Mit Placebo-Modellen in die Zukunft

Elektrofahrzeuge auf der IAA

Auf der IAA versucht sich die Branche mit Elektromobilen einen grünen Anstrich zu geben. Die Umweltverbände sprechen dagegen von Etikettenschwindel.

Von Frank Mertens

«Wir müssen das Auto neu denken.» Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) hat der Autoindustrie unlängst bei der Vorstellung des Entwicklungsplans Elektromobilität mit ihrer Aussage die Richtung vorgegeben. Die Branche muss umdenken.

PS-Zahl nicht im Vordergrund

Dass sie dazu in der Lage ist, will sie in diesen Tagen auf der 63. Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) in Frankfurt am Main unter Beweis stellen. Dort versuchen die Hersteller ihren Zielen einen grünen Anstrich zu geben. Doch bei diesem Versuch haben sie leider alle eine Gemeinsamkeit: Das, was sie zeigen, hat längst noch nicht das Zeug zur Serienreife. Es ist ein Ausblick in die Zukunft. In eine Zukunft, in der Mobilität nicht mehr so sein wird, wie man sie heute kennt.

Zukünftig, so ließ VW-Chef Martin Winterkorn wissen, stehe nicht mehr die PS-Zahl im Vordergrund, sondern der Klimaschutz. Dieser Herausforderung haben sich die Hersteller zu stellen. VW tut dies neben der Effizienzsteigerung seiner Verbrennungsmotoren mit dem elektrisch angetriebenen Kleinstwagen E-Up. Ein Auto, das den Mobilitätsbedürfnissen in einer Großstadt ziemlich nahe kommt. Es ist gerade einmal 3,19 Meter lang und bietet Platz für vier Personen. Es verfügt über einen Elektromotor mit einer Spitzenleistung von 60 kW und einer Dauerleistung von 40 kW. Die Lithium-Ionen-Batterien sollen eine rein elektrische Reichweite von 130 Kilometern ermöglichen.

Übertriebener Hype

Der VW e-up Foto: AG/Mertens

So wichtig die Elektromobilität in der Zukunft auch sein wird - der derzeitige Hype um dieses Thema wird von den VW-Verantwortlichen und anderen Automanagern als übertrieben bewertet. So verwies VW-Entwicklungsvorstand Ulrich Hackenberg darauf, dass bis 2020 der Marktanteil von Elektroautos nur zwischen 1,5 bis 2 Prozent liegen werde. Entsprechend werde der VW-Konzern auch in Zukunft seine Entwicklungsanstrengungen in mehrere Richtungen leiten. Neben Hybriden - Mild-, Full- und Plug-In-Hybriden - werde ein Fokus auf einer weiteren Effizienzsteigerung der Verbrennungsmotoren liegen.

Für Winterkorn und nicht nur ihn steht fest, dass die TDI- und TSI-Motoren auch noch in Jahrzehnten eine dominante Rolle spielen werden. Nur durch sie sei ein Brückenschlag in die Zukunft der Elektromobilität möglich. Der E-Up ist für VW auf dem Weg zu einer nachhaltigen Mobilität ein Anfang.

Purer Etikettenschwindel

Die BMW-Studie Vision EfficientDynamics Foto: BMW

Ob man dies von den von Daimler, BMW und Audi vorgestellten teils rein elektrisch angetriebenen Supersportwagen auch sagen kann, darf bezweifelt werden. Denn sie machen beispielsweise mit einem Mercedes SLS AMG mit 532 PS, dem Audi e-tron mit 313 PS oder dem Plug-In-Hybrid BMW Vision EfficientDynamics mit 356 PS dort weiter, wo sie aufgehört haben: Bei immer mehr Leistung nämlich.

Muss man das Auto in diese Richtung neu denken? Wohl kaum, auch wenn die Premiumhersteller gern auf ihre Top-Down-Strategie verweisen, teure Technologien also zunächst dort einzusetzen, wo die Bereitschaft der Kunden höher ist, sie auch zu bezahlen. Doch ist das der Paradigmenwechsel? Nein, glaubt nicht nur die Deutsche Umwelthilfe. Sie wirft der Branche vor, nur «Placebo-Modelle» im Angebot zu haben. Den Wirbel um die Elektroautos bezeichnete die DUH als puren Etikettenschwindel«. Schließlich würden bis zum Marktstart der Autos in Großserie noch Jahre vergehen.

Knackpunkt Reichweite

Die Speicherfähigkeit der Batterien und damit die Reichweite ist schließlich noch längst nicht dort, wo die Hersteller sie gerne hätten. Und auch die Kunden nicht. Weniger als 250 Kilometer akzeptiert derzeit nur eine Minderheit, haben die Konsumforscher ermittelt. Auch von daher ist es wenig sinnvoll, die Energie auf Stromschlucker wie besagte Supersportwagen mit einer Leistung weit jenseits der 200 PS zu verschwenden.

Als Fingerübung der Hersteller mag das ja nett sein, aber mehr auch nicht. Sympathischer sind da schon die Studien von VW mit dem E-Up oder der Peugeot BB1. Das Kleinfahrzeug kommt mit seinem E-Motor auf eine Leistung von 20 PS, wobei die Lithium-Ionen-Batterien eine Reichweite von 120 Kilometern ermöglichen soll. Bis Elektromobilität zur Massenerscheinung wird, wird es noch dauern. Bis dahin sind noch viele Fragen zu klären. Dazu gehört die Infrastruktur ebenso wie die Frage, woher die regenerative Energie kommen wird.


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