Der Ford Focus kann als meistverkauftes Auto der Welt sehr selbstbewusst auftreten. Trotz der fast kompletten Überarbeitung bleibt dem Weltauto in Deutschland nur die Kronprinzenrolle.
Von Thomas Flehmer
Deutschland spielt in der Autowelt eine besondere Rolle, speziell in der Kompaktklasse. Hier ist der VW Golf tonangebend – und das mit Abstand. So können sich Opel Astra, dessen neue Generation auf der IAA Premiere feiert, oder der im vergangenen Jahr komplett überarbeitete Ford Focus noch so sehr anstrengen. In Deutschland haben Focus und Astra die beiden letzten Podiumsplätze gepachtet, ohne Aussicht auf den Goldmedaillenplatz.
Ford Focus meistverkauftes Auto auf der Welt
Und gerade für den Focus bedeutet das eine tragische Rolle, war der Kompakte aus Köln im letzten Jahr das meistverkaufte Auto auf der Welt überhaupt. Doch weder die neu gestaltete Front noch das völlig überarbeitete Cockpit werden zwischen Flensburg und Garmisch eine Vielzahl von Menschen dazu bewegen, den Focus auf die Payroll zu nehmen – weil zumeist auf ein Modell fixiert sind, das halt nicht in Köln vom Band fährt.
Dabei hat der Focus einige Dinge zu bieten, die nicht oder noch nicht im Klassiker aus Wolfsburg zu haben sind. Allen voran der schon mehrfach preisgekrönte 1,0 l Ecoboost. Der Dreizylinder, der im Verkehr einen Unterschied zu einem Vierzylinder nicht erkennen lässt, ist schon in kleiner Variante mit 74 kW/100 PS gut ausstaffiert, auch wenn elf Sekunden für den Sprint nicht vom Hocker reißen. Doch im Stadtverkehr zieht der Focus selbst als verlängerte Kombi-Version Turnier gut mit und 193 Stundenkilometer auf der Autobahn reichen auch vollkommen aus.
Traditionell gutes Fahrwerk von Ford
Und auch das traditionell gute Fahrwerk von Ford hält auch den Focus Turnier gut in der Spur. Asphaltdellen werden gut bewältigt, die Lenkung lässt sich souverän bedienen. Dass nur fünf Gänge eingelegt werden können, stört überhaupt nicht, weil der fünfte Gang sehr lang ausgelegt ist und auch bei höheren Geschwindigkeiten die Beifahrer nicht aus dem Schlaf reißt.
7,7 Liter fließen dann durch die Schläuche, nachdem auch alle Geschwindigkeitsbereiche zwischen Stau und V-Max ausprobiert wurden. Im Stadtverkehr verlangte der Ecoboost 6,4 Liter, bei einem erhöhten Stadtautobahnanteil mit vielen Anfahrten bedingt durch die Stausituationen. Von daher ein noch vertretbarer Wert.
Aufgeräumtes Cockpit des Ford Focus
Im Innenraum können sich Fahrer und Beifahrer ebenso gut zurecht finden. Hier hat Ford die Mittelkonsole kräftig aufgeräumt, was die Bedienung der Instrumente vereinfacht. Die Klimaanlage wird weiter per Knopfdruck eingestellt, was sehr sinnvoll ist.
Ansonsten muss man mit dem Sync 2 viel sprechen, was zumeist auch gut funktioniert. Eine klare Ansage und schon spurt das Audiosystem – besser als bei manchem Mitbewerber. Nur manchmal fragt die Stimme bei der Navigationsangabe öfters nach und man hat den Eindruck, die junge Dame würde – wenn sie könnte – den Befehlsgeber gerne in ein Gespräch verwickeln. Da hilft ein schneller Reset und nochmal von vorne mit der Ansage.
Ford Focus mit neuen Sicherheitsassistenten
Das Gute an den Ansagen ist, dass der Blick dabei auf der Straße bleibt und so ein Plus an Sicherheit bietet. Verstärkt wird der Sicherheitsaspekt mit dem 850 Euro teuren Technologie-Paket mit Notbremsfunktion, Totwinkel-Warner, Verkehrsschild-Erkennung und Müdigkeitswarner sowie das Business-Paket II für 900 Euro, das den Einpark-Assistenten sowie das Navi und den Parkpiloten beherbergt. Dem Fahrer wird also viel abgenommen, sodass er sich in den gut konturierten Sitzen wohlfühlt und die Fahrt nicht als Stress ansieht, vor allem in der Titanium-Variante, die noch zahlreiche Annehmlichkeiten wie die Geschwindigkeitsregelanlage, Klimaanlage, Nebelscheinwerfer, Notruf-Assistent oder Sportsitzen vorn und 16 Zöller-Leichtmetallräder serienmäßig anbietet.
22.860 Euro ruft Ford für diese Variante auf, hinzu kommen dann noch die Pakete (wer will kann auch noch Design-Paket oder Winterpaket mit Lenkradheizung ordern) sowie aufpreispflichtige Bi-Xenon-Scheinwerfer für 1040 Euro oder der Abstandstempomat für 840 Euro sowie diverse optische Auffrischungen, sodass der Testwagen dann schon 29.245 Euro kostet. Wer auf die optischen Gadgets verzichtet, zahlt etwa 1300 Euro weniger. Doch auch wenn der Ford hinzugewonnen hat und preislich ein wenig unter dem VW Golf bleibt, wird sich die Marktführerrolle des Focus weiterhin auf den Rest der Welt beschränken müssen.