauren Bacall betrachtet, kann noch mehr Sterne entdecken. Dafür muss er seinen Blick nur auf die Straße richten: Dort prangen sie unübersehbar an der Kühlerhaube des Mercedes SL, dessen Facelift die Schwaben derzeit im sonnigen Kalifornien präsentieren und auf Tour entlang dem Hollywood Boulevard schicken.

Der Querschnitt des Airscarf Foto: AG/Mertens

Der Ort der Vorstellung hätte nicht besser gewählt sein können - und das nicht nur wegen des Walk of Fame. Denn die USA sind für den Mercedes SL der wichtigste Absatzmarkt. So werden allein 57 Prozent des in Bremen gebauten Premium-Roadsters in die Staaten exportiert. Der Großteil dieser Fahrzeuge geht übrigens nach Kalifornien oder Florida, wie Produktmanager Martin Dierks berichtet. Doch im Gegensatz zu Deutschland wird der SL von den Kunden in Kalifornien in der Regel nicht als Erstfahrzeug genutzt, sondern ist Teil des Fuhrparks weiterer Luxusschlitten. Wohl dem, der sich so etwas leisten kann. Schließlich liegt der Einstiegspreis für einen SL bei 79.968 Euro. Dafür bekommt der Kunde den 231 PS starken SL 280 vor die Tür gestellt.

Geld spielt keine Rolle

Gute Figur vor den Paramount-Studios Foto: Daimler

Doch da Geld in Hollywood und den Wohngebieten der Reichen und Schönen in Beverly Hills oder Bel Air nur eine nachgeordnete Rolle spielt, entscheidet sich das Gros der SL-Kunden lieber gleich für den 388 PS starken SL 500 - für den man rund 109.000 Euro auf den Tisch des Händlers legen muss. Doch da man ein solches Fahrzeug bekanntlich nicht von der Stange kauft, gibt der betuchte SL-Kunde noch einmal durchschnittlich 18.000 Euro (!) für Extras wie beispielsweise Ledersitze oder das 510 Watt starke Surround Sound System aus.

Der Mercedes 300 SL Roadster Foto: AG/Mertens

Doch was macht den SL nun so begehrt? Es sind mehrere Gründe. Da spielt für einige Kunden sicher die Historie dieses Fahrzeuges eine Rolle, die 1954 mit dem legendären Flügeltürer 300 SL begann. Für andere ist es schlicht die Kombination aus Roadster und Coupe.

Anleihen an Vergangenheit

Der Innenraum lädt zum Träumen ein Foto: Daimler

Anleihen an die Vergangenheit sieht man beispielsweise am breiten Kühlergrill mit der einzelnen Querstrebe und den zwei Buckeln auf der endlos langen Motorhaube. Diesen SL nur als Facelift zu bezeichnen, würde ihm nicht gerecht. Er weist deutlich mehr als nur einige kleine optische Retuschen auf. Das ist auch nötig, denn der Lebenszyklus der aktuellen Generation dürfte noch bis zum Jahr 2012 laufen.

So bringt Mercedes mit dem SL 280 nicht nur ein neues Basismodell auf den Markt, sondern hat den SL 350 (86.572 Euro) auch mit einem neu entwickelten Sechszylinder-Motor mit 316 PS ausgestattet. Durch etliche Modifikationen wie modifizierte Zylinderköpfe oder eine neue Motor-Getriebe-Abstimmung weist der Sportmotor im SL 350 im Vergleich zum Vorgänger mit nur 272 PS einen Minderverbrauch von 0,4 Liter auf. Der Gesamtverbrauch wird mit 9,9 Litern auf 100 km angegeben.

Gute Siebengang-Automatik

Der neue Sechszylinder des 350 SL Foto: AG/Mertens

Der V6 im von uns getesteten SL 350 ist als hochdrehender Sportmotor konzipiert, der seine Höchstleistung erst bei 6500 Umdrehungen in der Minute erreicht. Das maximale Drehmoment von 360 Nm liegt erst bei 4900 U/min. an. Entsprechend will der SL 350 mit seiner gut arbeitenden Siebengang-Automatik gefahren werden. Wer mit diesem 1825 Kilo schwerem Roadster sportlich unterwegs sein will, dem gelingt dies erst bei hohen Drehzahlen. Von 0 auf 100 km/h sprintet der SL in 6,2 Sekunden - das sind 0,4 weniger als beim Vorgänger. Die Höchstgeschwindigkeit endet bei 250 km/h.

Doch seine wahren Stärken spielt der SL 350 bereits davor aus, denn mit ihm lässt es sich hervorragend Cruisen - und genau das wollen die meisten Leute mit ihm machen - genüsslich durch die Gegend zuckeln. Dafür ist der Motor ausgesprochen ruhig, in unteren Drehzahlbereichen ist er kaum zu vernehmen.

Angenehme Direktlenkung

in den USA zumeist als Zweit- oder Drittewagen unterwegs Foto: Daimler

Ohnehin wird in diesem Premium-Roadster alles getan, um den Kunden das Fahren so angenehm wie möglich zu machen. Dazu zählt bei offener Fahrweise nicht nur die Kopfheizung Airscarf, sondern insbesondere Features wie die Direktlenkung. Sie sorgt dafür, dass der Fahrer bei Kurvenfahrten das Lenkrad weniger bewegen muss. Entsprechend spontaner lässt sich der SL bewegen.

Wer sich für den SL 350 interessiert, der sollte auf eines nicht verzichten - auf das aktive Fahrwerk, von Mercedes Active Body Controll (ABC) genannt. Es kostet zwar etwas mehr als 3900 Euro, erhöht aber deutlich die Fahrstabilität, indem es Nick- und Wankbewegungen ausgleicht und automatisch das Fahrwerk der jeweiligen Fahrsituation angepasst. Abgerundet wird der Gesamteindruck des SL durch einen qualitativ hochwertigen Innenraum.

Schade nur, dass die meisten von uns sich einen SL niemals leisten können - noch nicht einmal als Erstwagen.

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