Ein Netzwerk für das Elektroauto

Nissan sucht Partner

Nissan forciert seine Anstrengungen bei der Elektromobilität und will ein erste Modell 2011 auf den Markt bringen. Derzeit sucht man Partner für die Infrastruktur.

Von Holger Holzer

Das Zeitalter der Elektromobilität lässt noch auf sich warten. Daran ändern auch die unterschiedlichen Projekte der Hersteller wie Daimler mit dem Elektro-Smart oder BMW mit dem E-Mini nichts. Dass der Siegeszug der emissionsfreien Mobilität noch nicht begonnen hat, liegt vor allem an den hohen Fahrzeugkosten und der fehlenden Infrastruktur für das Laden. Autohersteller Nissan nimmt das Problem selbst in die Hand und sucht weltweit nach Helfern für die Elektrifizierung des Verkehrs. So soll ein Elektronetzwerk mit Tankstellen und staatlichen Förderprogrammen entstehen, von dem auch andere Hersteller profitieren könnten.

Modell für 2011 angekündigt

Bereits 2011 will Nissan die ersten konkurrenzfähigen Elektroautos auf den europäischen Markt bringen - vor allem in Portugal, Irland und Dänemark. Die dortigen Regierungen sehen sich als Trendsetter in Sachen emissionsfreier Verkehr. Sie planen finanzielle Anreize beim Elektroautokauf, Steuererleichterungen beim alltäglichen Betrieb und die Umstellung der öffentlichen Fahrzeugflotten auf die neue Antriebsart. Die staatliche Unterstützung ist wertvoll, denn Elektroautos sind teuer. Schon ohne die besonders kostspielige Batterie wird ein Elektroauto laut Nissan mittelfristig so viel Kosten wie ein aktueller Diesel-Pkw.

Die staatliche Hilfe ist nicht nur für den einzelnen Käufer wichtig. Erst bei der richtigen Anschubfinanzierung und entsprechend starkem Absatz, werde sich auch der Ausbau der Tankstelleninfrastruktur für private Investoren lohnen, prognostiziert Elektroauto-Stratege Florian Wunsch von Nissan. Er wirbt deshalb in ganz Europa bei Staaten, Regionen und Kommunen für Elektro-Förderprogramme. Und er hilft bei der Einführung der Stromflitzer: «Viele Regionen wollen in die Elektromobilität investieren, wissen aber nicht, wie sie das anstellen sollen.» Die durch die Beratung im besten Fall entstehende Infrastruktur kommt nicht nur Nissan zugute, auch alle künftigen Anbieter von Elektroautos könnten auf dieseTankstellen und Förderprogramme zurückgreifen.

Aufbau der Infrastruktur

Interessant ist die Hilfestellung neben dem japanischen Heimatmarkt vor allem für flächenmäßig kleine Länder ohne eigene Autoindustrie. Sie können relativ schnell eine dichte nationale Infrastruktur aufbauen und müssen weniger Rücksicht auf wirtschaftliche Interessen nehmen. Deutschland hingegen ist vergleichsweise groß; für ein dichtes Tankstellennetz wären hohe Investitionen nötig. Noch viel wichtiger: Die deutschen Hersteller sind in Sachen Elektroauto noch nicht so weit. Erst in einigen Jahren sollen Fahrzeuge in nennenswerter Zahl zur Verfügung stehen. Und erst wenn die einheimischen Automobilhersteller eigene Produkte anbieten, könnte der deutsche Staat Finanzierungshilfen für Elektroautokäufer locker machen. Bisher gibt es daher nur vereinzelte Elektroautoprojekte, etwa in Hamburg und Berlin, wo einige Fahrzeuge im Flottentest unterwegs sind.

Nissan hingegen hat sich vorgenommen, bereits in zwei Jahren weltweit 180.000 Elektroautos pro Jahr zu bauen, derzeit läuft ein Test mit mit dem EV-02. Geplant ist zunächst ein fünfsitziger und fünftüriger Kompaktwagen, der bereits Anfang August anlässlich der Eröffnung der neuen Unternehmenszentrale in Yokohama vorgestellt werden soll. Weitere E-Modelle sollen folgen, künftig will Nissan laut Europa-Vertriebschef Simon Thomas einen neuen Stromer pro Jahr vorstellen. Kooperationspartner Renault plant den Marktstart seines Elektroauto ebenfalls für 2011. Dabei wird es sich aber um eine auf den Elektrobetrieb umgerüstete Version des kompakten Renault Mégane handeln. Ein reines Elektroauto soll kurz darauf folgen. Wirklich große Stückzahlen wollen beide Unternehmen ab 2012 absetzen.

Parallel zum Elektroauto für die Steckdose will Renault Nissan in ausgesuchten Märkten auch Fahrzeuge mit Wechselakkus anbieten. Die Batterien sollen an speziellen Stationen in wenigen Minuten ausgetauscht werden, so dass mit wenigen Zwischenstopps sehr weite Strecken im Elektroauto zurückgelegt werden können. Das funktioniert ähnlich wie beim Pony-Express im Wilden Westen, wo das Pferd gewechselt wurde, anstatt zu warten, bis es wieder ausgeruht war. Vor allem in dünn besiedelten Gebieten soll die Elektromobilität dadurch bessere Chancen erhalten. Gemeinsam mit dem US-Unternehmen Better Place konnten bereits Israel und Regionen in Nordamerika für das Projekt gewonnen werden. Technisch unterscheiden sich die Wechselakku-Autos lediglich durch einen Adapter für die Wechselstationen von den konventionellen Renault- und Nissan-Elektroautos.

Das Ende des Verbrennungsmotors bedeutet das Elektroauto nach Einschätzung von Nissan nicht. Zunächst dürften Stromer vor allem bei Flottenkunden und in Kommunalverwaltungen eingesetzt werden. Als Zweitwagen für Großstädter mit eigener Garage und somit Stromanschluss könnte die Technik ebenfalls eine Rolle spielen. Benzin- und Diesel-Fahrzeuge werden aber wohl bis auf weiteres die größere Reichweite, die einfachere Kraftstoffversorgung und die niedrigeren Fahrzeugpreise bieten. (mid)

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