Die Zylinder-Frage

Motorentechnologie

Weniger Zylinder gleich weniger Gewicht gleich weniger Verbrauch. Viele Hersteller reduzieren in bestimmten Marktsegmenten, was früher wenig opportun war: die Motorgröße.

Von Thomas Geiger

Downsizing - das ist noch lange vor Hybrid- und Elektroantrieb der bestimmende Trend unter der Motorhaube. «Kleinere Aggregate, die ihren fehlenden Hubraum durch Aufladung und Direkteinspritzung kompensieren, sind sparsamer und obendrein noch leichter», sagt VW-Entwicklungsvorstand Ulrich Hackenberg. Als Paradebeispiel nennt er den 1,4 Liter großen Vierzylinder, der im Konzern eine Leistungsspanne von 59 kW/80 PS bis 118 kW/160 PS abdeckt. Doch nur mit kleinen Hubräumen ist es offenbar nicht mehr getan: In der zweiten Runde des Downsizing geht es nun ganzen Zylindern an den Kragen.

Fiat plant einen Zweizylinder

«Schon lange setzen wir in Polo und Lupo mit großem Erfolg einen Dreizylinder ein», sagt Hackenberg und stellt ähnliche Konzepte auch für die sogenannte «New Small Family» rund um die Studie Up! in Aussicht. «Dort denken wir sogar über Zweizylinder nach», sagt er mit Blick auf den Preis und den Verbrauch des künftigen Einstiegsmodells. Während dazu bei VW eine endgültige Entscheidung noch aussteht, hat Fiat bereits Nägel mit Köpfen gemacht. «Bei uns wird es schon bald einen Zweizylinder geben», bestätigt Klaus Schühle, der beim deutschen Importeur das Technikressort leitet. Der Motor nutzt die neue Multi-Air-Technologie mit variabler Ventilsteuerung. Er bekommt eine Benzindirekteinspritzung und dürfte seinen Einstand in einem Kleinwagen geben, der unter Panda und Fiat 500 positioniert wird.

BMW will Dreizylinder-Diesel einseten

Die Studie "Vision Efficient Dynamics" von BMW Foto: AG/Mertens

Auch BMW verliert die Scheu vor kleinen Triebwerken und plant laut Vorstandschef Norbert Reithofer den Einsatz eines Dreizylinders. Nachdem die Bayern in ihrer IAA-Studie «Vision Efficient Dynamics» bereits gezeigt haben, wie sie aus einem Dreizylinder-Diesel mit 1,5 Litern Hubraum 120 kW/163 PS holen können, werde es eine vergleichbare Lösung künftig auch in Serienfahrzeugen geben. Allerdings sei damit dann das Ende der Fahnenstange erreicht. «Weniger als drei Zylinder wird es bei uns nicht geben.»

In Hybrid-Konstellation

Der Audi A8 4.2 TDI V8 Foto: Audi

Natürlich sind Zwei- oder Dreizylinder vor allem ein Thema für Kleinwagen und die Kompaktklasse. Doch auch darüber setzt zurzeit ein Umdenken ein, das immer mehr Zylindern den Garaus machen könnte. «Doch ist die Zahl der Zylinder natürlich auch eine Frage des Prestiges», räumt Heinz Hollerweger ein, der bei Audi die Produktentwicklung leitet. Auf den V8-Diesel will der Hersteller deshalb fürs erste ebenso wenig verzichten wie auf den Zwölfzylinder-Benziner: Beide Motor-Typen sind aus diesem Grund auch für die nächste Generation des A8 gesetzt. Allerdings rudern die Hersteller auch in der Oberklasse ein wenig zurück. Hybridmodule wie in der S-Klasse von Mercedes oder im 7er von BMW sind die eine Möglichkeit, ohne Gesichtsverlust auf große Motoren zu verzichten. Der Elektromotor kann dann mühelos zwei bis vier Zylinder ersetzen. Schon jetzt wirbt Mercedes etwa für den V6-Geländewagen ML Hybrid mit den Fahrleistungen eines Acht- und dem Verbrauch eines Vierzylinders.

Zylinderabschaltung

Eine andere Variante ist die Zylinderabschaltung. Dort werden einzelne Brennkammern im Teillastbetrieb unbemerkt stillgelegt, so dass der Motor nur bei Vollgas mit allen Töpfen läuft. Das System war vor 10, 15 Jahren schon mal verfügbar und kommt jetzt wieder in Mode: «Wir arbeiten nicht nur bei V8-Motoren an der Zylinderabschaltung», berichtet etwa Audi-Motorenchef Hatz, «sondern auch bei Triebwerken bis herunter zu vier Brennkammern.» Auch die Kollegen bei Mercedes und deren sportlichen Tochter AMG entwickeln einen V8-Motor, der die meiste Zeit als Vierzylinder unterwegs ist. Auf den Markt kommen soll er 2011, kündigt AMG-Chef Volker Mornhinweg an.

«Diesotto»

Dass es selbst in der Oberklasse ohne viele Zylinder gehen könnte, hat Mercedes mit der Studie F 700 bewiesen, unter deren Haube ein ebenso sparsamer wie starker «Diesotto»-Motor die Vorzüge von Benziner und Diesel vereint. Bis zur Marktreife dieser Technik müssen die Ingenieure allerdings nicht nur an Zuverlässigkeit und Laufkultur arbeiten, sondern sich auch über den Vertrieb und Bezeichnung des Vierzylinders mit gerade einmal 1,8 Litern Hubraum Gedanken machen, räumt Entwickler Marcus Kern ein. Die Fahrleistungen des 189 kW/258 PS starken Modells sind durchaus adäquat. «Aber einen S 180 werden wir neben einem S 500 oder S 600 wohl schwerlich verkaufen können.» (dpa/tmn)

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