Merkel bekräftigt Führungsanspruch bei Elektromobilität

2. Bericht der Nationalen Plattform

Merkel bekräftigt Führungsanspruch bei Elektromobilität
Henning Kagermann überreicht Bundeskanzlerin Angela Merkel den Bericht © dpa

Bisher rollen in Deutschland erst 2300 Elektroautos, bis 2020 soll es eine Million sein. Doch ohne Staatshilfe dürfte das kaum klappen, warnen Experten. Die Politik hat Anreize zugesagt und hofft nicht nur auf tausende neuer Jobs, sondern auch einen Leitmarkt Deutschland.

Nach schleppenden Beginn wollen Politik, Industrie, Gewerkschaften und Wissenschaft den Markt für Elektro-Autos gemeinsam anschieben und Deutschland an die Spitze bringen. Deutschland solle zum Leitanbieter und Leitmarkt werden, sagte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montag in Berlin nach Gesprächen mit E-Auto-Experten. «Das ist unser Ziel»

17 Milliarden Euro in vier Jahren

Der Bund will bis zum Jahr 2020 eine Million E-Autos und bis 2030 mindestens sechs Millionen Elektrofahrzeuge auf die Straßen bringen. Der Strom für E-Autos soll aus erneuerbaren Quellen gewonnen werden. Die breite Markteinführung werde zwar noch einige Jahre dauern, sagte Merkel: «Deutsche Anbieter werden rechtzeitig mit dabei sein.»

Die Politik werde dies neben einer weiteren Milliarde Euro bis 2013 für Forschung und Entwicklung auch mit Steueranreizen und Sonderrechten für E-Autos im Straßenverkehr unterstützen, sagte die Kanzlerin nach Vorlage des 2. Berichts der Nationalen Plattform Elektromobilität (NPE). Eine einfache Kaufprämie sei nicht die richtige Antwort. Die Wirtschaft habe die Anreize begrüßt und wolle in den nächsten drei bis vier Jahren 17 Milliarden Euro investieren.

«Kalkulierbare Erfolgsstory»

«Wir wissen, dass wir in einem globalen Wettbewerb stehen», sagte die Kanzlerin. Es sei auch klar, dass es nicht einfach werde, dass Deutschland internationale Spitze werde. Es gehe aber nicht nur um attraktive Produkte und Exporte, sondern auch um 30.000 zusätzliche Arbeitsplätze bis zum Jahr 2020 in Deutschland. Bis 2014 solle der E-Auto-Markt zunächst vorbereitet werden. Der beginnende Massenmarkt werde für den Zeitraum zwischen 2018 und 2020 angepeilt.

Der Vorsitzende der NPE, der Physiker und Industriemanager Henning Kagermann, sagte: «Es ist für alle klar: Elektromobilität wird sich durchsetzen.» Der frühere SAP-Chef sprach von einer «kalkulierbaren Erfolgsstory»: «E-Mobilität "Made in Germany" ist ein Exportschlager.» Es seien aber Anreize nötig. Sonst werde das Ziel nur zur Hälfte erreicht. Bis 2020 werde ein selbsttragender Markt erwartet. Der Staat werde dann mehr Geld einnehmen als ausgeben. Die Energiewirtschaft habe zugesichert, den nötigen Ökostrom zu liefern. Es gebe hier ein enormes Potenzial.

Kabinett beschließt Regierungsprogramm

Das Kabinett wird nach Angaben von Merkel an diesem Mittwoch ein Regierungsprogramm zur Förderung von Elektromobilität beschließen. Nachdem die Regierung mehrfach vor einem Subventionswettlauf in Europa gewarnt hatte und sich strikt gegen Kaufprämien von mehreren tausend Euro pro Auto wendet, will sie die Forschungsgelder verdoppeln und Steuererleichterungen als Flankierung gewähren.

Derzeit sind ausschließlich reine Elektro-Pkw für fünf Jahre von der Kraftfahrzeugsteuer befreit. In Zukunft sollen alle bis zum 31. Dezember 2015 erstmals zugelassenen Pkw und Nutzfahrzeuge, die rein elektrisch angetrieben werden oder einen CO2-Ausstoß von unter 50 Gramm pro Kilometer nachweisen, für zehn Jahren von der Steuer befreit werden. Die Dienstwagenbesteuerung soll so geändert werden, dass E-Autos nicht weniger attraktiv sind als herkömmliche Wagen.

Hauptproblem Batterietechnik

Die Bundesregierung selbst will für ihren Fuhrpark sicherstellen, dass ab 2013 mindestens zehn Prozent der insgesamt neu angeschafften oder neu angemieteten Fahrzeuge einen Emissionswert von weniger als 50 Gramm Kohlendioxid (CO2) einhalten. Merkel: «Wir werden auch werben dafür, dass sich Länder dem anschließen.» Im Straßenverkehr soll es neben speziellen Parkflächen auch Sonderfahrspuren geben.

«Zukunftstechnologien wie die Elektromobilität sind eine wichtige Voraussetzung dafür, dass unsere Wirtschaft erfolgreich ist», sagte der neue Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP). Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) betonte: «Wir setzen auf einen intelligenten Maßnahmenmix.» Laut IG-Metall-Chef Berthold Huber haben sich die Hersteller verpflichtet, E-Autos und Batterien in Deutschland zu fertigen. «Insofern bin ich sehr zufrieden.»

Ein Hauptproblem bleiben die Batterietechnik und die bisher fehlende Ladeinfrastruktur. Bis 2014 werden laut dem NPE-Bericht 7000 Ladesäulen angestrebt. Doch bisher gibt es keine ausreichende Reichweite der Batterien, so dass das Elektroauto in seiner jetzigen Form eher als Zweitauto für die Stadt geeignet wäre. (dpa)

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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