Fiat Grande Punto: Italienischer Bestseller

Fiat hat den Punto wachsen lassen. Der Grande Punto kommt fast schon auf kompaktes Golf-Niveau. Der kleine Italiener hat ein paar Schwächen – aber auch große Vorzüge.

Von Jürgen Wolff

Die Rechnung scheint aufzugehen: Mit über 30.000 Zulassungen war der Punto im vergangenen Jahr das bei weitem gefragteste Modell im Portfolio der Italiener und hatte maßgeblichen Anteil daran, dass man in Deutschland fast 30 Prozent mehr Autos verkaufen konnte als in 2005. Zwei von fünf verkauften Fiat trugen das Punto-Logo am Heck. Irgendetwas muss also dran sein an diesem Auto.

Nähern wir uns ihm erst einmal von außen. Die vom italienischen Edeldesigner Giugiaro entworfene Karosse ist modern und ansehnlich geraten. Angesichts des üppigen, von schmalen Scheinwerfern flankierten Kühlergrills fühlt man sich - mit ein wenig Phantasie - sogar an Maserati erinnert. Die Radläufe sind markant ausgeprägt, die kräftige Gürtellinie steigt - ausgehend von den Scheinwerfern - deutlich an. Im Heck die bekannten vertikalen Leuchteinheiten zu beiden Seiten des Heckfensters. Dazu ein Finish, das durchweg einen guten und qualitativen Eindruck macht.

Auch Große sitzen bequem

Fiat Grande Punto Foto: press-inform

Exakt 4,03 Meter ist der Grande Punto lang - damit ist er um 20 Zentimeter gewachsen und liegt schon fast auf Golf-Niveau. Im Hause Fiat firmiert der Grande Punto - anders als sein Vorgänger - nicht mehr als Klein- sondern als Kompaktwagen. Auch die anderen Maße zeigen, dass der kleine Italiener einen Wachstumsschub hinter sich hat: Größerer Radstand (+ fünf Zentimeter), mehr Breite (jetzt: 1687 mm), mehr Höhe (jetzt: 1490 mm). Und damit mehr Platz im Inneren. Den gibt es auch für große Passagiere reichlich. Selbst Sitzriesen mit 1,95 Meter Körperlänge werden keine Probleme haben, eine entspannte Position hinter dem in Weite und Höhe verstellbaren Lenkrad zu finden.

Trotz der fiatüblichen hohen Sitzposition findet sich das Fahrzeugdach immer noch in respektvollem Abstand über der Fönfrisur. Gleiches in der Breite: Die Ellenbogen von Fahrer und Beifahrer kommen sich nicht ins Gehege. Die Sitze selbst sind ordentlich konturiert und gepolstert - keine Sportsitze, aber mit einem guten Seitenhalt. Die Sicht nach vorne ist gut, die nach schräg hinten wird von der breiten C-Säule etwas gestört. Ausreichend Platz in der Höhe gibt es auch auf den hinteren Plätzen. Zumindest zwei Personen kommen relativ bequem unter, bei dreien wird es aber unzumutbar eng.

Ärgerliche Lichtschalter-Kombination

Fiat Grande Punto Foto: press

Das Armaturenbrett ist nüchtern und ohne Schnörkel. Zweckmäßig eben. Ordentlich verarbeitet. Die Materialien selbst sind klassentypisch: Nicht gerade Luxus - aber angemessen. Die Bedienelemente sind gut zugänglich und leicht zu erreichen. Ärgerlich (aber nicht nur im Grande Punto) ist die Kombination von Lichtschalter und Blinker: Wer nächtens blinkt, der schaltet unabsichtlich immer wieder auch mal das Fernlicht ein. In punkto Ablagen herrscht Mangel im Punto und auch der Kofferraum ist mit 275 Litern nicht gerade üppig, aber im normalen Alltag ausreichend. Wer mehr braucht, kann die Lehnen der Rückbänke - allerdings begleitet von etwas Mühe - asymmetrisch geteilt umklappen und erhält bis zu 1030 Liter.

Gewöhnungsbedürftig ist die elektrisch gestützte Lenkung des Grande Punto. Die einen - vornehmlich weiblich - schwören darauf, die anderen - vornehmlich männlich - haben das Fluchen auch nach der zehnten Ausfahrt noch nicht aufgegeben. Grundsätzlich ist die Lenkung zu leichtgängig. Einen Kontakt zur Fahrbahn vermittelt sie praktisch so gut wie nie.

Fiat Grande Punto Foto: press-inform

Wem das an mediterraner Leichtigkeit immer noch nicht reicht - und nun kommt der weibliche Faktor ins Spiel -, der drückt einen Knopf in der Mittelkonsole und aktiviert so den «City-Modus». Nun wird das Lenken zum Fingerspiel: Zwei Finger reichen, um den Wagen ohne jede Kraftanstrengung in eine Parklücke zu chauffieren oder durch den Stadtverkehr. Fahrerinnen lieben Fiat für diesen Knopf. Dem männlichen Rest aber sind beide Modi viel zu schwammig. Minuspunkte fängt sich auch die Schaltung ein: Sie neigt zum Hakeln.

Mit dem 1,9-Liter JTD Selbstzünder ist der Punto durchaus ordentlich motorisiert: In der Sport-Version kommt er auf 96 kW/130 PS und ein Drehmoment von 280 Nm. Das reicht, um den Eintonner in 9,5 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h zu bringen und für 200 km/h Spitze. Der Motor selbst läuft ebenso rund wie unspektakulär. Ein ruppiges Nageln ist nur bei kaltem Motor deutlich zu vernehmen.

Diesel schluckt 6,8 Liter

Fiat Grande Punto Foto: press-inform

Überzeugen kann der Diesel mit seinem Verbrauch - auch wenn der bei unserem Testwagen eher bei 6,8 denn bei den offiziell genannten 5,8 Litern Diesel lag. Das Fahrwerk ist in der ein paar Zentimeter tiefer gelegten Sport-Ausführung straff ausgelegt. Kaum eine Information von der Straße, die nicht von der Federung an das Popometer weitergereicht wird. Unkomfortabel ist der Punto dennoch nicht. Und auch längere Strecken lassen sich noch durchaus entspannt zurücklegen. In flott gefahrenen Kurven neigt der Grande Punto schnell zum Übersteuern - besonders für Anfänger ein nicht unproblematisches Fahrverhalten. Ansonsten liegt der Grande auch bei höheren Geschwindigkeiten ruhig auf der Straße - wenn auch die Richtungsstabilität wegen der weichen Lenkung etwas zu wünschen übrig lässt. Pluspunkte gibt es für den hohen Sicherheitsstandard. Beim EuroNCAP-Crashtest holte sich der Grande Punto alle fünf Sterne.

Die Preisskala beginnt mit der völlig untermotorisierten Version mit 1,2-Liter-Benziner bei 11.490 Euro. Für die 130 Diesel-PS starke Sportversion müssen mindestens 18.640 Euro auf den Tisch- dafür ist dann aber auch serienmäßig ESP dabei - ansonsten allenfalls gegen 515 Euro Aufpreis erhältlich.

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