Ford Explorer: Starke Ansage im Premium-Segment

SUV mit Plug-in-Hybrid

Ford Explorer: Starke Ansage im Premium-Segment
Der Ford Explorer ist mit einem PHEV unterwegs. © Axel F. Busse

Mit dem Explorer startet Ford einen ernst zu nehmenden Angriff auf die Premium-SUV von Audi, BMW und Mercedes. Der Teilzeitstromer beweist seine Stärken dabei nicht nur bei der Ausstattung, sondern auch beim Preis.

Als Ford 1966 sein Modell Bronco vorstellte, war die Bezeichnung Sport Utility Vehicle noch nicht erfunden. Aber der damals nur 3,84 Meter lange Dreitürer kann getrost als einer der Stammväter der SUV-Kategorie angesehen werden. Als einer seiner Nachfolger ist der Ford Explorer nicht nur mehr als fünf Meter lang, wiegt voll besetzt doppelt so viel wie der Urahn und ist in Europa ausschließlich als Plug-In-Hybrid zu haben. So kann er den Flottenverbrauch senken helfen, auch wenn mancher ihn vielleicht gern stilecht amerikanisch mit V8-Benziner fahren würde.

Gemeinsam mit dem Ford F150 steht der Explorer an der Spitze der nordamerikanischen Zulassungs-Statistiken, hierzulande war er seit dem Jahr 2000 nicht mehr im Angebot. Umso selbstbewusster tritt er wieder auf den Plan. Serienmäßig als Siebensitzer ausgelegt bietet er enorm viel Platz, was allein schon an dem maximalen Ladevolumen von fast 2275 Litern zu erkennen ist. Das sind 85 Liter mehr als beispielsweise beim Spitzenmodell aus britischer Fertigung, dem Range Rover. Ist man als Passagier der 3. Reihe erstmal zu den elektrisch ein- und ausklappbaren Sitzen vorgedrungen, fühlt man sich dennoch nicht wie Reisende der 3. Klasse: Die Polster sind überraschend bequem, die Kopfstützen lang genug und an Getränkehaltern fehlt es auch nicht.

Umfangreiches Ausstattungspaket

Am Design sind keine Versuche zu erkennen, die massige optische Präsenz irgendwie zu kaschieren. Der Grill ist wuchtig, die Frontscheibe (beheizbar) fast 1,5 Quadratmeter groß und die linke Spur in Autobahn-Baustellen passé: Mit Spiegeln ist der Explorer satte 2,28 Meter breit. Nicht ganz plausibel ist allerdings, warum bei gleicher Kabinenbreite wie vorn (1,57 Meter) in der 2. Reihe die Sitzpolster zusammen nur 1,30 Meter breit sind. Da kann jeder Passagier nur rund 44 Zentimeter für sich beanspruchen. Über mangelnde Beinfreiheit können sie sich jedoch nicht beklagen. Für die beiden Reisenden dahinter reduziert sich der Platz zwischen den Seitenverkleidungen auf 1,20 Meter. Die Ladekante ist 78 Zentimeter hoch.

Der Innenraum des Ford Explorer mit seinem großen Mitteldislplay. Foto: Axel F. Busse

Statt den Kunden das Studium einer bibeldicken Preisliste zuzumuten, offeriert Ford ein Komplettangebot: Merkmale wie Leichtmetallräder im 20-Zoll-Format, Mehrzonen-Klimaautomatik, beheiz- und belüftbare Lederpolster, Licht- und Regensensor, diverse Sicherheits-Assistenten und elektrische Heckklappe dürfen bei Luxus-SUV als gesetzt gelten, aber der Explorer bringt ab Werk zum Beispiel auch Navigationssystem, LED-Beleuchtung rundum, Glas-Schiebedach, Massagesitze, Parkassistent, 360-Grad-Kamera und diverse andere Annehmlichkeiten mit. Wer sich ein wenig mit den Preisen der vergleichbaren einheimischen Produkte auskennt, tippt da leicht auf eine sechsstellige Kaufsumme. Ford verlangt 76.000 Euro für sein Auto. Da scheint die Absatzerwartung von 2500 Stück per anno gar nicht so weit hergeholt.

