Qiantu K50: Es ist Showtime

Qiantu K50: Es ist Showtime
Der Qiantu K50. © Qiantu

Wer über Elektroautos spricht, spricht auch über Effizienz. Doch auf der Autoshow in New York konnte man auch Modelle wie den Qiantu K50 sehen, bei dem nur Leistung im Vordergrund steht.

Reichweite? “Reicht schon”, sagt David Michery nur kurz und lacht, dass der Frager jeden seiner strahlend weißen Zähne zählen könnte. Wieder so ein Thema, das seine Kunden garantiert wenig interessiert. Wie Kofferraum, Ladezeiten, Infotainment … Wer dem früheren Plattenmanager aus Los Angeles ein 150.000-Dollar-Elektroauto abkaufen will, der ist vor allem auf eines aus: Showtime.

Micherys Angebot heißt Qiantu K50. Auf der New York Auto Show hat der gedrungene Mittfünfziger gerade mit donnerndem Rap und reichlich Lichtshow seinen Supersportwagen präsentiert – und sich selbst. Michery ist nämlich ein typisch amerikanischer Autobauer neuen Typs: Genau wie Elon Musk hatte auch er im Großteil seines Lebens außer hinter dem Steuer wenig mit Fahrzeugen zu tun. Und will jetzt die Welt erobern. “Das Unmögliche möglich machen”, sagt er. Was auch sonst?

Zwei E-Motoren mit 375 PS

Gänzlich vom anderen Stern ist der flache Zweisitzer bei näherem Herangehen allerdings denn doch nicht: Zwei Elektromotoren liefern kombiniert 375 PS und 580 Newtonmeter Drehmoment. Das bietet Chancen gegen Teslas Model S beim Ampelsprint – und auf den allein kommt es in den meisten Ländern der Welt ja an. Bis Tempo 100 dauert es dann aber doch fast fünf Sekunden. Da ist selbst ein SUV-Trumm wie der Tesla X der 1,25 Meter flachen Flunder enteilt. Und auch bei den knapp 200 Stundenkilometern elektronisch abgeregelter Höchstgeschwindigkeit siegt die Vernunft über den Speed.

Der in China produzierte Qiantu sieht allerdings nach mehr aus, das muss man Michery lassen. Und unter dem knappen Karbonkleid sitzt ein ebenfalls gewichtsparender Alurahmen. So bleibt der 4,63 Meter lange und 2,06 breite Wagen unter zwei Tonnen. Der eher bescheiden dimensionierte 41-Kilowattstunden-Akku in T-Form mit großer Hecklast und hohem Schwerpunkt trägt auch zur Diät bei – und soll dennoch 380 Kilometer reichen. Wenn der Sportwagenfahrer ihn halt nicht wie einen Sportwagen fährt.

Könnte er aber trotz der problematischen Platzierung der schweren Batterie wohl, wenn das Fahrzeug übernächstes Jahr auch nach Deutschland kommt. Denn mit einem Fahrwerk vom britischen Spezialisten Mira, Brembo-Bremsen mit Vierkolben-Bremssätteln, mit Allradantrieb und Pirellis P Zero dürfte der K50 für Kurvenkünste gewappnet sein. Nicht allzu viele eben, bevor es wieder an die Ladesäule geht.

Im Reichweiten-Rausch

Genau die will ein anderer US-Pionier am liebsten ganz vergessen machen: R.J. Scaringe ist im Reichweiten-Rausch. Der 35-jährige Ingenieur ist ein leidenschaftlicher Autobastler und hat schon als Jugendlicher Porsches gepimpt – allerdings nie für eine Autofirma gearbeitet. Derzeit steckt er vorzugsweise tief im Dreck. Scaringes Firma Rivian zeigt nämlich gleich zwei vollelektrische Fahrzeuge, die diesen Antrieb dorthin bringen sollen, wo bisher auch die SUV von Jaguar, Audi oder Tesla abwinken müssen: Das Pickup-Gebirge R1T und das Range-Rover-artige SUV R1S liefern hohe Waattiefen und schaffen steilste Böschungswinkel – dank insgesamt bis zu 764 PS starker E-Motoren an allen vier Rädern.

“Die ideale Plattform, um rauszufahren und die Natur zu genießen”, verspricht der sonst eher zurückhaltende Doktor der Elite-Uni MIT. Und die darf auch gern weit weg sein: Denn der größte derzeit verwendete Akku von 180 Kilowattstunden wird selbst den fünfeinhalb Meter langen und 2,7 Tonnen schweren Pickup rund 600 Kilometer weit bringen. Beim, einen halben Meter kürzeren SUV könnten es sogar noch mehr werden.
Platz bieten beide reichlich, wenn sie ab kommendem Jahr für Preise von rund 65.000 bis deutlich über 100.000 Dollar auf den Markt kommen: Im Pickup sind es 800 Kilogramm, die auf der Ladefläche transportiert werden können, weitere 350 Liter in einem abschließbaren und durchgängigen Laderaum vorn unter der Pritsche und 330 Liter unter der Fronthaube. Das SUV bietet sieben komfortable Sitze.

Anders als kernige Jeeps oder Fords Pickup-Ikone F150 sind die Rivian-Angebote aber eher kühl und elegant gehalten. Vor allem das SUV hat schon von außen viel vom Stil eines Volvo – und die Inspiration setzt sich auch im Inneren fort. Natürlich geht es in den USA auch in diesem Segment nicht ohne Riesen-TFT: Ein 15,6-Zoll-Bildschirm ist die zentrale Bedienungseinheit, 12,3 Zoll stehen für die Instrumente vor dem Fahrer, und im SUV können sich auch die Mitreisenden hinten serienmäßig auf einem 6,8 Zoll großen Touchscreen die Fahrtzeit nach Yosemite oder in den Grand Canyon verkürzen.

Rivian, Made in USA

Das SUV R1S von Rivian wurde auf der Los Angeles Motorshow präsentiert. Foto: SP-X

Anders als der Sportwagen-Solitär K50 stehen die Rivian-Autos bereits auf einer kostensparenden flachen Einheit, in der Akkus, Antrieb, Bremsen, Thermosystem und Fahrwerk montiert sind. Und dank der vier Radnabenmotoren und dem Riesen-Akku ist von 0 auf 100 km/h auch die Drei-Sekunden-Marke im Blick, bei 201 Stundenkilometer wird abgeregelt.

Was die Pickup-Kunden in den USA auch noch begeistern soll: Die Rivians sind “Made in USA”. Die Fabrik im Bundesstaat Washington baut Scaringe gerade auf. Zwei Fans hat der Start-up-Unternehmer da schon mal überzeugt: Bill Ford hat gerade eine halb Milliarde Dollar in Rivian investiert – und Jeff Bezos´ Handelsriese Amazon gar 700 Millionen.

Solche Summen sind Investment-Dimensionen, von denen mancher Traditionshersteller derzeit nur träumen kann. Schnell aufwachen ist angesagt: Denn Scaringe will seine Autos in ein paar Jahren auch in Europa verkaufen. Wetten, die gibt es dann bei Amazon? (SP-X)

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