Ein Freund der Ordnung

Fahrbericht Golf Plus 2.0 TDI CR

Ein Freund der Ordnung
Der VW Golf Plus © Foto: Volkswagen

Unter demografischen Gesichtspunkten gehört wohl nicht dem Golf, sondern eher dem Golf Plus die Zukunft. Er bringt manches mit, dem Senioren schwer widerstehen können. Gefahr droht nur vom Finanzamt.

Von Martin Woldt

Der Vorgänger des aktuellen Golf Plus stand in dem Ruf, der reiferen Jugend zugeneigt, nun ja, ein Rentnerauto zu sein. Ob sich an diesem ererbten Image womöglich etwas ändert, wenn das Finanzamt im Herbst zum großen Halali auf die Ruheständler bläst, wird man sehen. Unbestreitbar ist allerdings, dass der Golf Plus (verglichen mit dem gewöhnlichen Golf) einige Anlagen mitbringt, die man, in die Jahre gekommen, durchaus schätzt. Da wäre der, durch das neun Zentimeter höhere Dach und die größeren Türausschnitte, leichtere Einstieg. Da ist die, wegen der größeren Scheiben, bessere Rundumsicht. Freilich auch die, dank verschiebbarer Rückbank, hinten größere Kniefreiheit. Aber insbesondere das, je nach Rücklehnenposition, von 395 bis 1450 Liter reichende Stauvolumen, also der plus 20 Prozent größere Kofferraum, dürften das Wohlgefallen des oft von wilder Reiselust gepackten Frühpensionärs finden.

Fach fürs Finanzamt

Darüber hinaus ist es aber wohl das durchstrukturierte Ordnungssystem, das die reifere Jugend zur leichten Beute im VW-Autohaus macht. Vier Ablagefächer im Dachhimmel, mehr Platz in den Türen, Unterbodenablagen im Stauabteil, Schubladen unter den Vordersitzen - da weiß man doch, wo man die Quittungen fürs Sülzkottlett, die Hämorridensalbe oder das Proaktiv-Glatzentonikum wiederfindet. Wer weiß schon, was das Finanzamt alles sehen will. Und das Schöne ist eben, als Freund der Ordnung muss man auf die bekannten Stärken des Golf nicht verzichten. So hat man sich die zweite Lebenshälfte immer vorgestellt. Alles ist sauber zusammengefügt, nichts klappert. Das Material wirkt fein und robust. Abgesehen von einem gelegentlichen Seitenwindrauschen bleibt der hektische Trubel auf Abstand.

Mit sportlicher Note

Der VW Golf Plus Foto: Volkswagen

Das Fahrwerk hält die Unebenheiten des Lebensweges wohl dosiert fern. Die Tendenz der Lenkung zum leichten Untersteuern sorgt dafür, dass man auch enge Kurven gut beherrscht. Die komfortable Gangart besitzt dennoch auch eine durchaus sportliche Note. In 9,8 Sekunden geht es von null auf hundert. In der Spitze werden 202 km/h erreicht. Das DSG-Getriebe erlaubt sowohl flottes Beschleunigen wie sanftes Gleiten. Der 140 PS starke Selbstzünder hat eine gediegene Elastizität. Er lässt sich sowohl völlig entspannt selbst durch die 30er-Zone rollen, reagiert dennoch flüssig beim Ampelstart und zeigt drängelnden Greenhorns auf der Autobahn schon mal, wo Barthel den Most holt. Überholen verläuft auch im Automatikmodus ohne Schweißausbrüche. Die Schaltstufen gehen fast fließend ineinander über.

Der Fahrstil entscheidet

Das Cockpit des VW Golf Plus Foto: Volkswagen

Ob es ein 140-PS-Diesel mit zumal teurem Doppelkupplungsgetriebe sein muss, sollte man an der Länge der Reisen festmachen, die man noch vorhat. Allerdings weiß man, dass, wenn es betont zügig auf dem Asphalt zugehen soll, beim Tanken der Preis dafür spürbar wird. Die Herstellerangaben teilen einen Mixverbrauch von 5,6 Litern mit auf 100 Kilometern (146 Gramm CO2 pro Kilometer) mit. Die Überlandfahrt wird mit 4,7 Liter ausgewiesen. Im Praxistest stellten wir da doch abweichende Werte fest. Mit über sieben Litern auf 100 Kilometern muss man jenseits von 130 km/h kalkulieren. Wiederum sind mit etwas Selbstdisziplin, etwa während einer gleichmäßigen Landpartie, auch voll besetzt, knapp unter 100 km/h, weniger fünf Liter durchaus realistisch.

Empfindlich gegen Rempler

Einige Tücken hat der Golf Plus allerdings auch. Die großen Lackflächen an den Stoßfängern von Front und Heck sind gegen Rempler empfindlich. Schwer einzusehen, lassen sie sich nur mit aufpreispflichtigen Parksensoren vorbeugend schützen. Vorsicht ist geboten, lässt man Ehefrau, Hund oder Enkel beim Einkauf im verschlossenen Auto zurück. Die Diebstahlsicherung kann den Aufenthalt schnell zum Horrortrip machen. Bei jeder unvorsichtigen Bewegung macht sie Rabatz und verhindert gleichzeitig das Aussteigen.

Serie und Extras

VW Golf Plus Foto: dpa

Zur Ausstattung gehören unter anderem ein Parkpilot, die Dachreling, individuelle Einstellungen für Fahrersitz und Lenksäule, elektrische Fensterheber, Klimaanlage, ein Berganfahrassistent. Optional kann man sich ein Elektrisches Glasdach (870 Euro), eine Diebstahlwarnanlage (270 Euro), eine Geschwindigkeitsregelanlage (200 Euro), die Rückfahrkamera (260 Euro) oder das Schlechtwegefahrwerk (335 Euro) erwärmen. Insgesamt betrachtet ist das kein kleines Geld. Für die relativ teure Serienausstattung werden 27.875 Euro fällig. Da lohnt es sich, über andere Golf-Alternativen nachzudenken.

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