Bentley Continental GT V8 S: Porsche als Vorbild

Prinzip "911"

Bentley Continental GT V8 S: Porsche als Vorbild
Für den Bentley Continental GT V8 S müssen 180.000 Euro investiert werden. © Bentley

Mit einer „S“-Variante des Achtzylinder-Continentals erweitert Bentley sein Produktangebot. Das Maß der Veränderung lässt vermuten: Die Spreizung der Modellpalette ist noch nicht abgeschlossen. Im Juni folgen die ersten Auslieferungen.

Von Axel F. Busse

Schaut man sich die Produktions-Entwicklung bei Bentley an, kann man Zweifel am Wahrheitsgehalt politischer Krisenretorik bekommen: Der englische Luxuswagen-Hersteller hat das vierte Jahr in Folge mit einem zweistelligen Zuwachs abgeschlossen und erstmals mehr als 10.000 Automobile ausgeliefert. In 54 Ländern der Welt bietet die Marke ihre Produkte durch eigene Händler an. Die USA bleiben dabei die größten Bentley-Liebhaber, China holt mächtig auf und auch die wohlhabenden Europäer gönnen sich gern mal wieder eine gediegene Luxuskarosse.

Bentley Continental GT V8 S sportlich orientiert

Das vor 95 Jahren gegründete und zeitweise zu Rolls Royce gehörende Unternehmen hat unter VW-Regie eine erstaunliche Entwicklung genommen. Gerade scheint es einen Weg einzuschlagen, den Porsche entwickelt und über Jahrzehnte erfolgreich gepflegt hat. Ausgehend von einem Basisfahrzeug wird eine Modellreihe immer weiter differenziert, bis Individualitäts-Wünsche der Kunden und Erlös-Erwartung des Herstellers in Einklang sind. Auch Lamborghini hat dieses "Prinzip 911" inzwischen angewandt.

Der neue Bentley Continental GT V8 S soll eine sportlich orientierte Kundschaft ansprechen und ist deshalb optisch wie ausstattungsmäßig etwas weniger auf erhabenen Luxus getrimmt, als das bei den Zwölfzylinder-Modellen oder den Limousinen der Fall ist. Eine Leistungssteigerung um 21 PS gehört ebenso zum Paket wie eine sportlichere Abstimmung und leichte Karosserieveränderungen. Kennzeichen sind unter anderem ein geschwärzter Wabengrill an der Front, eine zusätzliche Spoilerlippe am Bug sowie dezente Seitenschweller zwischen den Radhäusern. Spezielle 20-Zoll-Räder sorgen für Identität ebenso wie die schwarzen Außenspiegelkappen, am Heck wurde eine zusätzliche Schürze in gleicher Farbgebung installiert. Kontrastnähte, Karbonteile und ein farbiges Mittelteil im Dachhimmel werden im Innern verteilt, um weitere Unterscheidung zu gewährleisten.

Praller Auftritt des Bentley Continental GT V8 S

Der Startpreis von 180.285 Euro für das Coupé steuert die Auslese zwischen Interessenten und tatsächlichen Kunden. Das ebenfalls im Juni auf den deutschen Markt kommende Cabriolet kostet noch einmal knapp 18.000 Euro mehr. Dass angesichts der Vielfalt möglicher Sonderausstattungen ein Fahrzeug des neuen Typs für weniger als 200.000 Euro den Besitzer wechseln wird, darf bezweifelt werden. Mit 309 bzw. 308 km/h (für das Cabriolet) übertreffen die beiden Newcomer die für die Marke nicht unbedeutende 300er-Schwelle.

Das Fahrwerk ist gegenüber dem "Normal"-V8 um zehn Millimeter abgesenkt. Das klingt sportlicher als es tatsächlich sichtbar ist. Leichtmetallräder mit speziellem Speichen-Design und 20 Zoll Größe sorgen für einen prallen Auftritt. Selbstredend ist eine Luftfederung für den kommoden Fahrkomfort zuständig, mittels einstellbarer Dämpfer will es der Hersteller dem Kunden überlassen, den Charakter des Fahrzeugs je nach Tagesform zu verändern. Freilich wäre es eine Überlegung wert, den Regelbereich der möglichen Spreizung zwischen komfortabel und dynamisch noch etwas zu vergrößern und damit stärker erlebbar zu machen.

