Saubermann in normaler Verpackung

Toyota Auris Hybrid

Toyota hat zum ersten Mal einen kombinierten Antrieb in ein zuvor normales Serienmodell eingebaut. Der Auris Hybrid verführt den Fahrer zu einer gelasseneren Fahrweise und animiert so zum Kraftstoffsparen.

Von Thomas Flehmer

Der Hybridantrieb wird salonfähig. Zum ersten Mal arbeitet ein Vollhybridantrieb nicht in einer individuellen Verpackung wie bei einem Prius oder ansonsten nur im teuren Luxussegment. Toyota - mit dem Prius schon längjähriger Vorreiter der kombinierten Antriebe mit Verbrennungs- und Elektromotor - bietet ab September den Auris auch mit der Kraft der zwei Herzen an.

Günstige Batterie

Während deutsche Hersteller die Lithium-Ionen-Batterie aufgrund der hohen Kosten von rund 1000 Euro pro Kilowattstunde nur im teuren Luxus-Segment anbieten, setzen die Japaner auf die günstigere Nickel-Metall-Hydrid-Variante, die lediglich über eine Kilowattstunde verfügt und knapp 1500 Euro kostet. Zudem soll diese Version die Lithium-Ionen-Batterie an Lebensdauer überflügeln.

Das Konzept für den hybriden Auris ist dabei theoretisch denkbar einfach. Die Serienvariante des Corolla-Nachfolgers wurde mit dem Hybridantrieb des Prius optimiert. Somit arbeiten in dem Auris 1.8 VVT-i HSD (Hybrid System Drive) wie beim Prius die beiden Motoren mit einer Systemleistung von 100 kW/136 PS.

89 Gramm CO2-Ausstoß

Der Innenraum weist geringfügige Unterschiede auf Foto: Toyota

In der Praxis mussten die Ingenieure und Techniker unter anderem mehr Gewicht auf der Hinterachse - bedingt durch die Batterie - und Vorderachse - bedingt durch das Steuerungsgerät - verbauen. Zudem wurde die elektrische Servolenkung angepasst. In der Produktion mussten dafür knapp 70 Prozent aller Prozesse für den Auris auf den Hybrid angepasst werden, um den in Pearl-White gehaltenen Auris auch als Hybriden mit seinen Vorteilen wie beim Prius anzupassen.

Identisch sind auch der Verbrauch von 3,8 Litern auf 100 Kilometern, die einen CO2-Ausstoß von lediglich 89 g/km bedeuten. Auf den ersten Testkilometern pendelte sich der Verbrauch bei 4,3 Litern bei umsichtigem Fahren ein, fünf Liter wurden leicht erreicht, wenn auf der Autobahn auch schon mal die linke Spur benutzt wurde.

Bis zu zwei Kilometer rein elektrisch

Ladeanzeige statt Drehzahlmesser Foto: Toyota

Um es gleich vorwegzunehmen. Wie der normale Auris ist auch die Hybridversion kein Sportler, sondern ein reines Vernunftsauto. Für die Beschleunigung werden 11,4 Sekunden benötigt, dabei hört sich aber der Motor dank der stufenlos variablen Getriebeautomatik ebenso angestrengt an, wie bei Überholvorgängen. Fädelt man sich in den Verkehr ein, sind lediglich Windgeräusche wahrzunehmen und man weiß nicht unbedingt, ob nun der elektrische Antrieb arbeitet oder der Reihen-Vierzylinder. Es entwickelt sich durch die Stille ein sehr entspanntes Fahren.

Wie beim Prius der dritten Generation kann auch der Auris Hybrid bis zu zwei Kilometer rein elektrisch zurücklegen, wenn das Gaspedal nicht mehr Kraft für das bis zu 1420 Kilogramm schwere Fahrzeug abfordert. Auf gerader Strecke sind so Geschwindigkeiten bis zu 50 km/h möglich, bergauf verkündet das Display per Piepton und Anzeige bei knapp 40 km/h, dass der Elektromodus nun deaktiviert wurde. Sehr interessant ist es, elektrisch den Stau im starken Berufsverkehr mit dem EV genannten Modus zu begegnen. Die elektrische Fahrweise führt zu einer gewissen Gelassenheit und motiviert dazu, auch weiterhin sparsam unterwegs zu sein. Das fast lautlose Dahingleiten setzt sich auch dann fort, wenn der Verbrennungsmotor sich einschaltet - auch dann bleibt es im Innenraum ruhig, wenn nicht gerade etwaige Überholvorgänge anstehen.