Auch im Detail stimmt die Richtung: Während in vielen Neufahrzeugen des VW-Konzerns nur noch mit USB-Anschlüssen des Typ C operiert wird und sich offenbar niemand um die Besitzer von mobilen Geräten älterer Generationen schert, hält Ford in der Mittelkonsole zwei verschiedene USB-Buchsen vor. Nachdem sich Jaguar-Landrover vom Drehknopf für die Getriebe-Bedienung verabschiedet hat, feiert er im Explorer fröhliche Urständ. Obwohl es keinen Verzichts-Fetisch bei den Bedienelementen gibt, wirkt das Cockpit aufgeräumt, die Anordnung von Tasten und Schaltern ist übersichtlich und die Symbolik selbsterklärend. Doch auch die Suche nach Verbesserungs-Potenzial wird belohnt: Die mächtige Motorhaube hat keine Gasdruckfedern zum Öffnen, Fitness-Training gibt’s beim Hochstemmen gratis.

825 Newtonmeter drücken nach vorn

Laut Datenblatt soll der Explorer 2466 Kilogramm schwer sein. Mit eine dreiviertel Tankfüllung und ohne Fahrer wog der Testwagen 2570 Kg. Für den Vortrieb sorgen ein aufgeladener V6-Benziner mit 350 PS und ein 74 Kilowatt starker Elektromotor. Ford errechnet daraus eine Systemleistung von 457 PS, entsprechend 336 kW. Das gewaltige Drehmoment von 825 Newtonmetern wird vor allem beim Anfahren spürbar, entsprechend druckvoll geht es in sechs Sekunden auf 100 km/h. Die Höchstgeschwindigkeit wird mit 230 km/h angegeben. Hier ist der Explorer etwas zurückhaltender als die einschlägigen Konkurrenzmodelle, die bei 250 km/h abregeln.

Auch in der Elektrowertung wird das technisch Machbare nicht ausgereizt. Anstelle von inzwischen nicht so seltenen Ladeleistungen im dreistelligen kW-Bereich ist der Explorer auf 2,3 bzw. 3,6 kW ausgelegt, was etwas Geduld beim Laden erfordert, aber das kennt man auch von anderen Plug-in-Hybriden. Maximal soll er mit 13,1 kWh Energievorrat 42 Kilometer rein elektrisch zurücklegen können. An der Haushaltssteckdose geladen, warf der Bordcomputer für den Testwagen maximal 33 Kilometer aus. Dass dies nur ungefähre Werte sind, ist daran zu erkennen, dass anschließend nach rund zwölf Kilometern E-Fahrt mit Lenkrad- und Sitzbeheizung immer noch 25 km angezeigt wurden.

Geduldsprobe an der Steckdose

Der Ford Explorer ist ein Trumm von Auto. Foto: Axel F. Busse

Rechnerisch kommt das Ford-PHEV auf einen Durchschnittsverbrauch von 2,9 Liter/100 km. Plug-In-Hybride sind vor allem dann sinnvoll, wenn sie so oft wie möglich an der Steckdose parken. Das ist beim Explorer nicht anders. Der Blick ins Fahrten-Protokoll belegt das: Während in diesem Testzyklus ca. 3/5 der Gesamtstrecke vom 500 km elektrisch zurückgelegt wurden und am Ende ein Spritverbrauch von 7,5 Litern anlag, zeigte die Langzeitbetrachtung über 1600 Kilometer nur 1/5 elektrische Fahrt und 12,3 Liter Spritverbrauch. Unter Strom nahm sich der Wagen im Schnitt 23 kWh aus der Batterie.

Ein reizvolles Gefährt schickt Ford da in den Wettbewerb um Marktanteile, nicht nur, weil es Exklusivität mit Inklusivität verbindet. Er hat (fast) alles an Bord, was sich an Komfort-Ausstattung denken lässt, bietet reichlich Platz für Familie und Gepäck. Dass er die Herstellervorgabe in Sachen elektrischer Reichweite in diesem Test nicht einlöste, ist zu verschmerzen, denn da befindet er sich in der guten Gesellschaft renommierter Namen.

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Axel F. Busse
Axel F. Busse ist gelernter Redakteur, sein kommunikations-wissenschaftliches Studium absolvierte er an der FU Berlin. Nach Tätigkeiten bei Tageszeitungen, wo er sich mit Auto- und Verkehrsthemen beschäftigte, arbeitet er seit 2003 als freier Autor ausschließlich in diesem Bereich. Außer für die Autogazette schreibt er für verschiedene Online- und Printmedien.

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