BMW iX3: Auf Nummer sicher mit einem E-SUV

BMW iX3: Auf Nummer sicher mit einem E-SUV
Emissionsfrei durch den Englischen Garten: der BMW iX3. © Daniel Kraus

BMW hat sich mit dem zweiten Elektroauto nach dem i3 viel Zeit gelassen, zu viel Zeit, meinen Kritiker. Nun kommt der iX3 auf den Markt.

BMW hat sich der Nachhaltigkeit verschrieben. Doch damit ist man nicht allein, denn es gibt inzwischen kaum noch einen Autobauer, der sich nicht öffentlich zu den Klimazielen des Pariser Abkommens bekennt. Es ist ein überraschendes Bekenntnis einer Branche, die sich lange Zeit schwer mit der Transformation getan hat. Statt frühzeitig den Weg in die Elektromobilität zu gehen, hat man lieber an dem festgehalten, was Jahrzehnte als Geschäftsmodell funktioniert hat: Modelle mit Verbrennungsmotor.

Doch den Herstellern bleibt angesichts immer strenger werdender CO2-Grenzwerte nichts übrig, diesen Weg zu gehen. Wer sich ihm verweigert, dem drohen bei Überschreiten der Flottengrenzwerte von 95 g/km bis zum Jahr 2021 Strafzahlungen. Doch damit nicht genug: Bereits bis 2030 sehen die bisherigen CO2-Grenzwerte eine Reduktion von 37,5 Prozent vor. Derzeit fordert das EU-Parlament, die Treibhausgasemissionen bis Ende des Jahrzehnts sogar um bis zu 60 Prozent zu reduzieren. Das eine oder das andere Ziel ist nur mit einer entsprechenden Zahl elektrifizierter Modelle zu erreichen.

Für BMW ist der i3 eine Erfolgsgeschichte

Blick auf das Cockpit des BMW iX3. Foto: Daniel Kraus/BMW

In München hat man früh erkannt, dass die Zukunft elektrisch ist. Entsprechend brachte man 2013 mit dem i3 das erste reine Elektroauto auf den Markt. Das Design und der gesamte Nachhaltigkeitsansatz hatte seinerzeit für Aufsehen gesorgt. Seit dem Marktstart vor sieben Jahren wurden vom i3 mittlerweile mehr als 200.000 Fahrzeuge abgesetzt. BMW spricht mit Blick auf seinen kleinen Stromer von einer Erfolgsgeschichte.

Mit dem i3 gehörten die Bayern damals zu den Vorreitern bei der E-Mobilität. Doch diese Vorreiterrolle hat BMW nicht genutzt – was man dort natürlich ganz anders sieht. Vielmehr verweist man darauf, dass bereits heute 13,3 Prozent aller europaweiten Neuzulassungen der Marken BMW und Mini elektrifiziert, also entweder rein elektrisch oder mit einem Plug-in-Hybrid unterwegs seien. Das sei das 1,5-fache des durchschnittlichen Anteils aller Marken, stellt BMW fest. Dabei soll es nicht bleiben: Bis Ende 2021 soll der Anteil bereits bei 25 Prozent und 2030 bei der Hälfte liegen: Davon sollen zwei Drittel rein elektrische Fahrzeuge sein. So will BMW bis 2030 weltweit mehr als sieben Millionen elektrifizierte Fahrzeuge absetzen. Durch diesen massiven Ausbau der E-Mobilität sollen die CO2-Emissionen pro Kilometer bis dahin um rund 40 Prozent reduziert werden.

In München ist man optimistisch, dass der Höhenflug der elektrifizierten Fahrzeuge anhält. Nachdem BMW bis 2019 weltweit bereits mehr als 500.000 elektrifizierte Fahrzeuge absetzen konnte, erwartet man bis Ende 2021 mehr als eine Million.

Weiter mit Mitteltunnel

Zum Erreichen dieser Ziele soll insbesondere der iX3, das elektrische Pendant des X3, beitragen. Es war das im Vorjahr noch vor dem 3er weltweit meistverkaufte Modell der Münchner. Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht. dass BMW statt eines neuen innovativen Modells wie seinerzeit dem i3 mit dem iX3 auf Nummer sicher geht – und sich für das SUV-Segment entschieden hat. Es ist nach wie vor das am schnellsten wachsende Segment, sagt Rebecca Groß, die Projektmanagerin des iX3. Entsprechend verspricht sich BMW auch hohe Stückzahlen und damit einen hohen Anteil an den CO2-Einsparungen durch den iX3.

Als elektrisches Pendant zum X3 basiert der iX3 auf der gleichen Plattform wie sein Verbrennerkollege. Damit folgen die Münchner ihrem Ansatz des „Power of Choice“: Auf einer Plattform bietet man seinen Kundinnen und Kunden Modelle an, die sowohl mit Benzin- oder Dieselmotor, Plug-in-Hybrid oder eben rein batterieelektrisch bestellt werden können. Der X3 ist dabei das erste Modell des Portfolios, das mit allen Antrieben zu haben ist. Modelle wie der 7er, der 5er oder der 1er werden folgen.

Aufgrund dieser Plattformstrategie ist der iX3 auch noch mit einem Mitteltunnel unterwegs, der bei reinen E-Autos nicht benötigt wird. Dort wo bei Verbrennern Auspuff, Kardanwelle oder Getriebe verlaufen, sind beim iX3 die Hochvoltleitungen untergebracht, sagt Denny Wahle, der Projektleiter des iX3. Angesichts der Vorteile, die diese Strategie BMW bietet – nämlich Fahrzeuge wie dem iX3 auf dem gleichen Band zu fertigen wie die Verbrenner – sei das leicht eingeschränkte Platzangebot im Fußraum für die Passagiere im Fond zu vernachlässigen, so Wahle.

