China hadert mit der Entwicklung des E-Autos

McKinsey-Studie zur Elektromobilität

China hadert mit der Entwicklung des E-Autos
Das Elektroauto Denza von Daimler und BYD. © dpa

Untersuchungen von McKinsey bestätigen, China ist derzeit meilenweit davon entfernt, seine ehrgeizigen Pläne zur Einführung des Elektroautos zu erfüllen. Es fehlt ein Konzept und die richtigen Technologien.

Bislang können Interessenten in China zwischen sieben Elektroautos (BEV) und einem Plug-in-Hybrid (PHEV) wählen, hat ein Team um Axel Krieger im Rahmen einer McKinsey-Studieermittelt . „Die Modelle liegen im Preis auf Mittelklasse-Niveau, bieten aber weder den Komfort noch das Design und die Zuverlässigkeit herkömmlicher Fahrzeuge dieser Klasse.“ Die von Krieger und seinem Team erstellte Studie zeigt den Status Quo von Chinas Elektromobilitäts-Plänen.

Dazu haben sie vor Ort den Markt durchleuchtet und Entscheider aus Politik, Verbänden, Autoindustrie und Energiebranche befragt. Ihr Votum: Vom „Leitmarkt China“ kann derzeit nicht die Rede sein. China muss seine Strategie neu ausrichten. Bis 2015 sollen 500.000 Elektroautos auf der Straße sein, bis 2020 schon 5 Millionen.

Bescheidene Zahlen

Tatsächlich wurden aber zwischen 2009 und 2011 kaum 7.000 Elektrofahrzeuge zugelassen; ein Marktanteil von 0,02 Prozent. Zudem hängt der Ausbau der Ladeinfrastruktur weit hinterher, es gibt erst 16.000 der bis 2015 geplanten 400.000 Ladestationen – und keinen gemeinsamen Standard. State Grid als zentraler Netzbetreiber setzt auf Batteriewechselstationen, außer Chery lässt sich jedoch kein weiterer Pkw-Hersteller darauf ein. Ebenso sind die Stecker der Ladesäulen von Stadt zu Stadt unterschiedlich.

„Die Entscheider in China sind weitgehend einig, dass reine Elektroautos für die Massenproduktion schlicht nicht reif sind und dafür auch die Zuliefer-Basis fehlt“. Laut Krieger stimmen 94 Prozent der Befragten zu, dass Standardisierung der Ladeinfrastruktur ein Muss ist.

Elektromobilität alternativlos

Zum Umschalten auf Elektromobilität hat China keine Alternative. Bis 2020 werde das Land seine Ölimporte von heute rund 5 Millionen auf 10,6 Millionen Barrel je Tag verdoppeln. Und wenn sich der Fahrzeugbestand dort den Verhältnissen der USA angliche, so Krieger, bräuchte China allein mehr Öl, als der Rest der Welt heute. Für die chinesische Regierung ist die Elektromobilität auch industriepolitisch das Gebot der Stunde. Denn bei Verbrennungsmotoren sind Amerikaner, Europäer und Japaner uneinholbar vorn.

Den Herstellern rät McKinsey  angesichts der Kundenstruktur, über serielle Hybride nachzudenken, die die ersten 10 bis 20 Kilometer mit Strom aus der Steckdose fahren können. Angesichts der Kostenprognosen für die Batterien rechnen sie damit, dass reine Stromer erst nach 2020 wettbewerbsfähig sind. Hybrid-Pkw mit max. 10 Kilowattstunden Energiegehalt der Batterie und einem stromerzeugenden Einzylindermotor an Bord sorgen für eine „sichere“ Reichweite. So ein Auto wäre laut Krieger schon 2014 wettbewerbsfähig und könnte dazu beitragen, die unter Smog leidenden Metropolen Chinas zumindest von den vielen alltäglichen  Kurzstreckenfahrten mit Verbrennungsmotoren zu entlasten.

Rückstände bei Hybrid-Entwicklung

Chinas Autohersteller haben bei Hybridfahrzeugen noch mit großen Problemen zu kämpfen, betont Krieger. Die Befragten waren sich einig, dass es zwar viele Hersteller von Lithium-Ionen-Batterien im Bereich der Consumer Electronics gibt, die aber von den Mengen-, Qualitäts- und Sicherheitsanforderungen der Autohersteller überfordert sind. Für die chinesischen Anbieter ist es enorm schwer, die Lieferkette vor Ort zu etablieren. Denn die Regierung in Peking schreibt vor, dass mindestens eine der drei Komponenten, also Batterie, Motor oder Leistungselektronik von lokalen Zulieferern stammen muss.

Allerdings verfolgen viele Städte Pläne zur Elektrifizierung ihre Busflotten. Dort bietet sich die Möglichkeit, schnell Skaleneffekten bei Batteriezellen zu erzielen und so die Chancen für Elektroautos zu verbessern. Bis 2016 dürften 100.000 Elektrobusse in Chinas 100 größten Städten unterwegs sein; teils mit Oberleitungen, teils mit Batterien oder Mischformen aus beiden.

Die Elektrifizierung der Busflotte macht aber noch keinen globalen Leitmarkt für Elektromobilität. Der entsteht derzeit in Japan, wie die Marktanalysten feststellten. Japan hat den größten Schritt nach vorn gemacht. Das spiegelt der regelmäßig von McKinsey erhobene Electric-Vehicle-Index wider, der das Entwicklungsstadium der Märkte untersucht. (SP-X)

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Frank Mertens
Nach dem Studium hat er in einer Nachrichtenagentur volontiert. Danach war er Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche.

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