Electric Island

Englands neue Elektroautos

Während sich die großen Hersteller beim Thema Elektroauto einen Wettbewerb im Ankündigen liefern, stellen kleine Firmen in England immer mehr Stromer auf die Räder – und bekommen Unterstützung von der Politik.

Von Sebastian Viehmann

Die Insel macht Ernst: Bis 2020 sollen nach dem Willen des britischen Premierministers Gordon Brown alle im Königreich verkauften Neuwagen Elektro- oder Hybridautos sein. Mit dieser Ankündigung zog Brown auch Kritik auf sich - unter anderem, weil sparsame Diesel Hybridautos bei Überlandfahrten in Sachen Sparsamkeit oft überlegen sind. Wie der Sender Sky News berichtet, will der Premierminister außerdem öffentliche Ladestationen für Elektroautos an tausenden Straßen in Großbritannien aufstellen lassen. Gleichzeitig setzt England auf moderne Atomkraftwerke, um sich bei der Energieerzeugung unabhängiger zu machen.

Variantenvielfalt muss wachsen

Noch muss man selbst im grünen London an einer Straßenecke in der mautpflichtigen City lange warten, bis ein G-Wiz, Think oder Nice Mega City vorbeisurrt - geschweige denn einer der 100 Elektro-Smarts, die zurzeit in einem Pilotprojekt in der Praxis getestet werden. Die Zahl der kleinen Stromer wächst aber stetig, und mit ihr die Variantenvielfalt. «Es muss eine Auswahl an Elektroautos für verschiedene Transportbedürfnisse geben. Man kann den Leuten nicht sagen: Nimm den oder keinen», sagt Evert Geurtsen von Nice.

Bei Nice gesellen sich zum bekannten Mega City gleich mehrere Neuheiten. Aus Italien kommt der e500 - ein von der Firma Micro-Vett zum Elektroauto umgebauter Fiat 500. Der Wagen soll eine Reichweite von 112 Kilometern haben und 96 Km/h erreichen. In Vorbereitung ist zudem ein Elektro-Transporter auf Basis des Fiat Fiorino. Der Winzling MyCar dagegen soll als reines Stadtauto mit einem Kampfpreis von 8995 Pfund, das sind umgerechnet rund 11.110 Euro, dem Smart Konkurrenz machen. Der SLC (Super Light Electric Concept) sieht ein bisschen wie ein gequetschter Smart Roadster aus. Der Fiberglas-Flitzer wiegt weniger als 400 Kilo, soll 160 Km/h schnell sein und den Sprint von 0 auf 100 Km/h in vier Sekunden schaffen. Ob er das auch nach dem zehnten Ampelspurt wegen der starken thermischen Belastung der Akkus kann, ist die Frage. Der SLC ist bislang ohnehin nur ein Concept Car.

Viertürer ab September

Elektro-Winzling zum Kampfpreis Foto: Nice

Den viertürigen Ze-O dagegen will Nice ab September ausliefern. Er ist mit Klimaanlage, CD-Radio, elektrischen Fensterhebern und zwei Airbags ausgerüstet. Nice verspricht eine Höchstgeschwindigkeit von 80 Km/h, eine Reichweite von 105 Kilometern und eine Aufladezeit der Batterien von fünf bis acht Stunden. Der Viertürer kostet 13.995 Pfund, umgerechnet rund 17.800 Euro. Gegen Aufpreis sind demnächst Lithium-Ionen-Akkus zu haben, die eine größere Reichweite ermöglichen.

Beim Quiet Car 2 stecken die neuen Kraftspender optional schon unter der Haube. Das Unternehmen ist gerade einmal ein halbes Jahr alt und hat auf der London Motor Show schon einen Viertürer präsentiert. Die elektrischen Radnabenmotoren an den Hinterrädern kommen aus Italien, das Chassis von Lotus. Die Karosserie stammt vom chinesischen Kleinwagen Hafei Lobo. «Wir haben ein passendes Fahrzeug für unser Projekt gesucht, sind nach Shanghai gefahren und haben zwei Autos direkt bei einem Händler gekauft. Wir haben ihm noch 250 Pfund extra in die Hand gedrückt, dafür hat er uns den kleinen Benzinmotor samt Antriebsstrang ausgebaut», erzählt Quiet Cars-Chef Vaughan Richmond.

Schwierige Verhandlungen

Das viertürige Quiet Car Foto: press-inform

Schwierig sei es gewesen, mit dem Prototypen Hafei zu einer Kooperation zu bewegen. «Die waren erst sehr misstrauisch, wollten uns nicht einmal Fotos in ihrer Fabrik machen lassen. Ich habe dann erzählt, dass ich in England 90 Pfund bezahle, wenn ich meinen Mercedes auftanken will. Da sahen sie langsam ein, warum wir in Europa solche Autos brauchen und dass eine Zusammenarbeit für beide Seiten lohnend ist», berichtet Richmond weiter.

Der Innenraum des Quiet Car 2 erschreckt etwas mit billigen und dürftig verarbeiteten Plastikwüsten, und die Crash-Sicherheit des Autos bleibt trotz Fahrerairbag offen. Die Akkus zum Beispiel befinden sich unter der Fronthaube. Doch immerhin sieht das Quiet Car 2 wie ein richtiges Auto aus, bietet vier Personen Platz, soll in drei Monaten auf den Markt kommen und 12.995 Pfund (16.054 Euro) kosten. Die Linkslenker-Version für andere europäische Länder steht auch schon parat.

Think mit neuer Modellgeneration

Der Think City Foto: Think

Think aus Norwegen hat ebenfalls eine neue Modellgeneration entwickelt. Der City ist nach Angaben des Unternehmens das weltweit einzige Elektroauto, das einem Crashtest unterzogen wurde - zu den Ergebnissen macht das Unternehmen allerdings keine Angaben. Das Wägelchen soll eine Reichweite von 200 Kilometern haben und rund 100 Km/h schnell sein.

Der Think City sei zu 95 Prozent recyclebar, so das Unternehmen. «Das Auto bereitet Fahrspaß, ist billig im Unterhalt, sieht gut aus, hat eine hohe Reichweite und ist extrem umweltfreundlich. Das alles ist für viele Leute interessant, die gerade dabei sind, ihre Herangehensweise ans Autofahren neu zu überdenken», glaubt Think U.K.-Chef Richard Blundell.

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