Der iX3 ist der elektrische Bruder des BMW X3. Foto: Daniel Kraus/BMW

Für Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer habe BMW seine Vorreiterrolle bei der E-Mobilität nicht genutzt. „Es braucht für die E-Mobilität eine eigene Plattform“, stellt Dudenhöffer fest. „Tesla hat es vorgemacht, VW hat es mit seiner ID-Familie nachgemacht. Deren Modelle beruhen auf für die E-Mobilität entwickelten Plattformen.“ Dass BMW auf die Strategie „Power of Choice“ setze, heiße doch nichts anderes, dass man seine Fabriken auslasten will, „doch einen Hybridplattform stellt immer einen Kompromiss dar“. Eine reine für die E-Mobilität entwickelte Plattform wie beim i3 wird es auch auf absehbare Zeit bei BMW nicht geben, wie ein Sprecher sagte. So wird der im nächsten Jahr auf den Markt kommende i4 auch weiterhin die Möglichkeit bieten, dort verschiedene Antriebe zu integrieren. Der darauf folgende iNext ist zwar nur für den reinen E-Antrieb und die Integrationen autonomer Fahrfunktionen inklusive des dazu passenden Innenraums konzipiert, aber auch er basiert nicht auf einer reinen E-Plattform.

Dafür wird in beiden Modellen wie im iX3 die neue eDrive-Technologie der 5. Generation zum Einsatz kommen. Sie sorgt nicht nur für eine gute Kraftentfaltung des 286 PS starken Elektromotors, sondern zugleich auch für eine größere Energiedichte des Hochvoltspeichers. „Bei der Entwicklung des iX3 stand vor allem seine Effizienz im Vordergrund“, berichtet Wahle. Und effizient ist er, der iX3. Der Verbrauch des über eine 74 kWh starke Batterie verfügenden Elektro-SUVs wird mit 18,5 bis 19,5 kWh auf 100 Kilometer nach dem neuen Verbrauchszyklus WLTP angegeben. Bei den Testfahrten über die Autobahn und durch die Münchner Innenstadt im Eco Pro-Modus zeigte der Bordcomputer 18,1 kWh an. Für ein Auto mit einem Leergewicht von rund 2,2 Tonnen (davon entfallen 520 Kilogramm auf die Batterie) ist dies ein guter Wert. Mit den angegebenen WLTP-Verbräuchen soll eine Reichweite von bis zu 460 Kilometer möglich sein.

Reichweite optimiert

Zur Erreichung dieses Wertes haben die Entwickler viel Detailarbeit geleistet. So kommen beispielsweise Aerodynamik-Räder zum Einsatz. „Sie reduzieren zusammen mit den Aircurtains den Luftwiderstand um 5 Prozent und ermöglichen so eine zusätzliche Reichweite von zehn Kilometer“, wie Lorenz Niklas berichtet, der Leiter Driveability. Zudem sorge die so genannte adaptive Rekuperation für eine weitere Effizienzsteigerung und einen Steigerung des Fahrkomforts.

Das System sorgt mithilfe von den Sensoren der Fahrassistenzsysteme und den Navigationsdaten dafür, dass die Bremsenergierückgewinnung sich an die entsprechende Verkehrssituation anpasst. Nähert man sich beispielsweise einem Kreisverkehr oder einem vorausfahrenden Fahrzeug, wird die Rekuperation in einem möglichst hohem Umfang genutzt und so Energie in den Hochvoltspeicher zurückgeführt, wie Niklas erläutert. Ist man auf freier Strecke unterwegs, wird die Segelfunktion aktiviert, sobald der Fahrer den Fuß vom Gas nimmt. Das alles funktioniert wirklich gut, kennt man aber ebenso von anderen Herstellern.

Der iX3 ist nach dem i3 das zweite Elektromodell der Kernmarke BMW. Foto: Daniel Kraus/BMW

BMW hat sich beim iX3 bemüht, weitere kritische Aspekte rund um das nachhaltige Auto zu verbessern. So konnten die Münchner den Anteil von Kobalt bei der Herstellung des Hochvoltspeichers auf ein Drittel reduzieren, sodass pro Kilowattstunde zwei Drittel weniger Kobalt zum Einsatz kommt. Bei der Beschaffung der Rohstoffe von Produzenten in Marokko und Australien setzt man zudem auf die Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards. Den Kundinnen und Kunden, die gern schwere SUV fahren wollen, will man noch vor dem Marktstart mit einem deutlichen Preisnachlass die Wahl für einen iX3 erleichtern. So wurde der Preis von 68.040 Euro (inkl. 16 Prozent Mehrwertsteuer auf 66.300 Euro (inkl. 19. Prozent Mehrwertsteuer) gesenkt.

Auch wenn man beim iX3 das Aha-Erlebnis vermisst, vermag der Neue mit seinem Fahrverhalten zu überzeugen. Dennoch muss sich BMW – wie auch andere Hersteller – die Frage stellen, inwieweit derart große SUVs dem eigenen Nachhaltigkeitsansatz nicht zuwider laufen.

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Frank Mertens
Nach dem Studium hat er in einer Nachrichtenagentur volontiert. Danach war er Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche.

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