Alpen-Test im Opel Zafira-e: Strom aufwärts

Alpen-Test im Opel Zafira-e: Strom aufwärts
Opel hat seine Vans Zafira-e und Vivaro-e elektrifiziert. © Opel

E-Autos taugen nur in der Ebene? Von wegen. Opel schickte Zafira-e und Vivaro-e zur Berg-Etappe in die Dolomiten.

Der Bordcomputer zeigt gut 300 Kilometer Reichweite und das Navigationssystem nennt fast 200 Kilometer bis zum Ziel. Selbst wenn wir uns so langsam daran gewöhnt haben, dass Theorie und Praxis bei Elektroautos bisweilen weit auseinanderliegen, sollte sich das normalerweise ausgehen. Aber das hier ist nicht normal. Denn die heutige Route führt nicht durch den Stadtverkehr, nicht über einen Autobahn-Ring in einer Metropolregion und auch nicht durchs Flachland.

Opel ist mit den Zwillingen Zafira-e und Vivaro-e angetreten, um zu beweisen, dass Akku-Autos auch in den Alpen taugen. Deshalb beginnt die Fahrt in Innsbruck und endet nach einem Abstecher über den Kronplatz in Bruneck – und dazwischen liegt nicht weniger als der 1370 Meter hohe Brenner-Pass, auf den von Norden her eine gut 30 Kilometer lange Rampe führt.

Auf der Steilstrecke kommt die E-Maschine an Grenzen

Steigungen sind einen Herausforderung für den Akku. Foto: Opel

Die kostet in den elektrischen Vans nicht nur reichlich Energie und die Reichweite schmilzt schneller dahin als Eis in der Sonne. Dafür braucht man auch Geduld. Denn wo man in der Stadt lässig mitschwimmt mit den beiden elektrischen Großraumlimousinen, kommt die E-Maschine mit ihren 136 PS auf der Steilstrecke an ihre Grenzen. Da mag man sich nicht vorstellen, wie es wäre, wenn man die knappe Tonne Nutzlast in der großen Kabine und die gleich große Anhängelast voll ausgeschöpft hätte.

Doch wie alles im Leben hat auch diese Langsamkeit ihre zwei Seiten – wo die Urlauber, die sonst über den Brenner brennen, als ginge es um den Platz fürs letzte Handtuch am Gardasee, surrt man mit Zafira und Vivaro ganz entspannt den Pass hinauf. Zumal es im Sommer dort ohnehin die meiste Zeit dichten Verkehr hat. Und auch ein paar Minuten später auf dem Weg hinab nach Südtirol, vorbei an Sterzing und Brixen ist das selbst gewählte Limit von Tempo 130 in Zafria und Vivaro diesmal unkritisch: Weder in Österreich noch in Italien darf man schneller fahren.

Große Scheiben, hohe Sitzposition

Der Fahrerarbeitsplatz ist ergonomisch eingerichtet. Foto: Opel

Statt auf den Tacho schaut man deshalb lieber aus dem Fenster und genießt ein Panorama, wie man es im Pkw selten zu sehen bekommt. Denn erstens sind die Scheiben bei den Vans viel größer, und zweitens ist die Sitzposition so hoch, dass man sogar über die allgegenwärtigen SUV hinweg schauen kann. Sollen sich die anderen doch die Stoßstange des Vordermanns anschauen oder die Aufkleber auf seiner Heckscheibe studieren, von hier oben geht der Blick ungehindert bis zur nächsten Bergkette.

Und das ist nicht der einzige Vorteil. Das buchstäblich größte Plus der beiden elektrischen Zwillinge ist ihr Platzangebot. Egal, ob man zum Ausflug in die Berge nicht nur die Kinder, sondern auch die Eltern mitnehmen, ob man seine Räder nicht leihen, sondern von zu Hause mitbringen möchte – muss sich bei bis zu neun Plätzen und knapp fünf Kubikmetern Stauraum niemand einschränken. Und bei einem Startpreis von 55.271 Euro bleibt dafür gemessen an den elektrischen Riesen der Pkw-Konkurrenz auch noch genügend Budget in der Reisekasse.

Im Gefälle wird kräftig rekuperiert

Bergab kann sich die 75-kWh-Batterie erholen. Foto: Opel

So rollen die elektrischen Opels also langsam, aber zielstrebig über den Alpenhauptkamm, und mit dem Gefälle hinunter nach Südtirol wächst auch die Reichweite wieder, klettert allein durch die Rekuperation und das Rollen lassen mal eben um 20, 30 Kilometer und das Etappenziel scheint plötzlich doch erreichbar. Und wo Zafira und Vivaro auf der Autobahn ein bisschen träge wirkten, profitiert der Fahrer auf der Bundesstraße Richtung Bruneck vom linearen Drehmoment-Aufbau. Denn hier, wo die heißblütigen Italiener nur bummeln, werden die Vans fast schon zu sportlichen Springern im dichten Verkehr und kämpfen sich mit ihren maximal 260 Nm selbst auf den kurzen Geraden tapfer vorbei an den Schleichern.

Dass solche Sprints Gift sind für die Reichweite, ist selbst hier unten in der E-Diaspora kein Schaden. Auch wenn im Pustertal die Infrastruktur nicht ganz so weit ist wie entlang der deutschen Autobahn, gibt es mittlerweile an jeder Gondelstation und vor den meisten Hotels ein paar Ladesäulen – und anders als daheim auf einem Autohof auch genügend Möglichkeiten, sich die Wartezeit zu vertreiben. Selbst wenn es dafür dann womöglich Muskelkraft braucht.

Oder noch ein bisschen mehr Geduld als die 48 Minuten, die Opel unter idealen Bedingungen als Ladezeit für die ersten 80 Prozent des 75 kWh-Akkus angibt. Ein paar Monate mehr, um genau zu sein. Dann wird sich dieses Problem bei Opel in Luft auflösen. Oder besser in Wasserstoff. Denn noch in diesem Jahr wollen die Hessen den Vivaro auch mit Brennstoffzellen anbieten und so das Beste aus zwei Welten vereinen – elektrisches Fahren ohne Emissionen mit über 400 Kilometern Reichweite und Tankstopps so kurz wie bei einem Diesel. (SP-X)

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