Bentley Flying Spur Plug-in-Hybrid: Sporn mit Stecker

Bentley Flying Spur Plug-in-Hybrid: Sporn mit Stecker
Im Sommer bringt Bentley den Flying Spur als Plug-in-Hybriden (PHEV) auf den Markt © Bentley

Die britische Nobelschmiede Bentley steht unter Strom. Zumindest ein bisschen. Erst bekam der Bentayga ein Doppelherz – nun ist der Flying Spur an der Reihe.

Akustisch muss man sich im Zeichen des geflügelten „B“ ein wenig umstellen. Wo sich bislang laut und souverän ein V8 oder oft sogar ein W12-Motor Gehör verschafft hat, säuselt bei nur noch ein E-Motor, der im Getriebe integriert ist. Schließlich ist Bentley auf dem Weg zum ersten Luxushersteller mit neutralem CO2-Haushalt und legt deshalb jetzt auch den Flying Spur an die Leine: Als zweites Modell nach dem Bentayga und lange vor Rolls-Royce Ghost oder der Maybach-Version der S-Klasse gibt es den langen Bentley jetzt auch als Plug-in-Hybrid.

Zwar steht die offizielle Homologation noch aus – und mit ihr der finale Verbrauch. Doch der Vorteil dürfte gewaltig sein, kommt doch der V8 als bislang sparsamstes Modell auf einen Normwert von 12,7 Litern. Und meist wartet auf die begüterten Kunden sowohl daheim als auch am Ziel ihrer Reise meist eine Wallbox. Da ist in zweieinhalb Stunden der leere Akku wieder voll.

Himmlische Ruhe für 211.000 Euro

Die maximale Systemleistung kommt auf 544 PS und 750 Nm. Foto: Bentley

Mehr Ruhe in der Hektik der Großstadt und fürs Gewissen, mehr Komfort und mehr Gefühl – das haben die Entwickler im Blick gehabt. Mehr gilt allerdings auch für den Preis: Denn mit knapp 211.000 Euro kostet der Plug-in mit seinem Sechszylinder rund zehn Prozent mehr als die V8-Limousine. Dafür gibt’s Ruhe satt. Nicht, dass der Flying Spur bislang sonderlich laut gewesen wäre. Doch fällt das Geräuschniveau im E-Modus noch einmal um 50 Prozent – und vor allem im Fond fühlt es sich das so an, als würde man ein paar dicke Kopfhörer aufsetzen und die Welt da draußen gar vollends aussperren.

Doch die bisweilen fast bedrückende Stille ist nicht der einzige neue Sinneseindruck für die betuchte Kundschaft. Die Finger fühlen völlig neue Materialien: Wo es sonst nur Holz, Metall und Leder oder in den Sportversionen auch mal Karbon gab, gleiten die Hände nun erstmals seit Urzeiten sogar über vermeintlich schnöden Stoff. Doch keine Sorge: Die Briten reiten nicht auf der Sparwelle. Und ein veganes Innenleben wird es bei der Luxusmarke so schnell auch noch nicht geben. Doch experimentieren sie zumindest in der Erstauflage ihres neuen Saubermannes mal mit ein paar neuen Materialien und haben die Sitzrücken deshalb mit der Wolle britischer Bio-Schafe bezogen.

Inbegriff luxuriöser Opulenz

Innen geht es gewohnt gediegen und edel zu. Foto: Bentley

„Nachhaltigkeit hört bei uns nicht mit den Motoren auf“, beschreibt Produktionsvorstand Peter Bosch diesen Ansatz. Das ist neben den Schriftzügen in den Einstiegsleisten und der himmlischen Ruhe im Fond so ziemlich das einzige, woran die Passagiere den Hybrid erkennen können. Selbst die pfundschweren Aschenbecher als Inbegriff luxuriöser Opulenz sind auf Wunsch natürlich wieder an Bord. Von den hydraulisch gedämpften Orgelzügen für die Klimaausströmer ganz zu schweigen.

Für den Fahrer sieht das nicht viel anders aus. Denn von einer weiteren Anzeige im Cockpit, der Reichweitengrafik auf der Navigation und einem Untermenü für die Akkuladung abgesehen gleicht der Plug-in den Verbrennern. Erst wenn sich der rechte Fuß senkt, spürt man einen Unterschied. Und zwar egal, ob man das Pedal nun streichelt, oder fest ans Bodenblech heftet. Im ersten Fall ist er durchaus positiv, weil der E-Motor nicht nur still ist, sondern auch wunderbar sämig anfährt mit seinem sofort abrufbaren Drehmoment von immerhin 400 Nm. Vor allem im Stop-And-Go-Verkehr wird das Dickschiff zum großen Gleiter. Und selbst wenn die Lücken länger werden, bringt das den Stromer nicht aus dem Konzept: Trotz der 2,5 Tonnen fährt er schließlich bis knapp Tempo 140 elektrisch.

Allradantrieb und Allradlenkung

Die Ruhe ist neben den Schriftzügen in den Einstiegsleisten so ziemlich das einzige Erkennungsmerkmal. Foto: Bentley

Natürlich kann man den Flying Spur auch richtig fliegen lassen. Die Limousine ist für ihr Gewicht und ihr Format zwar überraschend handlich – nicht zuletzt, weil die vier Räder nicht nur alle angetrieben, sondern auch einzeln gelenkt werden. An den Fahrleistungen gibt es bei einem Sprintwert von 4,3 Sekunden und einem Spitzentempo von 285 Stundenkilometer genauso wenig auszusetzen wie an der Systemleistung von 544 PS oder dem vereinten Drehmoment von 750 Nm.

Nicht ohne Grund kommt – anders als beim Bentayga – statt des 3,0 Liter großen Mono-Turbos mit 340 PS der modernere und stärkere 2,9-Liter-V6 zum Einsatz, der mit zwei Ladern auf 416 PS kommt. Und natürlich bäumt sich der Bentley beim Kickdown pflichtschuldig auf, bevor er davonschnellt wie der fliegende Sporn, der ihm seinen Namen gegeben hat. Doch klingt er dabei viel weniger souverän als man es von den Briten gewohnt ist. Fast wirkt er sogar ein bisschen angestrengt. (SP-X)

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