Kleine Schritte bis zur Revolution

Project i von BMW

BMW wird im Jahr 2013 sein sogenanntes Megacity-Vehicle auf den Markt bringen. Auf dem Weg in die Zukunft der Elektromobilität setzt das Unternehmen dabei stark auf Leichtbau.

Von Frank Mertens

Der Mann hat derzeit wohl einen der interessantesten Jobs bei BMW: Ulrich Kranz leitet das Project i. Hinter diesem futuristischen Namen verbirgt sich ein zukunftsweisendes Thema: nämlich das der nachhaltigen Mobilität.

BMW arbeitet an Mobilitätskonzepten

Kranz steht nunmehr seit Ende 2007 an der Spitze des vom Vorstand der BMW Group ins Leben gerufenen Thinktanks. Diese Denkschmiede hat vom Management die Aufgabe bekommen, zukunftsweisende Mobilitätskonzepte zu entwickeln. Es sollen Denkanstöße herauskommen, die in neuen Projekten münden.

Der BMW Active E kommt 2011 auf den Markt
Der BMW Active E kommt 2011 BMW

Natürlich sollen sie ganzheitlich sein, also alle Bereiche wie Produktion, Entwicklung und Vertrieb einbeziehen. Eine Mammutaufgabe. Eine Aufgabe indes, die angesichts der Endlichkeit der fossilen Energieträger über nicht mehr und nicht weniger als die Zukunftsfähigkeit von einem Automobilhersteller wie BMW entscheidet.

Am Ende des Denkprozesses, dem eine detaillierte Untersuchung der Kundenbedürfnisse und der Mobilität vorausging, wird das sogenannte Megacity-Vehicle (MCV) stehen. Ein Auto, das alle Ansprüche an urbane Mobilität erfüllen soll. Es wird ein Auto sein, das in allen seinen Entstehungsschritten dem Aspekt der Nachhaltigkeit entspricht, besser gesagt, entsprechen soll. Denn noch ist dieses MCV noch längst nicht marktreif. Das soll erst im Jahr 2013 der Fall sein.

2011 kommt BMW Active E

Crashtest des künftigen Megacity-Vehicles von BMW
Schnitt bei Crashtests gut ab, die Fahrgastzelle eines künftigen MCV BMW

Bis dahin nähern sich Kranz und seine Leute dem MCV Schritt für Schritt an. Es ist quasi ein Dreiphasen-Projekt. Zunächst sammelt man Erfahrungen mit dem Mini E, ehe 2011 der Active E und 2013, wie gesagt, das MCV in Kundenhand übergehen soll.

Momentan sammeln die Münchner ihre Erfahrungen mit der Elektromobilität mit dem Mini E, der seit 2008 in den USA (450 Einheiten), Großbritannien (40) und in Deutschland (Berlin und München/65 Einheiten) unterwegs ist. Der Mini E ist damit der Wegbereiter aller zukünftigen E-Autos der Münchner. Er bringt es auf eine Leistung von 204 PS und ermöglicht eine maximale Reichweite von 150 Kilometern, wobei der Spitzenwert schon bei entsprechender Fahrweise bei 159 Kilometern lag.

Mini E ein Zweisitzer

Der Mini E BMW

Der Mini E, normalerweise ein Viersitzer, wird als Elektroauto indes zum Zweisitzer: Die Batterie nimmt den gesamten Rückraum in Anspruch. Eine Einschränkung, die der Kunde jedoch nur in der Testphase akzeptiert. Er will, so gibt Krantz die Umfrageergebnisse wieder, mindestens Platz für vier Personen. Die wird er auch im Active E und später auch im MCV bekommen.

Denn im Gegensatz zum Mini E ist bei diesen Modellen die Fahrzeugarchitektur auf den E-Antrieb ausgelegt. Beim Mini E wurde sie in eine bestehende Architektur integriert, was zum Platzverlust führte. Doch bei den künftigen E-Autos von BMW werden die Batterien im Unterboden des Fahrzeuges verbaut, sodass dann vier Personen unterwegs sein können.

Aufladung des Mini E BMW

Der kommendes Jahr auf den Markt kommende Active E wird den nächsten Entwicklungsschritt bei BMW hin zu individueller nachhaltiger Mobilität legen. Der rein für den E-Antrieb modifizierte Motor wird dann 170 PS leisten, ein maximales Drehmoment von 250 Newtonmetern aufweisen und dank moderner Lithium-Ionen-Batterien eine Reichweite von 160 Kilometern bieten.

MCV fast noch Verschlusssache

Carbonteil von BMW
Carbon kommt beim MCV zum Einsatz BMW

Das MCV, das in München noch als Verschlusssache gehandelt wird, soll nach bisherigen Planungen über eine Leistung von mindestens 100 kW verfügen und – natürlich – aus konsequenten Leichtbauteilen bestehen.