Bentley Continental GT V8 S als internationales Produkt

Für den Bentley Continetal GT V8 S müssen mindestens 180.000 Euro investiert werden.
Gut 2,5 Tonnen wiegt der Bentley Continental GT V8 S Bentley

Nach Auskunft der Ingenieure wurde außerdem die Übersetzung der Lenk-Servotronic so angeschärft, dass ein griffigeres und unmittelbares Einlenkgefühl entsteht. Nur 2,6 Umdrehungen braucht man mit dem lederbezogenen Volant, um von Anschlag zu Anschlag zu kommen. Der Allradantrieb teilt im Normalfall 60 Prozent der Antriebskraft der Hinterachse zu. Bedingt durch das hohe Gewicht ist in eilig genommenen Kurven ein zarter Anflug von Untersteuern wahrnehmbar. Gleichzeitig nimmt die Handlichkeit, mit der die schiere Masse dirigiert werden kann, aber auch einen beruhigenden Einfluss auf die Insassen.

Seinem Stammbaum nach repräsentiert der V8 S wie seine Schwestermodelle feine britische Lebensart, tatsächlich ist er ebenso wie sie ein absolut internationales Produkt. Die Karosserien liefert das sächsische VW-Werk in Mosel, das Vierliter-Aggregat stammt in seiner ursprünglichen Form aus Ingolstadt. Auf viel Erfahrung im Motorsport kann die englische Firma Alcon verweisen, die bis zu 420 Millimeter große Bremsscheiben nebst Acht-Kolben-Bremssättel liefert. Eine fast 2,5 Tonnen schwere Wuchtbrumme wie das Cabrio will halt zuverlässig im Zaum gehalten werden.

Bentley Continental GT V8 S unter fünf Sekunden auf 100

Für den Bentley Continetal GT V8 S müssen mindestens 180.000 Euro investiert werden.
Rund elf Liter bemötigt der Bentley Continental V8 S Bentley

Der von zwei Turboladern zwangsbeatmete Achtzylinder beherrscht alle Tonarten von sanftem Säuseln über verhaltenes Schnurren bis zu aggressivem Fauchen. Ein beherzter Tritt aufs rechte Pedal lässt ihn grimmig losbollern. Nahezu verzögerungsfrei setzt die ZF-Achtgang-Automatik die Fußbewegung in Vortrieb um. Ein Sprintwert von unter fünf Sekunden von null auf hundert rechnet den "S“-Bentley eindeutig den Supersportwagen zu. Auch wenn freies Geläuf selten geworden ist auf dem Erdball, besteht die Möglichkeit, sie bis auf 309 bzw. 308 km/h (Cabrio) zu jagen.

Die für das Fahrgefühl prägendste Eigenschaft ist Souveränität. Das gilt für Beschleunigung ebenso wie für Verzögerung. Das gemessene Gleiten über einen kurvigen Bergparcours mit dem versenkten Dach des Cabrios gehört zum Besten, was ein Autofahrerleben zu bieten haben kann. Auch wenn Bentley-Kunden in der Mehrzahl an perfekter Maserung der Holzintarsien am Armaturenbrett interessiert sein mögen und weniger am Verbrauch, versucht Bentley den Betrieb seiner Produkte so wirtschaftlich wie möglich zu machen. Unter den Laborbedingungen des Rollen-Prüfstands erreichte das Cabrio einen Wert von 10,9 Litern je 100 Kilometer, beim Coupé waren es noch 0,3 Liter weniger. Obwohl der V8 über eine Zylinderabschaltung verfügt, waren es am Ende einer ausgiebigen und entspannten Testfahrt im amerikanischen Westen immer noch 12,3 Liter.

Wichtige Funktion des Bentley Continental V8 S

Für den Bentley Continetal GT V8 S müssen mindestens 180.000 Euro investiert werden.
2,5 Tonnen muss der Bentley Continental GT V8 S bewegen Bentley

Wie schwierig es ist, eine mehr als zwei Tonnen schwere Fahrzeugmasse ohne Dach torsionssteif zu bekommen, demonstrierten auf unebenen Fahrbahnen leise Knarz- und Zirpgeräusche im Gebälk. Für Kunden, die ihre Freizeit gern auf Miet-Rennstrecken verbringen, würden sich direkt mit der Lenksäule verbundene Schaltpaddel wohl als wünschenswert erweisen. Im Übrigen bieten die Plastikhebel noch Anpassungspotenzial an die sie umgebende edel-luxuriöse Atmosphäre. Die soziale Komponente der Preislisten-Gestaltung manifestiert sich in der Position des Windschotts. Genauso wie die Käufer von Kompakt-Cabrios müssen auch Bentley-Kunden für diese Sonderausstattung einen Aufpreis entrichten.

Obwohl technisch und optisch mit eher überschaubaren Veränderungen versehen, erfüllt der Bentley Continental GT V8 S im Zusammenspiel mit seinen Markengefährten eine wichtige Funktion: Er trägt zur Differenzierung des Angebots bei, schafft gleichzeitig neue Nachfrage bei jenen, die ohne pekuniäre Rücksichten stets das neueste Luxusgefährt besitzen müssen.

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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