Die Entdeckung der Traktion

Porsche 911 Carrera 4S Coupe

Die Modellpflege hat dem Porsche 911 einen neuen Allradantrieb beschert. Das neue System reagiert so schnell, dass sogar auf den Heckantrieb eingeschworene Puristen begeistert sein dürfen, wie unser Test mit dem Carrera 4S zeigt.

Von Frank Mertens

Was? Gutes kann man nicht noch viel, viel besser machen? Vor allem dann nicht, wenn es sich um eine Ikone des Sportwagenbaus handelt? Absoluter Quatsch! Wer so etwas sagt und sich partout nicht vom Gegenteil überzeugen lassen will, dem sei dringend eine Fahrt im neuen Porsche 911 Carrera 4S empfohlen.

Wer danach aussteigt, wird grinsend eingestehen, dass Fahrspaß und Fahrdynamik doch noch zu steigern sind. Denn die Ingenieure haben den 911er neben stärkeren und sparsameren Motoren auch mit einem Doppelkupplungsgetriebe und einem elektronisch gesteuerten Allradantrieb nochmals aufgewertet.

Souveräne Traktion

Gut, der ein oder andere mag einwenden, dass man für einen 911er keinen Allradantrieb braucht. Schließlich biete ein Hecktriebler auf der Rennstrecke mit Blick auf die Präzision bei Lenkmanövern und der Fahrdynamik Vorteile. Doch seien wir ehrlich: Wie häufig ist man mit seinem Porsche schon auf der Rennstrecke? Eher selten. Für alle anderen, die ihren 911er unter Alltagsbedingungen bewegen, liegen die Vorteile auf der Hand. Vor allem dann, wenn der Untergrund nass oder mit Schnee bedeckt ist: Die Kraft des 3,8 Liter-Triebwerks mit 385 PS lässt sich nun einmal besser über vier als über zwei Räder auf die Straße bringen. Dass tat zwar auch der alte Allradantrieb, doch er tat es nicht so souverän wie der neue.

Cockpit im Porsche 911 Carrera 4S Foto: Porsche

Denn hier ersetzt das elektronische gesteuerte Porsche Traction Management (PTM) die Visco-Lamellenkupplung. Das PTM - das erstmals im Porsche 911 Turbo zum Einsatz kam - sorgt für spürbar bessere Fahrstabilität und ein agileres Handling gepaart mit einer glänzenden Traktion. In gerade einmal 100 Millisekunden entscheidet das PTM darüber, wohin die Kraft je nach Fahrsituation gelenkt wird. Für den Fahrer geschieht das so schnell, dass er die Kraftverteilung gar nicht mitbekommt.

Cabrio und Coupe des Porsche 911 Carrera 4S Foto: Porsche

Was Traktion heißt, zeigt sich insbesondere dann, wenn man das Gaspedal im Stand voll durchtritt: Wie die Spikes eines Sprinters auf der Tartanbahn krallen sich die 19 Zoll großen Reifen des 911 Carrera 4S Coupes in den Asphalt und katapultieren das Auto ohne Anstrengung in 4,5 Sekunden von 0 auf 100 km/h; mit gedrückter Sport-Plus-Taste erreicht er dieses Tempo sogar in 4,3 Sekunden. Die 200 km/h-Grenze ist nach 15,3 Sekunden erreicht. Die Höchstgeschwindigkeit ist bei 295 km/h erreicht.

Gute Verbrauchswerte

Die Scheinwerfer am Porsche 911 Carrera 4S Foto: AG/Mertens

Das sind Werte, die Fans schneller Autos in Verzückung geraten lassen - doch Porsche hat noch mehr zu bieten: nämlich gute Verbrauchswerte. So wurde die Leistung beim 3,6 Liter-Motor zwar um 20 PS auf nun 254 kW/345 PS (390 Nm) und beim 3,8 Liter-Motor um 30 PS auf 283 kW/385 PS (420 Nm) gesteigert, doch zugleich ging der Verbrauch zurück. Genehmigte sich das alte 911 Carrera 4 Coupe noch 11,6 Liter SuperPlus, sind es beim neuen «nur noch» 10,1 Liter. Das bedeutet eine Spritersparnis von 12,9 Prozent - Kompliment!

Der Porsche 911 Carrera 4S ist mit 235/35 ZR 19 Reigen bestückt Foto: AG/Mertens

Beim Carrera 4s liegt der Verbrauch auf 100 km bei 10,5 Litern, das sind 11,8 Prozent weniger als beim Vorgängermodell. Gelungen ist diese Spritersparnis durch eine moderne Benzin-Direkteinspritzung und das Doppelkupplungsgetriebe PDK: Während der Allrad-Carrera mit manuellem Sechsganggetriebe 11 Liter verbraucht, sind es mit PDK ein halber Liter weniger. Die C02-Emission liegt übrigens bei 247 Gramm pro Kilometer. Damit wird Porsche natürlich nicht zu einem klimafreundlichen Auto, doch für einen Sportwagen sind das mehr als beachtliche Verbrauchswerte!

Porsche Carrera 4S Foto: AG/Mertens

Wozu sollte man nun tendieren? Zu einem Carrera 4 oder einem Carrera 4S? Das ist egal. Jeder muss für sich entscheiden, was ihm 40 PS mehr wert sind. So steht die Basisversion des Coupes mit 89.577 Euro in der Preisliste, der 4S beginnt bei 100.525 Euro. Für das 911er 4S Cabrio werden 111.473 Euro fällig.

Über eines sollte man indes nicht diskutieren: über die Vorzüge des Allradantriebes. Er bietet schlichtweg die größeren Sicherheitsreserven: Das sollten sich viele Porsche-Fahrer bei der Kaufentscheidung vor Augen führen. Sicherheit sollte hier vor Purismus gehen. Auch mit Allradantrieb bleibt ein Porsche ein Porsche.

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