40 Liter für die Batterie

Dem Kofferraum fehlen 40 Liter Foto: Toyota

Für den Hybridfahrer bedeutet das ab dem 18. September, dass er nicht mehr nur auf den von seiner Form her arg polarisierenden Prius zurückgreifen muss, sondern auch in einem "normalen" Fahrzeug die Kombination aus Elektro- und Verbrennungsmotor genießen kann. Abstriche muss der Fahrer dabei beim Kofferraumvolumen machen. Rund 40 Liter werden für die Unterbringung der Batterie benötigt. Zwei kleine Koffer und zwei Taschen finden trotzdem Platz.

Die Instrumente sind natürlich anders gelagert als beim Serien-Hybrid. Statt eines Drehzahlmessers gibt es einen so genannten "Eco Drive Assist Monitor", der besonders im Eco-Modus zur spritsparenden Fahrweise animiert. Gas geben kann der Fahrer trotzdem noch, ohne ein schlechtes Gewissen zu bekommen. Über das in der Geschwindigkeitsanzeige integrierte Informationsdisplay kann sich der Fahrer zudem nicht nur über den Kraftstoffverbrauch, sondern auch über die diversen Ladeweisen des Hybridantriebs informieren.

Geringere Wartungsarbeiten

Kein Sportler Foto: Toyota

Wer es ein bisschen schneller angehen lassen möchte, drückt die Power-Taste in der Mittelkonsole. Sehr viel Schwung erleben die Insassen damit nicht und wechseln schnell in den "Eco-Modus", der die Gasbefehle verzögert. In Tempo-30-Zonen kann auf den EV-Modus geschaltet werden. Dann fährt der Auris bis zu zwei Kilometer rein elektrisch. Doch wie bei anderen Fahrzeugen auch, kommt es immer auf den Fahrer und seine Fahrweise an, ob etwas mehr Kraftstoff gespart werden kann, ohne den Verkehr zu behindern.

Dass der Hybrid vor allem in der Stadt seine Vorteile erzielt, ist klar. Zusätzliche Anreize schaffen geringe Wartungsarbeiten, da Problemteile wie Lichtmaschine oder Zahnriemen nicht anfallen. Laut Toyota sollen sich die Betriebskosten auf die eines Yaris 1.0 belaufen. Der Restwert des Hybriden wurden von DAT mit 50,5 Prozent nach drei Jahren mit einer Laufleistung von 60.000 Kilometern beziffert.

Auris oder Prius - oder Diesel

Mit 22.950 Euro beginnt der bereits gut ausgestattet Auris Hybrid (unter anderem mit Klimaautomatik), 2000 Euro mehr kostet die zweite Ausstattungsvariante Executive. Und spätestens da beginnt für die Hybrid-Interessenten das Grübeln, da sie für dieses Geld auch den Prius ergattern können. Dann heißt die Gretchenfrage, einen kompakten Auris zu fahren und dem Hybridantrieb in einer "normalen Welt" Vorschub zu leisten oder doch das polarisierende Design des Prius vorzuziehen - oder den 810 Euro günstigeren Diesel, der allerdings nicht so gut ausgestattet ist wie der Hybrid, dafür aber nicht nur über Land deutlich agiler reagiert - bei vergleichbaren Verbrauchswerten.

Der Salonfähigkeit des Hybridantriebs wird der Vergleich aber nicht anhaben können. Rund 20 Prozent aller Auris-Verkäufe sollen in Deutschland die Kraft der zwei Herzen besitzen.

Vorheriger ArtikelFamilienfreundliches Sondermodell
Nächster ArtikelDer Flair der Sixtees
Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

Keine Beiträge vorhanden