Audi emocion

Seat Exeo

Audi emocion
Der Seat Exeo © Foto: Seat

Seat benutzt die Plattform der abgelaufenen Audi A4-Generation zum Einstieg in die Mittelklasse. Für erfahrene Seat-Spezialisten tut sich dabei eine neue Welt auf.

Von Thomas Flehmer

Geschwister können ein Lied davon singen, besonders die jüngsten Sprösse einer Familie. Sie müssen die Sachen der älteren Familienmitglieder auftragen, anstatt mit der neuesten Kollektion zu flanieren. Im großen VW-Konzern läuft es etwas anders. Denn anstatt Trübsal zu blasen, freut sich Seat über bereits getragene Plattformmodule der Konzernschwester Audi. Auf der Basis der abgelaufenen A4-Plattform betritt die spanische VW-Tochter im kommenden Jahr mit dem Exeo erstmals die Mittelklasse, die immerhin das drittgrößte Segment in Europa darstellt.

Logistische Meisterleistung

Um den Einstieg in die Mittelklasse zu gehen, mussten die Anlagen in Ingolstadt ab- und im spanischen Martorell in der Nähe von Barcelona aufgebaut werden. Insgesamt 1200 LKW-Fuhren waren nötig, um in acht Wochen die Maschinen über rund 1200 Kilometer zu überführen. Weitere sieben Wochen benötigte der Aufbau. «Eine logistische Meisterleistung», findet Projektleiter Wolfram Thomas.

Da der angepeilte Bedarf des Exeo bei weitem nicht an den Erfolg des A4 anknüpfen wird, haben die Verantwortlichen den zuvor auf 25.000 Quadratmetern und mehreren Hallen verteilten Fertigungsstand nun auf den Raum von 14.000 Quadratmetern und einer Halle minimiert und lediglich das Grundkonzept der Anlagen übernommen. «Wir brauchten die Lösung, die für uns von der wirtschaftlichen Seite am interessantesten ist und am besten bei uns hineinpasst», so Thomas.

30 Prozent neue Teile

Audi lässt grüßen Foto: Seat

Entstanden ist eine Limousine, die äußerlich und auch innen die Verwandtschaft zum A4 nicht verleugnen kann, auch wenn die Frontpartie und Heck individuell gestaltet wurden. Dass 30 Prozent der Teile, rund 1800 an der Zahl, neu sind, mutet an, als würde George W. Bush davon ausgehen, für eine dritte Amtszeit gewählt zu werden.

Sicher wurden viele Module wie die Teile für den Fußgängerschutz oder auch das Fahrwerk optimiert, doch der Schatten Audi ist immer zum Greifen nahe. Ebenso im Innenraum, obwohl die gut konturierten Sitze oder Instrumente aus dem hauseignen Baukasten entnommen wurden. Und auch die zum Marktstart Ende März/Anfang April 2009 angebotenen drei Motoren, zwei Benziner und ein Diesel, stammen aus der Wolfsburger Schmiede.

Kein Allrad und kein Cabrio

Ohne Seat-Zeichen könnte auch das Lenkrad als Ingolstädter Produkt durchgehen Foto: Seat

Mit dem 1,6 Liter großen Einstiegsbenziner und 102 PS wollen die Spanier die Kunden anlocken, die für die A4-Variante dann lediglich 21.990 Euro hinblättern müssen. Der alte A4 kostete in seiner Basisversion 24.500 Euro. Vom sportlichen Anspruch, den Seat seit jeher pflegt, muss mit diesem Aggregat allerdings Abschied genommen werden. Diesen Anspruch erfüllen dafür ab 27.990 Euro der 200 PS starke TFSI, der als A4 31.700 Euro kostete, und der ebenfalls zwei Liter große und nochmals 1000 Euro teurere TDI mit 170 PS, mit denen sehr wohl Audi-Gefühle erfahren werden.

Etwas lauter als mit den Originalen der Ingolstädter Produktion geht es in den Exeo-Vorserienmodellen schon zu. Doch bis zum Produktionsstart zum Jahreswechsel sollen die Geräusche nicht nur dank der Doppelverglasung besser gedämmt sein. Dagegen wird das Fahrwerk deutlich komfortabler ausgelegt bleiben, um die Wünsche auf dem Hauptmarkt Spanien zu erfüllen. Darum wird es auch keine Allradversion und auch keine Cabrio-Ausgabe geben, die in Spanien keine Rolle spielen.

Auf den Blickwinkel kommt es an

Spanisches aus Ingolstadt Foto: Seat

Doch auch auf dem deutschen Markt soll der Exeo, der sich vom Lateinischen Exire (= hinausgehen) ableitet, Seat neue Kunden bringen. Angst, dass potenzielle Interessenten einem etwaigen «alten Billig-Audi» die kalte Schulter zeigen, haben die Macher nicht. Denn im Gegensatz zum Audi A4, der sich in Ingolstadt in der Mitte der Modellpalette einreiht, avanciert der Exeo, dem ein halbes Jahr nach Marktstart die Kombivariante folgen soll, zum Flaggschiff und Aushängeschild.

Auf den Blickwinkel soll es nämlich ankommen. Bei Audi wird Premium als gegeben vorausgesetzt, bei Seat wird man über die dazu gewonnene Qualität, die Seat in diesem Maße bisher noch nicht vorzeigen konnte, staunen. Und so pocht Wolfram Thomas auch darauf, dass es sich beim Exeo nicht um einen abgelegten A4 handelt, sondern um eine optimierte und darum eigenständige Version. Denn nur die abgelegten Sachen der großen Geschwister will auch die kleine spanische Schwester nicht tragen.

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