Verhaltener Budenzauber

Porsche Cayenne Hybrid

Mit dem ersten serienmäßigen Hybridauto des Hauses poliert Porsche das einst etwas lädierte Umwelt-Image auf. Tut dies aber auf seltsam zurückhaltende Art und Weise.

Von Martin Woldt

Etwas mehr Theaterdonner hätte es schon sein dürfen, nachdem sich der alte Cayenne vor gar nicht allzu langer Zeit hat noch als "Umweltsau" von Klimaschützern bezeichnen lassen müssen, und Porsche sich ganz generell Sorgen ob der gesellschaftlichen Akzeptanz machte. Zwei vergleichsweise unauffällig, links und rechts unterhalb der Seitenspiegel angebrachte Schriftzüge unterscheiden den Cayenne S "hybrid" optisch von dessen gewöhnlicher Variante ohne elektrischen Hilfsmotor. Und auch im Innern muss man sich erst durch das Menü der Bordinfos klicken, um das dezente Stromfluss-Schema zu finden, das symbolisiert: Jetzt fährt er elektrisch.

Unauffälliger Schalter

Wo einst so viel Emotionen im Spiel waren, der deutsche Ingenieur hätte den Hybrid verschlafen, präsentiert Porsches Antwort nun einen Knopfdruck nach dem Stromfluss-Schema ein zwar grünes, aber doch seltsam nüchtern wirkendes, mathematisches Schaubild, das den CO2-losen Anteil der verstrichenen Fahrtzeit ausweist.

Und auch die E-Taste, mit der sich der Cayenne willkürlich in den Elektrobetrieb umschalten lässt, ist nur ein ziemlich unauffälliger Schalter auf einer mit Knöpfen übersäten Mittelkonsole. Ein bisschen mehr Bio-Marketing, eine wenig mehr Öko-Budenzauber hätten es schon sein dürfen.

Unauffälliges Wechselspiel

Der Hybrid ist nicht vom "normalen" Cayenne zu unterscheiden Foto: Porsche

Denn, auch wenn sich dahinter eine technische Meisterleistung verbirgt, – beim Fahren merkt man es eigentlich nicht, am Steuer eines Hybriden unterwegs zu sein. Die unterschiedlichen Fahrtzustände, das Wechselspiel zwischen dem 333 PS starken V6-Kompressormotor mit Benzindirekteinspritzung und seinem Elektro-Pendant mit 47 PS geschehen so flüssig und übergangslos, dass sie unterhalb der Wahrnehmungsschwelle verbleiben.

Dass andere Porsche-Modelle mit dreistelligen Leistungskennziffern – dieser hier bringt es insgesamt auf 380 PS – auch ziemlich flott in die Gänge kommen, ist schließlich keine Überraschung. Der Hybrid ist in 6,5 Sekunden von null auf hundert. In der Spitze ist er mit 242 km/h unterwegs.

Binnen Millisekunden

Sehr verhaltene Geräuschkulisse Foto: Porsche

Der Wunsch, den Spareffekt des E-Motors unterwegs deutlicher zu erleben, ist das eine Gefühl. Das andere, einen verlustfreien Beschleunigungsvorgang zu spüren, eigentlich das nachhaltigere. Denn E-Motor und Benziner sitzen auf einem Antriebsstrang und werden über eine Trennkupplung miteinander kombiniert, deren Schließmechanismus innerhalb von 300 Millisekunden agiert.

In diesen Bruchteilen eines Augenblicks trifft sie etwa anhand des Beschleunigungsverlangens die Entscheidung, wer die Vortriebsarbeit übernimmt. Ob mit oder ohne Verbrenner ist abgesehen vom Schaubild auf dem Info-Schirm höchstens an der sehr verhaltenen Geräuschkulisse identifizierbar. Meist aber bleibt man im Zweifel, ob da nicht gerade doch die Abrollgeräusche der Reifen auf der Straße bullern.

Strom auf verschiedenen Wegen

Die Nickel-Metall-Hydrid-Batterie des Porsche Cayenne Hybrid Foto: Porsche

Die 580 Newtonmeter Drehmoment, die beide Motoren maximal auf die Kurbelwelle stemmen, sind durchaus beeindruckend, wenngleich ja nicht der eigentliche Zweck eines Hybridautos. Im Grunde gilt es doch, den Verbrauch zu optimieren. Der Cayenne Hybrid tut dies unter anderem dadurch, dass er gleichzeitig Strom erzeugt, sobald der Verbrennungsmotor im Teillastbereich Reserven erkennen lässt, die sich zum Antrieb des Generators nutzen lassen.

Optimiert wird auch beim Bremsen. Am Druck auf das Bremspedal erkennt das System, ob die Verzögerung ausreicht, um sie allein mittels der Bremswirkung des Generators aufzubauen, um sie so in Ladestrom für die Batterie zu verwandeln. Zudem wird auch beim Abbremsen an den Rädern Strom (Rekuperation) gewonnen. Und wenn man so will, obwohl das kein typisches Hybridsystem ist, drückt auch die Start-Stopp-Automatik den Verbrauch. Im Cayenne Hybrid ist es wie im baugleichen VW Touareg aber nicht mit einer konventionellen Handschaltung, sondern mit einer Achtgangautomatik gekoppelt. Weshalb es auch genügt, den Fuß auf der Bremse zu lassen, um den Motor etwa an einer Ampel oder im kriechenden Stau auszuschalten. Wechselt man wieder aufs Gas, steht die Antriebsleistung unverzüglich wieder zur Verfügung.

Verbrauchswerte

Markentypischer Innenraum Foto: Porsche

Das ausgetüftelte System bewirkt letztlich, dass sich der Porsche mit dem Doppelherz mit insgesamt 8,2 Liter auf 100 Kilometern (193 Gramm pro Kilometer CO2) zufrieden gibt. Das sind die Werte auf dem Messstand. Bei unseren ersten Testfahrten rund um und quer durch Leipzig zeigte der Bordcomputer etwa elf Liter an, was immer noch viel, aber in der Realität für ein Fahrzeug mit 2,2 Tonnen durchaus vorzeigbar ist.

Zumindest zeigt es, dass die "Umweltsau" erheblich dazu gelernt hat. Der Porsche Cayenne Hybrid mit Allradantrieb ist ab 8. Mai zu Preisen ab 78.863 Euro verfügbar.

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Frank Mertens
Nach dem Studium hat er in einer Nachrichtenagentur volontiert. Danach war er Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche.

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