Ein Star für Berlusconi

Lancia Delta 1.8 Turbojet

In Italien ist der Lancia Delta nicht erst seit seinem Auftritt in «Illuminati» ein Star. In Deutschland wird es selbst der neue Benzindirekteinspritzer nicht schaffen, den Delta aus dem Exotentum zu befreien.

Von Michael Hoffmann

Mit einem neu entwickelten Benzinmotor stärkt Lancia jetzt die Antriebspalette des Delta. Für die an der Schwelle zwischen
Kompakt- und Mittelklasse positionierte Schräghecklimousine ist ab sofort ein 1,8-Liter-Turbo-Direkteinspritzer mit 147 kW/200 PS und eindrucksvollen Drehmomentwerten erhältlich. Die Preise für den Italiener im eleganten Maßanzug beginnen bei 27.900 Euro.

Exotendasein in Deutschland

Anders als in dem gerade angelaufenen Vatikanthriller «Illuminati», in dem der Lancia Delta eine prominente Nebenrolle besetzt, ist der Fünftürer auf dem deutschen Markt noch kein Star, sondern fristet - wie die gesamte Marke Lancia - einem Exotendasein.

Dennoch können die Italiener mit dem Marktstart recht zufrieden sein: Seit Einführung im vergangenen Herbst hat der Delta in Deutschland rund 1400 neue Kunden gefunden und stemmt inzwischen rund die Hälfte des gesamten Absatzes der Marke. Ein Blick auf den Anteil von derzeit 0,2 Prozent in der Kompaktklasse rückt die Verhältnisse aber wieder zurecht. Dass der neue Motor daran etwas Grundlegendes ändern wird, glaubt auch Lancia nicht: Man geht davon aus, dass nur fünf Prozent der deutschen Kunden den neuen Benziner wählen.

200 PS aus 1,8 Liter Hubraum

Elegant angelegte Instrumententafel Foto: Lancia

Dabei ist eine eingehende Beschäftigung mit dem aufgeladenen Vierzylinder durchaus lohnenswert. Der von Fiat entwickelte Benzindirekteinspritzer holt aus 1,8 Litern Hubraum stattliche 147 kW/200 PS und ein maximales Drehmoment von 320 Nm, das schon bei 1400 Touren bereitsteht und bis 3750 U/min konstant bleibt. «Der brillanteste Motor seiner Klasse», schwärmt Dario Sacco, der Chef der Fiat-Benzinmotorenentwicklung, und nennt den 2,0-Liter-TFSI-Motor aus dem Audi A4 als Referenz, die man hier nun aufs Korn nehme.

Träge Automatik

Schickes Design ist traditionell Foto: Lancia

Einen wichtigen Vergleichswert unterschlägt der Ingenieur aber: Der Audi-Motor braucht auf 100 Kilometern im EU-Zyklus 6,6 Liter, der Delta genehmigt sich 1,2 Liter mehr und ist damit - trotz Downsizing, Aufladung, Direkteinspritzung und der Minimierung von Reibungsverlusten - nicht wirklich sparsam. Ein Teil des Mehrverbrauchs mag auch auf das Konto der Sechsstufen-Automatik gehen, die Lancia in dieser Motorvariante alternativlos einsetzt. Die Wandlerautomatik besitzt zwar einen angenehmen Schaltkomfort, ist aber beim Sortieren der Gänge meist ein wenig träge.
Zudem nimmt sie dem neuen Motor etwas von jenem Biss, den das Triebwerk etwa im handgeschalteten Alfa Romeo 159 entfaltet.

Im Unterschied zum feurigen Alfa ist der Delta hier ganz klar die komfortorientierte Wahl. Dieser Ausrichtung entsprechen auch die leichtgängige Lenkung und das auf geschmeidigen Abrollkomfort ausgelegte Fahrwerk, das optional mit einem variablen Dämpfersystem ausgerüstet werden kann. All diese Komponenten machen den Delta eher zum gelassenen Autobahngleiter, auch wenn er manche Querfuge auf der Straße noch etwas souveräner wegbügeln könnte.

Mangelnde Kopffreiheit

Hinten wird es eng Foto: Lancia

Mit der komfortbetonten Auslegung nimmt Lancia in Italien nun auch mehr und mehr Geschäftskunden bis hin zu Diplomaten und Politikern ins Visier. Für diese Klientel ist beispielsweise die neue Top-Ausstattung «Executive» gedacht, die in Deutschland mangels Absatzaussichten nicht angeboten wird. Beim nächsten G8-Gipfel in Italien sollen die internationalen Staatsgäste im Delta-Shuttle-Service auf den Geschmack an diesem Auto gebracht werden.

Trotz der fürstlichen Beinfreiheit auf den Rücksitzen des 4,52 Meter langen Fünftürers werden sich aber allenfalls die Kollegen Nicolas Sarkozy und Silvio Berlusconi im Fond wohl fühlen - größer gewachsenen Passagieren mangelt es da an Kopffreiheit. (mid)

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