«Es gibt Reis, Baby»

Mazda RX-8

Der Mazda RX-8 ist kein Auto der Vernunft. Trotzdem besitzt der Wankelsportler seit Generationen eine gar nicht so kleine Fangemeinde.

Von Thomas Flehmer

Nicht nur in deutschen Landen kommen Lieder diverser Interpreten heraus, deren Inhalt sich auch nach mehrfachen Hören nicht erschließt. "Es gibt Reis, Baby!", war so ein Song, den Helge Schneider vor etlichen Jahren in die Charts brachte. Doch auch völlig sinnfreie Lieder können erfolgreich sein und dem jeweiligen Interpreten Erfolg bringen, wenn dabei die Hörerschaft genügend emotional angestachelt wurde.

Verschärfte Frontpartie

Emotionen besitzt auch der neue RX-8, der im vergangenen Jahr noch einmal überarbeitet wurde. Eine noch schärfere Front mit zwei Scheinwerferschlitzen und den Nebelscheinwerfern darunter, die den schmalen, in der Frontschürze integrierten Kühlergrill umranden, eine sportliche Seitenline des lediglich 1,34 Meter tiefen Sportwagens, sowie ein kurzes Heck mit einem kleinen Spoiler auf der Kofferraumklappe und potente 19 Zöller auf den Felgen sind die Zutaten, von der besonders jugendliche Autofahrer oder Führerscheinanwärter schwärmen.

Denn gerade diese Zielgruppe wird von dem RX-8 emotionalisiert, wie die zwei Wochen Testfahrten mit dem in rot gehalten Wankelsportler deutlich unter Beweis stellten. Doch nicht nur das Staunen der Twens überraschte, sondern auch das technische Wissen über den 4,47 Meter langen Japaner erstaunte. Sowohl die PS-Zahl von 231 Pferden als auch die Höchstgeschwindigkeit von 234 km/h und die Beschleunigung von 0 - 100 km/h in 6,4 Sekunden waren schnell parat.

Harter Sport

Strammes Outfit, straffe Federung Foto: AG/Flehmer

Was den jungen Erwachsenen fehlt, ist das tatsächliche Empfinden innerhalb des Wagens. Das Herablassen auf die Sportsitze kurz über dem Asphalt bereitet eher älteren Semestern kleine Schwierigkeiten. Um die Tür zu schließen, muss der Arm lang herausfahren und auch der Kopf verlässt kurzzeitig noch einmal den Innenraum. Dabei muss darauf geachtet werden, dass das Haupt kurze Zeit später ohne Stoßverletzung wieder Kontakt mit dem Dachhimmel aufnimmt.

Die Sportsitze von Recaro selbst führen den Mitvierzigern das Alter deutlich vor Auge, egal ob schlank oder vollschlank, die Seitenbacken malträtieren doch arg den Rücken, während der 1,92 Meter lange Filius "prima" sitzen kann und sich sichtlich wohlfühlt. Bis zum Alter von sechs Jahren können auch noch Kinder in der zweiten Reihe sitzen, dann müssen aber die Insassen vorne schon etwas vorrücken. Und aufgrund der straffen Federung wird ein längerer Aufenthalt im Fond auch schon mal mit dem Griff zur Plastiktüte goutiert, vor allem dann, wenn dem Fahrer sprichwörtlich die Gäule durchgegangen sind. Überraschend viel Gepäck nimmt dagegen der 290 Liter große Kofferraum auf. Hier passen mehr als drei Reisetaschen hinein.

Durstiger Wankelsportler

Club-Doors erleichtern den Einstieg nach hinten Foto: AG/Flehmer

Nach dem ersten Austasten der sportlichen Sitzposition sorgt die Zeit nach dem Motorstart für deutlich mehr Freude und lässt die drückenden Seitenbacken an den Schulterblättern fast vergessen. Der Motor röhrt nicht auf wie ein Porsche, sondern surrt eher sehr aggressiv. Denn traditionell arbeitet unter der Motorhaube kein Otto-, sondern ein Wankelmotor, auch Kreiskolbenmotor genannt. Das System mit den dreieckförmigen Kolben, die sich in der Brennkammer im Kreis drehen und dabei den Kraftstoff verarbeiten, wird seit Jahren nur noch im RX-8 angeboten.

Wieso sich der Wankelmotor nicht durchsetzen konnte, zeigt der Blick auf den Verbrauch. 16,8 Liter wurden nach dreieinhalb Stunden Autobahnfahrt über 470 Kilometer und zumeist hohem Tempo errechnet. Im gemäßigten Tempo standen unterm Strich immer noch 12,4 Liter zu Buche, doch mit dem RX-8 auf einer tempolimitfreien Fernstraße bei 130 km/h unterwegs zu sein mutet an wie Beischlaf ohne Höhepunkt. Denn die 231 PS kommen gut zur Geltung, die sechs Gänge lassen sich schnell einlegen und ein bisschen sportlich soll es ja auch sein. Und immerhin ist es eine Spezialität des Wankelsportlers, die Gänge bis 9000 Umdrehungen pro Minute ausfahren zu können, ehe der Wechsel in den nächst höheren Gang erfolgt.

Zwei Millionen Einheiten in 40 Jahren

Durstiger Geselle Foto: Mazda

Schaltfauler geht es in der Stadt zu, da können die 50 km/h schon im sechsten Gang absolviert werden. Trotzdem bleibt auch hier der Tankwart der beste Freund bei einem Verbrauch von rund 15 Litern Superbenzin - trotz des verbesserten Wankelmotors mit dem wassergekühlten Renesis-Triebwerk, das immerhin den zuvor sehr starken Öldurst eindämmte. Die Ölflasche kommt zwar immer noch alle tausend Kilometer zum Einsatz, doch benötigt der Motor nicht mehr so viel Schmiermaterial wie früher.

Ebenso wie bei vielen erfolgreichen Liedern darf auch beim RX-8 die Sinnfrage nicht gestellt werden. Doch der Preis von 38.000 Euro für einen gut ausgestatteten Sportwagen wog bisher für rund zwei Millionen Menschen in 40 Jahren Wankelgeschichte bei Mazda den Mehrpreis an der Tankstelle auf und machte die Sportwagen-Ikone zum Evergreen. Es gibt Benzin, Baby!

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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