Elektromobilität: Festhalten an utopischen Zielen

Eine Million Fahrzeuge bis 2020

Elektromobilität: Festhalten an utopischen Zielen
Peter Ramsauer (2. v.r.) plant eine Erhöhung der Bußgelder. © dpa

Deutschland träumt davon zum Leitmarkt und Leitanbieter für Elektromobilität zu werden. Das ist ein ambitioniertes Ziel. An diesen Mittwoch wurde in Berlin der dritte Bericht der Nationalen Plattform Elektromobilität vorgelegt.

Von Frank Mertens

Deutschland sieht sich gern als Leitmarkt für die Elektromobilität. So hat Bundeskanzlerin Angela Merkel bis zum Jahr 2020 das Ziel von einer Million Elektro-Autos auf den deutschen Straßen ausgegeben. Doch die Regierungschefin scheint möglicherweise von der Realität eingeholt zu werden. So wurden im vergangenen Jahr laut Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) gerade einmal 2154 Elektroautos neu zugelassen. Bei insgesamt 3,17 Millionen Pkw-Neuzulassungen in 2011 nimmt sich diese Zahl doch recht bescheiden aus.

Entsprechend der bisherigen Entwicklung wird in dem dritten Bericht der Nationalen Plattform-Elektromobilität (NPE), der an diesem Mittwoch Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) und Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer übergeben wurde, unter den jetzigen Rahmenbedingungen auch nur noch von einem Ziel von 600.000 Fahrzeugen ausgegangen.

„Um das gemeinsame Ziel von einer Million Elektrofahrzeugen bis 2020 zu erreichen, müssen gegebenenfalls die Rahmenbedingungen angepasst und geeignet nachgesteuert werden“, heißt es in dem Bericht. Mit anderen Worten: Die Bundesregierung muss die Elektromobilität stärker fördern, soll das selbstgesteckte Ziel auch wirklich erreicht werden. Bislang werden Kaufprämien, die es in anderen Ländern bereits gibt und die dort zwischen 5000 und 10.000 Euro liegen, von der Regierung abgelehnt.

Dudenhöffer: Startphase läuft miserabel

Für den Autoexperten Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen laufe die Startphase miserabel. "Die Elektromobilität ist in Deutschland dabei zu sterben", sagte Dudenhöffer laut der Nachrichtenagentur dpa. Für ihn seien die Pläne der Kanzlerin nichts weiter als Makulatur. "So wie es derzeit aussieht wird man froh sein, wenn man zehn Prozent des Ziels, also 100.000 Fahrzeuge erreicht."

Der Elektro-Smart wird rund 16.000 Euro netto kosten, die Batterie wird für 60 Euro zusätzlich geleast.
Der neue Elektro-Smart kommt iM Spätsommer auf den Markt Daimler

Doch es gibt auch andere Stimmen. So verweist die Verkehrsexpertin des WWF, Viviane Raddatz, auf Studien, die besagen, dass bis zum Jahr 2022 die Zahl von einer Millionen Elektroautos durchaus erreichbar sei – und das ohne weitere finanzielle Förderungen. Wie Raddatz sagte, solle man sich auch nicht zu sehr auf das punktgenaue Erreichen des Absatzziels im Jahr 2020 festlegen. Vielmehr komme es beim Markthochlauf – der laut dem NPE-Bericht zwischen 2014 und 2017 erfolgen soll – auf ein nachhaltiges Angebot mit effizienten und marktfähigen Elektrofahrzeugen an, wie die WWF-Verkehrsexpertin sagte. Der WWF und andere Umweltverbände wie das Klima-Bündnis, der NABU und der Bundesverband Erneuerbare Energien sind Teil der NPE.