Wer glaubt, dass das zu Lasten der Sicherheit geht, irrt. Die Leichtbauteile aus CFK (kohlenstofffaserverstärkter Kunststoff, besser bekannt als Carbon) sind nicht nur 30 Prozent leichter als Aluminium bzw. 50 Prozent leichter als Stahl, sondern sie bieten zugleich eine hervorragende Sicherheit, wie Crashtests gezeigt haben. "CFK bietet eine hervorragende Energieabsorption bei einem Crash", sagt Jochen Töpker, der für den Bereich Leichtbau zuständig ist.

CFK ein teurer Werkstoff

CFK ist indes ein teurer Werkstoff. Wie teuer er im Vergleich zu Aluminium bzw. Stahl ist, sagt Töpker indes nicht. Der Mehrpreis für diese Faser würde jedoch durch Einsparungen bei anderen Bauteilen wie der Karosserie oder den Batterien, die im Zusammenhang mit der Reduzierung des Gewichts stehen, fast egalisiert. Die Verwendung von CFK an einem BMW X5 führte beispielsweise zu einer Gewichtsreduktion von 200 Kilogramm. Und was soll der viersitzige und viertürige MCV am Ende auf die Waage bringen – wohl zwischen 1,1 und 1,2 Tonnen. Damit wäre er 350 Kilogramm leichter als der Mini E.

Auch wenn BMW für sein Megacity Vehicle den Einsatz eines so genannten Range Extenders – also eines kleines Verbrennungsmotors – nur als Übergangslösung betrachtet, wird es diese Option auch für die Kunden anbieten, denen eine Reichweite um die 160 Kilometer nicht ausreichend erscheint. Die Kunden werden also die Wahl haben zwischen einem MCV mit reinem E-Motor bzw. der Kombination aus E- und Verbrennungsmotor. Grundsätzlich konzentrieren sich die BMW-Entwickler jedoch auf eine Verbesserung der Batterietechnologie.

Sinn und Zweck von Tempo 100

Doch die Umfragen unter den Kunden zeigen schon heute, dass selbst geringere Reichweiten für das persönliche Mobilitätsverhalten ausreichen. Im innerstädtischen Bereich legt man täglich durchschnittlich nicht mehr als 40 Kilometer zurück.

Zudem: Was braucht man Spitzengeschwindigkeiten von über 200 km/h wie beim Mini E. Ja, das steht für den bekannten Fahrspaß, mit dem BMW gerne wirbt, doch das MCV wird als eine Untermarke von BMW gelauncht werden. Abstriche am Markenclaim dürften deshalb möglich sein.

Das Heck des BMW Active E
Das Heck des BMW Active E BMW

Ein Auto für den Stadtverkehr kommt mit deutlich weniger Leistung aus. Das weiß natürlich auch Kranz. Deshalb sei es durchaus vorstellbar, auch MCV mit unterschiedlichen Reichweiten- und Leistungspaketen anzubieten. Am Ende hat so etwas natürlich auch positive Einflüsse auf den Preis. Wo weniger Batterieleistung erforderlich ist, muss auch weniger Geld über den Tisch des Händlers gelegt werden.

Doch bis zur Marktreife im Jahr 2013 stehen die Entwickler von BMW noch vor einem ganz anderen Problem, das sie kaum beeinflussen können: Woher kommt der regenerative Strom? Die Kunden, auch das ergaben die Umfragen, wollen Elektromobilität nur im Zusammenspiel mit grünen Strom.

Grüner Strom erforderlich

Doch der Strommix der großen Energieerzeuger hat hier zumindest bislang nicht viel zu bieten: hier setzt man noch stark auf Kohle. Doch glaubt man an die jüngsten Meldungen aus Berlin, dann sollen die Stromerzeuger bereits bis zum Jahr 2020 20 Prozent grünen Strom im Angebot haben. So geht es zumindest aus einem Entwurf zum "Nationalen Aktionsplan für erneuerbare Energien" hervor.

Doch solange der Anteil von grünem Strom im Strommix nicht deutlich höher als bislang ist, solange können die Hersteller ihre Autos nur als lokal emissionsfreie Autos anpreisen.

Es ist halt ein langer Weg in die Zukunft der nachhaltigen Mobilität. Das wissen auch Kranz und sein Team. Eine richtige Revolution braucht halt seine Zeit.

Vorheriger ArtikelMensch und Auto leiden gemeinsam
Nächster ArtikelEvoque als «Bote einer neuen Zeit»
Frank Mertens
Nach dem Studium hat er in einer Nachrichtenagentur volontiert. Danach war er Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche.

Keine Beiträge vorhanden