Chevrolet Camaro: Der Freunde-Finder

Muscle-Car mit 432 PS

Chevrolet Camaro: Der Freunde-Finder
Der Chevrolet Camaro ist unvernünftig, bereitet aber Freude. © Chevrolet

Über ein schlechtes Gewissen sollte man beim Fahren mit dem Chevrolet Camaro nicht verfügen. Das nicht gerade als umweltfreundlich geltende Muscle-Car brachte selbst fremde Menschen zusammen.

Von Peter Eck

"So viel Spaß für wenig Geld" sang einst die deutsche Pop-Gruppe "Die Prinzen". Gut, knapp 40 Tausender sind jetzt nicht wirklich wenig Geld. Aber gemessen am Gebotenen, ist das Chevrolet Camaro Coupé ein echtes Sonderangebot. Und es macht tatsächlich Spaß.

Chevrolet Camaro mit über 18 Litern Verbrauch auf 100 Kilometern

Zugegeben, als unser Testwagen kam, waren wir uns noch ein wenig unsicher. Was würden die Nachbarn, die Freunde, der restliche Straßenverkehr zu diesem amerikanischen Auto-Ur-Traum sagen? Immerhin ist der Camaro mit seinen 20-Zoll-Rädern, der hohen Gürtellinie mit entsprechend kleinen Seitenfenstern und seiner gelben Lackierung, die von zwei schwarzen Streifen auf der Motorhaube gekrönt werden, nicht nur optisch eine Herausforderung.

Auch der Antrieb fällt in die Rubrik "unvernünftig" bzw. "umweltunfreundlich": ein V8-Benziner mit 432 PS und einem schon offiziellen Durchschnittsverbrauch von 14,1 Litern. Wir sagen es lieber direkt: Wir lagen über zwei Wochen gerechnet deutlich über 18 Litern je 100 Kilometer.

Fahrwerk des Chevrolet Camaro für Europa überarbeitet

Der Chevrolet Camaro ist unvernünftig, bereitet aber Freude.
Der Innenraum des Chevrolet Camaro genügt europäischen ansprüchen Chevrolet

Aber das Camaro Coupé, es gibt ihn übrigens auch als Cabrio für 5000 Euro zusätzlich, ist eben nicht mit normalen Maßstäben zu messen. Es ist vielmehr auch in seiner aktuellen, 2010 in Deutschland vorgestellten Generation immer noch der Inbegriff eines amerikanischen Muscle-Cars.

Wobei man sagen muss, dass die GM-Tochter Chevrolet ihre Ikone deutlich verbessert hat. Das Fahrwerk wurde für Europa sogar komplett überarbeitet, die Materialien im Innenraum haben natürlich keine BMW- oder Mercedes-Qualität, können sich aber im Wortsinn sehen lassen. Die Lenkung ist ausreichend direkt, die Sitze sind okay und die Sicherheitsausstattung komplett. Mit anderen Worten: Der Camaro ist für die Ansprüche europäischer und speziell deutscher Autofahrer so gut gerüstet wie noch nie.

Viel Fahrspaß beim Cruisen im Chevrolet Camaro

Der Chevrolet Camaro ist unvernünftig, bereitet aber Freude.
Sehnsuchtserfüllung im Chevrolet Camaro Chevrolet

Okay, wer ein Auto mit einem solchen Motor für 38.990 Euro Grundpreis inklusive Leder, Head-up-Display, Klimaanlage, kleiner Rückfahrkamera im automatisch abblendenden Innenspiegel, CD-Radio und Parkassistenten anbietet, muss auch irgendwo sparen. So schließlich sich zum Beispiel der Kofferraumdeckel ähnlich hart und blechern wie der eines Opel Rekord aus Baujahr 1972 – immerhin ja auch ein Fahrzeug von GM.

Aber alle gute Ausstattung und alle kleinen Mängel werden überstrahlt vom Antrieb. Wobei der Camaro gar nicht unbedingt vollen Auslauf benötigt. Klar, der 6,2-Liter-Motor beschleunigt den 1,8-Tonner problemlos in 5,2 Sekunden auf Tempo 100 und auf Wunsch bis auf 250 km/h, wobei man übrigens auch bei der Höchstgeschwindigkeit anders als früher keine Ängste ausstehen muss. Aber so richtig Spaß macht der Chevrolet beim Cruisen, wenn man die Achtzylinder zufrieden vor sich hin brabbeln hört. Nur darf man nicht "cheap" sein, wie man in den Staaten das geizig sein umschreibt. Sehr schnell bewegt sich der Spritkonsum Richtung 20 Liter und selbst beim Cruisen wird der Normverbrauch niemals erreicht.

Chevrolet Camaro keiner für die Alpen

Der Chevrolet Camaro ist unvernünftig, bereitet aber Freude.
Chevrolet Camaro mit unübertroffenem Preis-Leistungsverhältnis Chevrolet

Außerdem ist der Camaro, das muss an dieser Stelle auch klar gesagt werden, kein Auto für die große Tour etwa durch die Alpen. Dafür ist der Zweitürer einfach nicht handlich genug, was sich unter anderem in 11,50 Meter Wendekreis niederschlägt. Aber letztlich sieht man aus dem Camaro heraus auch einfach nicht gut genug. Genug von der Straße und genug von der endlos langen Motorhaube aber doch – und das ist ja schließlich die Hauptsache.

Und was die Reaktion auf dieses Auto angeht: Wir waren sehr überrascht. Wer das Auto nicht mag oder seinen Verbrauch vorsintflutlich fand, behielt das offensichtlich für sich. Dafür lernen wir nette Menschen kennen, die selbst ein solches Fahrzeug in der Garage haben oder hatten, oder die schon lange von diesem Ur-Amerikaner träumen. Dazu gab es unaufgefordert viele Geschichten und Geschichtchen, so dass wir uns zwecks Einhaltung von Terminen vom einen oder anderen Gesprächspartner auf dem Parkplatz vor der Post fast schon unhöflich abrupt verabschieden mussten.

Auch in dieser Hinsicht hat uns die Zeit mit dem Camaro also überrascht. Das Fahrzeug selbst ist in seinem Preis-/Leistungsverhältnis ohnehin unübertroffen. Soviel Motor, soviel Ausstattung zu diesem Preis: Da muss man über kleinere Schwächen bei Material und Verarbeitung einfach hinwegsehen. Wer jemals über die Anschaffung eines Camaro gegrübelt hat und seine Euros unter die Leute bringen will – jetzt wäre eine gute Zeit dazu. (SP-X)

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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