Für die Verbände würden sich die Autohersteller zu sehr auf weitere Fördermittel konzentrieren, getreu dem Motto: „Wenn wir nicht mehr Geld bekommen, können wir auch nicht mehr Autos anbieten“, so Raddatz. „Durch den Bericht zieht sich doch ein wenig ein beleidigter Unterton.“ Doch statt nach immer mehr Fördermitteln zu rufen, müssten endlich nachhaltige Konzepte in den Vordergrund gerückt werden. So fordert Dag Schulze vom Klima-Bündnis, dass die Diskussion um die Elektromobilität nicht losgelöst von weiteren Klimaschutzmaßnahmen erfolgen darf. „So macht Elektromobilität nur mit grünem Strom Sinn, nur so gibt es emissionsfreie Mobilität.“

Mobilität intelligent vernetzen

Bei allen Ausgangsüberlegungen gehe es für Schulze auch um eine intelligente Vernetzung verschiedener Verkehrsträger wie beispielsweise Pedelecs, Elektro-Bussen und Bahnen und Elektro-Lieferwagen. Überlegungen, die Fahrer von Elektroautos beispielsweise auf Busspuren fahren zu lassen, lehnen die Umweltverbände ab. „Busspuren sollten dem Kollektiv-Verkehr vorbehalten bleiben“, sagte Schulze, der sich stattdessen dafür ausspricht, dass spezifische Förderungen von Elektroautos an die Verwendung erneuerbaren Stroms gekoppelt werden.

Als positiv gewertet wurde von den Umweltverbänden die Einrichtung von vier Schaufensternregionen (Baden-Württemberg, Berlin/Brandenburg, Niedersachsen und Bayern/Sachsen), für die die Bundesregierung eine Förderung in Höhe von 180 Millionen Euro zur Verfügung gestellt hat. In den Modellregionen soll Elektromobilität einer breiten Öffentlichkeit erfahrbar gemacht werden, wie es im Bericht heißt.

Der Opel Ampera Opel

Die deutschen Hersteller planen in der so genannten Marktvorbereitungsphase bis 2014 15 Elektroautos auf den Markt zu bringen. Als erstes reines Elektroauto eines deutschen Herstellers rollt im Spätsommer der neue Elektro-Smart zu den Händlern. Die Daimler-Tochter rechnet mit einem jährlichen fünfstelligen Absatz. Es ist von Stückzahlen rund um die 10.000 Einheiten auszugehen.

Mit dem Opel Ampera ist zudem ein Elektro-Auto mit einem so genannten Range Extender auf dem Markt, europaweit gibt es dafür bereits 7000 Bestellungen. Wie aus dem NPE-Bericht hervorgeht, würde die deutsche Wirtschaft in der Marktvorbereitungsphase 17 Milliarden Euro in die Elektromobilität investieren. Die Elektromobilität kann sich dabei auch als Jobmotor erweisen, so könnten bis ins Jahr 2020 insgesamt 30.000 neue Arbeitsplätze entstehen.

Was am Ende von den unterschiedlichen Studien und Szenarien zu halten sein wird, dürfte man spätestens ab dem Jahr 2017 sehen. Denn dann soll die Phase des Massenmarkts beginnen. Bis dahin muss die Zahl der Neuzulassungen pro Jahr indes mit hohen Steigerungsraten im Vergleich zum Vorjahr versehen sein, will man sich dem Absatzziel von einer Million E-Autos annähern. Peter Ramsauer jedenfalls, der Bundesverkehrsminister, sieht gute Fortschritte bei der E-Mobilität. Er verwies jedoch darauf, dass man sich noch in der Marktvorbereitungsphase befinden würde und die Bundesregierung die Kfz-Steuerbefreiung für E-Autos von fünf auf zehn Jahre ausgeweitet hätte.

Bundeswirtschaftsminister Rösler, der erneut Kaufprämien ablehnte, ist davon überzeugt, dass man bereits viel erreicht hätte. „Gleichzeitig liegt aber noch ein Weg vor uns.“ Zumindest beim zweiten Teil des Satzes dürfte dem FDP-Politiker niemand widersprechen.

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