Auf der Suche nach dem G-Punkt

Die Corvette hat sich längst vom Image eines Kiez-Fahrzeugs verabschiedet. Die überarbeitete sechste Generation dieses ur-amerikanischen Sportwagens wartet nun mit noch mehr Leistung auf.

Von Frank Mertens

Wer mit einer Corvette unterwegs ist, der will vor allem eines: auffallen. Von Zurückhaltung hält der Käufer dieses ur-amerikanischen Sportwagens wenig. Er will zeigen, was er hat - und dafür nimmt er Vorurteile in Kauf. Schließlich gilt dieses Fahrzeug vor allem als das Fortbewegungsmittel derjenigen, die ihr Geld im Rotlichtmilieu verdienen. Gilt? Totaler Quatsch! Dieses Klischee ist Vergangenheit.

Abschied vom Negativ-Image

Das Profil des Corvette-Kunden hat sich gewandelt - und das spätestens seit der Vorstellung der aktuellen C6 im Jahr 2004. «Seither haben wir dieses Imageproblem nicht mehr, ganz im Gegenteil», sagt Gerard Jansen, Geschäftsführer Corvette Europa. Für die, die dieser Aussage nicht trauen, präsentiert Jansen die jüngsten Marktstudien. «60 Prozent unser Kunden sind Akademiker, viele haben zudem einen Doktortitel.»

Vorn ist die Corvette C6 mit 18 Zoll Reifen der Dimenson 245/40 R 18 unterwegs Foto: AG/Mertens

Ohnehin, so fügt der Niederländer Jansen hinzu, sei dieses skizzierte Negativ-Image ein ausschließlich europäisches Problem gewesen. In den Staaten - und längst auch in Deutschland - genießt die Corvette Kultstatus. Anders lässt es sich auch nicht erklären, dass die Marke in seiner 55-jährigen Geschichte knapp 1,5 Millionen Fahrzeuge abgesetzt hat. Diese Erfolgsgeschichte soll nun die überarbeitete Version des C6 fortschreiben. Damit das gelingt, erhielt die Corvette noch mehr Leistung, ein überarbeitetes Getriebe, ein verbessertes Fahrwerk und einen wertigeren Innenraum.

437 PS unter der Haube

Der V8-Motor in der Corvette C6 Foto: AG/Mertens

Doch der Reihe nach: Der Hubraum des bekannten V8-Motors wurde von 5967 ccm auf 6162 ccm vergrößert, daraus resultiert ein Leistungszuwachs von 297 kW/404 PS auf nun 321 kW/437 PS. Nicht nur das: das maximale Drehmoment des komplett aus Aluminium gefertigten Achtzylinders erhöhte sich von 546 auf 585 Nm, die bei 4600 Umdrehungen in der Minute zur Verfügung stehen. Das hört sich nicht nur gut an, es fährt sich auch noch so.

Das Heck der Corvette C6 Foto: AG/Mertens

Wer das Gaspedal der Corvette durchdrückt, wird begleitet von dem satten Sound des V8 brachial in die Sportsitze gedrückt. Die Beschleunigungswerte belegen das: in 4,4 Sekunden schnellt die Tachonadel von 0 auf 100 km/h. Wer sich auf der Suche nach dem ultimativen Kick durch das knackig abgestimmte manuelle Sechsganggetriebe arbeitet, wird erst bei 306 km/h gestoppt. Als Verbrauch gibt der Hersteller 13,3 Liter an. Der C02-Wert liegt bei 316 Gramm pro Kilometer.

Direkt ansprechende Lenkung

Ein Blick ins Cockpit der Corvette C6 Foto: AG/Mertens

Höchstgeschwindigkeit ist das eine, Fahrdynamik das andere: doch auch hier braucht sich die Corvette nicht verstecken - die Lenkung verrichtet einen guten Job, spricht direkt an. Das Fahrwerk ist straff abgestimmt, aber durchaus komfortabel. Damit die Kraft auch auf die Straße gebracht wird, thront die 1459 Kilogramm leichte Corvette hinten auf 19 Zoll großen Reifen der Dimension 285/35 R 19, vorne sind es 245/40 R 18-Pneus. Kurz ein Wort zur Alltagstauglichkeit: Das Coupé hält im Kofferraum Platz 634 Liter Gepäck parat - für einen Sportwagen ein beachtlicher Wert, beim Cabrio sind es noch bis zu 295 Liter.

Dasn Head-up-Display in der Corvette C6 zeigt auch die Querbeschleunigung an Foto: AG/Mertens

Als nettes Gimmick hält die Corvette ein Head-up-Display für alle die parat, die sich gern auch mal als Rennfahrer fühlen wollen: es bietet unter anderem nicht nur Informationen zum Tempo, sondern auch zur Querbeschleunigung. So kann sich der ambitionierte Fahrer an den für ihn passenden G-Punkt heranarbeiten und sich so je nach Fahrstil in die Sportsitze pressen lassen. Apropos Sitze: Sie könnten für einen Sportwagen mit diesen Leistungen besser konturiert sein: vor allem bei der seitlichen Abstützung im Schulter- und Kniebereich sind sie nicht optimal. Nicht sehr stabil mutet zudem der mechanische Verstellhebel für die Rückenlehne an. Leider bietet der Hersteller auch gegen Aufpreis keine anderen Sitze an.

Innenraum wertiger

Eine Corvette C2 aus dem Jahr 1963 mit 300 PS Foto: AG/Mertens

Der Innenraum der Corvette wirkt durch die Verwendung neuer Materialien zwar wertiger als zuvor. Doch wer die Anmutung des Innenraums mit der eines Porsche vergleicht, stellt doch deutliche Unterschiede fest. Dafür kann der Kunde beim Kauf einer Corvette viel, viel Geld sparen. «Wir sind rund 26 Prozent günstiger als ein Porsche 911», sagt Jansen.

Die Corvette C6 Foto: Corvette

So kostet das von uns getestete Coupé 65.290 Euro - für ein Auto mit 437 PS ein wahres Schnäppchen. Insgesamt hofft Jansen in diesem Jahr in Europa mehr als die 1305 Einheiten aus dem Vorjahr absetzen zu können. «Über der Marke aus dem Vorjahr wollen wir auf jeden Fall liegen.» In Deutschland sollen mehr als 500 Fahrzeuge verkauft werden. Die Chancen dürften nicht schlecht stehen. Schließlich spricht bei diesem Preis-Leistungs-Verhältnis vieles für eine Corvette. Wo sonst gibt es schon soviel PS für so wenig Geld.

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