Der Erbschleicher des Diesels

Hoffnungen auf den Erdgas-Turbo

Erdgasautos haben Charme, aber noch mit vielen Vorurteilen zu kämpfen. Vielleicht wandelt sich das demnächst. Ab 2009 bauen Volkswagen beim Passat und Opel beim Zafira einen Erdgas-Turbo ein.

Von Martin Woldt

Könnte gut sein, dass die Automobilhersteller wieder mal einem Problem hinterher hinken. Denn während Benzin und Diesel in immer neue Preisregionen vorstoßen, entwickeln sich die Preise für Erdgas vergleichsweise verhalten. Aber Erdgasautos kann man gut an zwei Händen abzählen. Die Kraftstoffkosten wären zwar verlockend, aber Vorbehalte wegen der Sicherheit, mangelnder Reichweite und unterentwickeltem Fahrspaß hielten sich hartnäckig, erklären die Hersteller das bescheidene Angebot. Doch es keimt Hoffnung.

Fahrspaß auf gleichem Niveau

Während der Dieselmotor, zumindest nach Meinung einiger Experten, seinen Zenit bereits überschritten hat, dämmert eine neue Ära, die des Erdgasturbomotors. Die Kombination von Verbrennungsmotor, Turbolader und Direkteinspritzung macht es nun möglich, dass auch mit Erdgasautos bemerkenswerte Fahrleistungen erreicht werden. So bestätigt Matthias Leifheit, Chef der VW-Gasfahrzeuge Entwicklung, dass der für das kommende Frühjahr angekündigte Passat TSI Ecofuel auf dem gleichen Niveau wie die entsprechende Benzinvariante agiert: «Das Auto holt aus 1,4 Litern Hubraum 150 PS, entwickelt ein Drehmoment von 220 Newtonmetern, das es zwischen 1 500 und 4 800 Touren hält, ist 210 km/h schnell und hat im reinen Gasbetrieb eine Reichweite von 420 Kilometern.» Der Verbrauch soll aber nur 5,2 Kilogramm auf 100 Kilometer betragen. Das würde Kraftstoffkosten von fünf Euro auf dieser Strecke verursachen. Auch der von Opel kürzlich vorgestellte neue 1,6 CNG Turbo für den Zafira weist ähnliche Eckwerte aus: 150 PS, 210 Newtonmeter und eine Reichweite von 380 Kilometer. Die Produktmarketing-Experten sehen bereits Parallelen. «Die Entwicklung ist vergleichbar mit dem guten alten Diesel. Die Autos waren wirtschaftlich, aber wenig dynamisch», sagt Peter Weisheit von VW, «dieses Image änderte sich mit den ersten TDI-Motoren schlagartig.»

Noch unbekannte Kosten

Cockpit des Passat TSI Ecofuel Foto: Volkswagen

Das Image mag seinen besonderen Stellenwert haben. Die Frage wird aber auch sein, wie teuer die Anschaffung eines solchen spaßigen wie zugleich sparsamen Erdgasautos werden könnte? Der gegenwärtige Tankstellenpreis für ein Kilogramm CNG (Compressed Natural Gas) von etwa einem Euro ist noch verlockend. Aber schon ohne Turbo sind Erdgasautos heute nicht unbedingt preiswert. Kostet doch ein VW Touran Ecofuel mit 24.175 Euro genau 3.000 Euro mehr als das Einstiegsmodell bei teilweise schlechteren Fahrleistungen. Naturgemäß halten sich die Hersteller ein knappes Jahr vor der Markteinführung mit irgendwelchen Preisaussagen zurück.

Umfangreiche Änderungen

Da hilft vielleicht ein Blick auf die notwendigen Änderungen am Fahrzeug, die der Einsatz der Turbos mit sich bringt. Bei VW heißt es, dass «der Aufwand bei hoch aufgeladenen CNG-Motoren aufgrund der spezifischen Belastungen deutlich größer ist.» So mussten wegen der beim Gas fehlenden Schmierung die Ventile, die Nockenwelle, die Kolben und Pleuellager angepasst werden. Turbolader und Kompressor entsprächen den Komponenten der Serien-TSI. Bis auf einen kleineren Verdichter im Turbo, der notwendig wurde, weil der Energiegehalt im CNG-Abgas geringer ist. Außerdem erhielt der Katalysator eine veränderte Metallbeschichtung. Ein neuer Gasdruckregler musste entwickelt werden, der sowohl den sehr geringen Verbrauch im Leerlauf wie den hohen Durchsatz bei Volllast beherrscht.

Aufpreis für die Turbos?

Konzeptauto PGO Cévennes Turbo-CNG Foto: Bra GmbH

Die Entwickler bei Opel berichten darüber hinaus, dass wegen der hohen Fahrzeugdynamik die Chassisabstimmung neu angepasst werden musste, ESP und ABS neu eingeregelt wurden. In welchen Größenordnungen das alles beim Kunden ankommt, ist derzeit reine Spekulation. Aber wenn man sich die bisherige Preispolitik bei Volkswagen anschaut, muss man wohl mit etwa 800 bis 1 000 Euro Aufpreis rechnen. Ob der Erdgas-Turbo auch in weitere Modellreihen einzieht, steht gegenwärtig noch nicht fest. «Zunächst einmal wollen wir beobachten, wie sich der Passat auf dem Markt entwickelt. Wir sind jedoch bereits heute sehr positiv eingestellt», erklärt Sprecher Harthmuth Hoffmann.

Pläne in der Schublade

Neben VW und Opel, darf man wohl auch von Fiat demnächst die Ankündigung eines Ergas-Turboautos erwarten. Und auch bei Audi hat man mit für den A5 mit dem 2.0 T-CNG ein Konzeptfahrzeug in der Erprobung. Vermutlich nicht die letzten Worte in der Sache. Denn auf manche bedeutungsschwangere Frage liefert der Erdgas-Turbo Antworten. Da die Niedrigbesteuerung für Erdgas bis 2018 gesetzlich festgeschrieben ist, liegen die Kraftstoffkosten noch deutlich unter denen von Benzin- und Dieselmotoren. Während sich hier der Literpreis gegenwärtig um die 1,50 Euro pro Liter bewegt, kostet ein Kilogramm Erdgas an der Zapfsäule etwa einen Euro. Im Vergleich zu einem Benziner verursacht Erdgas 25 Prozent weniger Kohlendioxid. Im Vergleich zu einem Diesel entstehen kaum Rußpartikel und werden rund 70 Prozent weniger Stickoxide in die Umwelt verblasen.

Keine Beiträge vorhanden