Ferrari-Konkurrent M6 ist alltagstauglich

Ferrari und Co. aufgepasst: Mit dem 507 PS starken M6 hat BMW einen reinrassigen Supersportwagen auf die Räder gestellt, der nicht nur Leistung und Klasse bietet.

Peter Wolff

Es gibt stereotype Alpträume im Leben eines Journalisten. Die Tagesthemen zu moderieren etwa und nach fünf Minuten sagen zu müssen: «Sorry, Leute, mehr ist nicht passiert heute, wir machen deshalb ein wenig früher Schluss.» Oder eben: In einem Auto zu sitzen und nichts zu finden, was man Kritisieren könnte. Genau zu wissen: Alles, was Du jetzt an Negativem schreibst, ist pure Mäkelei. So gesehen ist der neue BMW M6 ein Alptraum.

Nur M-Logo verrät den Sportler

Alles passt an diesem stärksten Sechser aller Zeiten. Er kann mit einem Ferrari mithalten und ist trotzdem alltagstauglich. Von außen sieht er fast so aus wie ein «normales» 6er-Coupé. Die Veränderungen sind dezent. Dass der Radstand etwas kürzer ist sieht man naturgemäß nicht, dass der Schwerpunkt niedriger liegt, erahnt man allenfalls angesichts des Carbondaches. Front- und Heckschürzen, neue Schweller und weiter ausgestellte Radkästen. Ansonsten verrät nur das M-Logo an Heck und Fahrzeugseiten, an Felgen und Lenkrad, was man da vor sich hat.

In 14 Sekunden ist man auf 200 Stundenkilometern. Foto: Press-Inform

Und auch der Innenraum zeigt wenige Überraschungen. Perfekte und vielfach verstellbare Ledersitze vorne, hinten Platz genug für Kids oder Gepäck. Alles passt. Und auch hier sind Unterschiede nur auf den zweiten Blick erkennbar. Das serienmäßige Head-Up-Display zum Beispiel zeigt nicht nur die Geschwindigkeit, sondern rund um die Anzeige der eingelegten Fahrstufe auch ein farbiges Drehzahlband.

V10-Motor mit 507 PS

Die wahren Werte liegen unter der Oberfläche. Der hochdrehende V10-Motor zum Beispiel. Es ist der gleiche, der auch den M5 zum Rennen bringt - mit ein paar leichten Modifikationen. Die Drehzahlgrenze liegt bei 8250 U/min. Die Leistung von 373 kW/507 PS aus 4999 Kubikzentimeter Hubraum katapultieren den M6 in nur 4,6 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 km/h, nach 14 Sekunden auf 200. Bei 250 km/h wird abgeregelt. Schon. Denn eigentlich ist noch viel mehr drin. Wie viel? «Schauen Sie sich doch die Tachoskala an», empfiehlt Ulrich Bruhnke, Chef der M-GmbH. 330 km/h steht da vorsorglich schon mal unten rechts.

Und man glaubt es sofort, hat man das Aggregat erst einmal gestartet. Ein sattes, dumpfes Grummeln ertönt (einen MP3 Sound-Clip finden Sie in der Serviceleiste rechts). Mehr als 100 PS aus jedem Liter Hubraum warten darauf, losgelassen zu werden. Nach 20 Sekunden werden sie zunächst etwas ruhiger - dann ist die kurze Aufwärmphase vorbei, die vor allem die Katalysatoren auf Betriebstemperatur bringen soll. Ein Kick aufs Gaspedal - da ist es wieder, das satte Grollen aus den Tiefen des V10.

Elf Schaltoptionen

Mit der Launch-Control startet man wie in der Formel 1. Foto: Press-Inform

Den M6 nun in Bewegung zu setzen, ist eine Wissenschaft für sich - insgesamt elf Schaltoptionen stehen zur Verfügung. Gut: Den Wahlhebel auf «D» schieben, Handbremse lösen, Gas geben - so simpel geht's auch. Aber warum, wenn es richtig zur Sache gehen kann? Mit Launch-Control, einem Programm, das für einen Start sorgt wie in der Formel 1. Programm einstellen, DSC ausschalten, Schalthebel vordrücken, Gas geben - die Drehzahl verharrt bei 4000 U/min. Den Schalthebel loslassen - für den Anpressdruck, der nun entsteht, wenn der Wagen vorangeschleudert wird, wäre eigentlich ein Astronautentraining fällig. Infernalisch.

Aber der M6 kann auch zahm. Wer ihn jenseits der Rennstrecke auf öffentlichen Straßen fahren will, bleibt beim voreingestellten Fahrprogramm P400 und ausgeschalteter Power-Taste. Das reduziert die Motorleistung auf 400 PS und erlaubt vergleichsweise ziviles Fahren - bis hin zum gemütlichen Cruisen per Tempomat und sanft federndem Fahrwerk. Da passt, das in den vergleichsweise üppigen Kofferraum mit seinen 450 Litern bequem auch der Wocheneinkauf samt diverser Sprudelkisten passt. Zum Vergleich: Das M6-Coupé hat damit fast so viel Platz im Heck wie ein Audi A4.

Brillant abgestimmtes Fahrwerk

So oder so - der M6 hat nie Schwierigkeiten, mit all seiner Kraft klarzukommen. Der Fahrzeugschwerpunkt liegt tiefer als beim regulären 6er-Coupé, das brillant abgestimmte Fahrwerk bietet die Möglichkeit, die Dämpfer in drei Varianten von komfortabel bis sportlich abzustimmen. Das elektronische Stabilitätsprogramm DSC lässt sich bis hin in den Grenzbereich einstellen. Die breiten Walzen an den Hinterachsen bringen die Kraft immer souverän auf die Straße.

Geschaltet wird entweder automatisch über das siebenstufige SMG-Getriebe, sequentiell über den Schalthebel in der Mittelkonsole oder rennsportmäßig über die Paddel am Lenkrad. Die Schaltcharakteristik lässt sich in elf Varianten einstellen, von dynamisch ausgeglichen bis ausgesprochen sportlich.

Die kritischen Anmerkungen zu diesem Auto können denn auch nur politisch korrekte Pflichtanmerkungen sein. Zum Beispiel die, dass der Spritverbrauch natürlich völlig unzeitgemäß ist. An den angegebenen Durchschnittsverbrauch von 14,6 Litern werden nicht einmal die BMW-Ingenieure glauben - wer den BMW so fahren will, der braucht ihn nicht. Man sollte sich als potenzieller Käufer besser schon mal auf die «Zwei» vorne einstellen.

Und: Natürlich ist der M6 - sorry - sauteuer. Bei 106.500 Euro liegt der Basispreis. «Basispreis» ist das richtige Wort: Die Aufpreisliste umfasst 29 Punkte, vom Universal-Kleiderbügel für 25,70 Euro bis zur Volllederausstattung Merino für 7500 Euro. Adaptives Kurvenlicht zum Beispiel gibt es nur gegen Aufpreis (600 Euro) - Das ist knieselig. Wer den M6 leasen will, muss mit rund 1500 Euro monatlicher Rate rechnen. Nur: In der Liga, in der BMWs neuer M6 mitfährt spielen solche Dinge ohnehin keine Rolle.

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