BMW M850i: Ein fast perfektes Sportcoupé

BMW M850i: Ein fast perfektes Sportcoupé
Optisch ein Genuss: der BMW 850i © BMW

Der BMW M850i sieht nicht nur ausgesprochen gut aus, sondern er fährt sich auch so. Das Sportcoupé der Münchner bringt alles mit, um seinen Fahrer zu begeistern, mit Abstrichen indes.

Wenn es um ein Sportcoupé geht, sollte der Antrieb ja eigentlich im Mittelpunkt stehen. Wir müssen hier aber unbedingt mit der Optik beginnen, weil uns unter den vielen gelungenen BMW-Designs das des M850i derzeit am besten gefällt. Warum dies einer besonderen Erwähnung wert ist? Nun, weil beim Betrachten der langen Motorhaube, der breiten Schultern, der prägnanten Niere und der wunderbaren, geschwungenen Dachlinie vor allem deutlich wird, was dem 6er als Vorgänger so gefehlt hat: Ausstrahlung, Präsenz, Souveränität.

Ach komm, dann verlieren wir doch gleich auch noch ein paar Worte über den Innenraum: fein gestaltet, sauber verarbeitet und – wie bei unserem Testwagen – mit einigen schönen Optionen. Beispiel Bedienelemente: Hier wird gegen Aufpreis etwa der Start-Stopp-Knopf, der Lautstärkeregler und besonders schön – weil mit einen beleuchteten „8“ verziert – der Gangwahlhebel mit diamantgeschliffenem Glas geliefert. Damit ist dann auch der Ton für den 850i gesetzt, der mehr Gentlemen-Coupé als rasender Roland ist und der trotz all seiner Kraft eher für schnell-entspanntes Gleiten als für wilde Kurvenhatz steht.

Ein Reisegefährt – für zwei

Ein Reise-Mobil der allerhöchsten Ausprägung eben, auch wenn mit „Reisen“ immer die Fahrt zu zweit gemeint sein muss. Denn das hintere Gestühl kann man wohl als „In-allerhöchster-Not-Sitze“ bezeichnen, hier werden nur derart kleine Menschen Platz finden, die eigentlich noch in die Baby-Trageschale gehören. Also besser gleich die Rücklehnen umklappen und zwei zusätzliche Koffer mit Cocktail- und Abendkleidern einpacken. Die passen auf jeden Fall besser zum Fahrzeug als Wanderklamotten.

Der BMW 850i bietet ein funktionales Cockpit. Foto: BMW

Nehmen wir also in den komfortablen Sportsitzen (kein Widerspruch!) Platz und kommen zum Wesentlichen. Also zum Antrieb. Die Basisingredienzien stimmen schon mal: Ein bäriger 4,4-Liter-V8-Motor mit 530 PS Leistung und fast schon erschreckenden 750 Newtonmetern Drehmoment – die bereits bei 1.800 Umdrehungen erreicht sind – trifft auf eine aufmerksame Achtgang-Automatik. Hier beweist BMW einmal mehr besondere Expertise, denn sowohl in Sachen Schaltschnelligkeit wie auch Gangspreizung passt das Getriebe perfekt. Die Fahrleistungen werden dabei zur Nebensache, auch wenn 3,7 Sekunden für den Standardspurt schon ein Wort sind. Dass bei Tempo 250 vernünftigerweise abgeregelt wird, sei hier nur am Rande erwähnt.

Fast zwei Tonnen Leergewicht

Qualifiziert sich dieser BMW, immerhin mit Allradantrieb, damit zu einem Sportwagen oder zumindest zum hochalpinen Kurvenräuber? Die Antwort lautet (leider): weder noch. Als Sportwagen fehlt es dem BMW M850i an Leichtigkeit im tatsächlichen wie im übertragenen Sinn. Der V8-Motor lastet schwer auf der Vorderachse und trägt seinen Teil zum beachtlichen Leergewicht von 1.965 Kilo bei. Da fällt es dem Bayern natürlich schwer, so unmittelbar mit seinem Fahrer zu kommunizieren, wie es etwa ein ähnlich leistungsstarker, aber auch 400 Kilogramm leichterer Porsche 911 Turbo kann.

Ob das ein Nachteil ist, muss der Fahrer bzw. der Käufer selbst entscheiden – es hängt letztlich von der Erwartungshaltung ab. Der BMW ist eben kein Sportwagen, sondern ein sehr, sehr sportlicher GT. Wer ihn richtig bewegt, spürt und genießt die jederzeit abrufbaren Reserven aus dem schier unendlichen Drehmomentreservoir und die souveräne Traktion des Allraders.

Damit lässt es sich ungeahnt entspannt reisen und bei Bedarf ist auch mal ein Lkw auf der Landstraße in gefühlten Zehntelsekunden überholt. Da man aber auch als 850i-Besitzer kaum ständig im Urlaubsmodus unterwegs ist, wird man den hohen Grundkomfort des Fahrzeugs kaum überschätzen. Wobei es der Fahrer natürlich auch drauf anlegen kann: Wer in den Sport-Plus-Modus wechselt erlebt mehr Agilität, eine schnellere Gasannahme und mehr Sound. Aber irgendwie passt das Fahrzeug dann nicht mehr zum souveränen Gentlemen-Driver, sondern wird schon zum Poser-Car.

Schieben über die Vorderachse

Das knackige Heck des BMW 850i. Foto: BMW

Aber Leistung hin, Lautstärke her: Der 850er kann natürlich nie aus seiner Haut. Das Gewicht schiebt das Fahrzeug in Kurven über die Vorderachse, hinzu kommt die Breite des Fahrzeugs, die fehlende Übersichtlichkeit, der große Wendekreis und die für ein solches Fahrzeug etwas zu wenig Rückmeldung gebende Lenkung, die ein echtes Sportwagen-Feeling verhindern.

Was noch? Ach ja, der Preis. Abgerundet 125.000 Euro ruft BMW auf, unser Testwagen näherte sich eher der 150.000er-Grenze. Über die Preise deutscher Premium-Hersteller kann man sich immer aufregen, aber bei diesem Fahrzeug muss man einfach sagen: Kauf es, oder lass es bleiben. Wer hier anfängt, statt PS die Penunzen zu zählen, denkt einfach über das falsche Fahrzeug nach. Der neue 3er ist übrigens auch ganz nett geworden. (SP-X)

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