EU-Kommissar Canete: Ich habe der Industrie zugehört

Neue CO2-Grenzwerte bis 2030

EU-Kommissar Canete: Ich habe der Industrie zugehört
EU-Kommissar Miguel Arias Canete. © dpa

Die EU hat neue CO2-Grenzwerte bis zum Jahr 2030 beschlossen. So müssen Autos bis dahin 30 Prozent weniger CO2 ausstoßen. Kritik kam nicht nur von den Grünen.

Die EU-Kommission hat am Mittwoch ihren Vorschlag für schärfere CO2-Grenzwerte für Autos beschlossen. Sie sieht 30 Prozent weniger Kohlendioxid aus dem Auspuff bis 2030 vor. Die Neuregelung werde nicht nur den Klimawandel bekämpfen und die Luft in Europas Städten verbessern, sondern Verbrauchern auch Hunderte von Euro an Einsparungen an der Zapfsäule bringen, sagte Klimakommissar Miguel Arias Cañete.

Wesentliche Punkte waren bereits am Dienstag vorab bekannt geworden. So sollen Neuwagen bis zum Jahr 2025 im Schnitt zunächst 15 Prozent weniger Kohlendioxid ausstoßen, bis 2030 dann 30 Prozent weniger. Sonst drohen den Autobauern deftige Strafen. Arias Cañete betonte, die Einhaltung der Ziele werde künftig strenger kontrolliert. Dazu würden Verbrauchsanzeigen für alle Neuwagen vorgeschrieben.

Kritik von den Grünen

Angesichts der nun beschlossenen Minderungsziele kommt Kritik von den Grünen. Sie werfen der EU-Kommission vor, unter dem Druck der Autolobby eingeknickt zu sein. „Mit dem Vorschlag rückt der Umstieg auf einen sauberen Autoverkehr in weite Ferne. Der Vorschlag hilft nicht der nachhaltigen Mobilität, sondern nur dem klimaschädlichen Verbrennungsmotor.“, sagte der verkehrspolitische Sprecher der Grünen, Stephan Kühn. Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer bezeichnete den Vorschlag der EU-Kommission als Mogelpackung. «Ganz offensichtlich haben die Lobbyverbände der Automobilwirtschaft bei der Kommission mal wieder ganze Arbeit geleistet», so Krischer. Wie der Grünenpolitiker hinzufügte, seien die Minderungsziele unambitioniert. „Statt wachsweicher Reduktionsziele brauchen wir absolute und ambitionierte Grenzwerte, um den CO2-Ausstoß neuer Fahrzeuge wirksam zu verringern.“

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace reagierte ebenfalls mit Kritik auf den EU-Plänen. „Mit diesen laschen Vorgaben braucht sich die Autoindustrie auch künftig nicht um den Schutz des Klimas zu scheren. Wenn wir die in Paris vereinbarten Klimaziele ernst nehmen, dürfen ab dem Jahr 2025 keine weiteren Autos mit Verbrennungsmotor mehr zugelassen werden. Die Kommission aber rechnet selbst 2030 noch mit 80 Prozent Verbrennern auf unseren Straßen. Das hat mehr mit Dieselschutz als mit Klimaschutz zu tun", sagte Greenpeace-Verkehrsexperte Benjamin Stephan. Wie er hinzufügte, dürfe die kommende Bundesregierung "diesem Vorschlag nicht zustimmen. Sie muss deutschen Hersteller mit einem klaren Ausstiegsdatum für den Verbrenner davor bewahren, noch länger in der Schmuddelecke der Klimazerstörer zu stehen.“

Neben den nun beschlossenen Minderungsziele will die Kommission bis 2030 möglichst 30 Prozent Neuwagen mit Elektro- oder anderen alternativen Antrieben auf die Straße bringen. Dafür stellt sie 800 Millionen Euro zum Ausbau von Ladestationen für Elektroautos in ganz Europa bereit. „Einziger Lichtblick sind die Fördertöpfe der Kommission zur Errichtung von Ladesäulen und zur Batterieforschung. Nun kommt es darauf an, Ladesäulen flächendeckend zu errichten und die Batterieforschung auf neue, zukunftsträchtige Generationen zu lenken“, sagte Kühn.

Anreizsystem für Hersteller

Für Hersteller plant die EU-Behörde ein Anreizsystem: Wenn die Konzerne ihren Anteil an Modellen mit wenig oder gar keinen Abgasen rasch steigern, sollen sie beim Erreichen der CO2-Ziele Bonuspunkte bekommen. Dies gilt, wenn 2025 mehr als 15 Prozent und 2030 mehr als 30 Prozent ihrer verkauften Flotte emissionsarm sind.

Schaffen die Hersteller diese Marktanteile nicht, müssen sie laut den Plänen der Kommission keine Sanktionen fürchten. Dagegen sollen die CO2-Vorgaben für 2025 und 2030 aber verbindlich sein und Verstöße mit hohen Geldstrafen belegt werden, so wie bisher auch schon.

Derzeit reichen die Regeln bis 2021. Dann dürfen alle Modelle eines Herstellers im Mittel nur 95 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen. Wird dieser Wert verfehlt, müssen die Autobauer 95 Euro pro Gramm und Fahrzeug bezahlen. Die neuen Zielvorgaben bauen darauf auf und gelten für die Jahre 2022 bis 2030. Künftig werden die Ziele aber nur noch in prozentualen Minderungsvorgaben ausgedrückt.Der CSU-Europabgeordneten Angelika Niebler geht der Vorschlag hingegen zu weit. Strengere Grenzwerte plus strengere Messmethoden seien im Paket «nicht akzeptabel». Die Limits müssten machbar bleiben.

Arias Cañete verteidigte das Paket im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. «Die Minderungsziele, die wir vorschlagen, lassen sich kosteneffizient erreichen», sagte der Kommissar. Er verwahrte sich auch gegen den Vorwurf, die Kommission sei vor der Autolobby eingeknickt. «Ich bin nicht unter Druck gesetzt worden, wir haben unsere Arbeit frei erledigt», sagte Arias Cañete. «Aber ich habe der Industrie zugehört, ich habe auf ihre Argumente gehört.» (AG/FM/dpa)

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