An allen Fördertöpfen vorbei

Elektromobilität

Wie ein Berliner Startup-Unternehmen mit einer Eigenentwicklung die millionenschwer subventionierte Lithium-Ionen-Technik für Elektroautos infrage stellt. Jetzt gab es eine erste Anerkennung für die Technik.

Von Martin Woldt

So schnell kann es gehen. Noch vor wenigen Wochen bot der Berliner Jungunternehmer Mirko Hannemann seine Erfindung potenziellen Kunden an wie Sauerbier. Jetzt bekam der Geschäftsführer von DBM-Energy den diesjährigen «Innovationspreis der Vernunft» des Hauses Burda. Seine neuartige Autobatterie stahl alle anderen Preisträgern, VW Polo, Toyota Prius, Renault Scenic im Berliner Meilenwerk die Schau. DBM-Energy ist ein 2008 gegründetes Startup mit 15 Mitarbeitern, das sich auf Stromspeicher spezialisiert hat, wie sie etwa vom Technischen Hilfswerk in Katastrophenfällen benötigt werden.

Leichte Dauerläufer

Die bohrmaschinenkoffergroßen Akkus müssen vor allem leicht sein und lange durchhalten. Hannemanns Versuche, mit seinen Dauerläufern auch dem Elektroauto auf die Beine zu helfen, stießen bis dato merkwürdig oft auf taube Ohren. Der Preis allerdings wird auch auf Vorschlag des einstigen Mercedes-Chefs und Jurymitglieds Jürgen Hubbert vergeben. Man würdigt, dass nun, wie es in der Laudatio heißt, «ein Auto der Kompaktklasse mit Elektroantrieb und einer Reichweite von 500 Kilometern keine Utopie mehr ist.» Hubberts aktueller Nachfolger Dieter Zetsche hingegen gab noch im Dezember zum Start des Projektes «e-mobility Berlin» zu Protokoll: „Das Batterie-Auto ist auch in Zukunft vor allem ein Stadt-Auto.« Mercedes testet in der Hauptstadt 100 Elektro-Smarts mit einer neu entwickelten Lithium-Ionen-Batterie, die aber leider schon nach 135 Kilometern schlappmacht und so teuer ist wie der Rest des Autos.

Kurswechsel bei Toyota?

Ladezustandsanzeige im Toyota-Prius Foto: Press-Inform

Allerdings muss man Zetsche zugutehalten, dass selbst der vermeintliche Technologieführer Toyota noch so seine Schwierigkeiten mit dem Thema hat. Ein Großversuch im vergangenen Jahr endete offenbar unbefriedigend. Denn Batteriepapst Koei Saga merkte dieser Tage an, Lithium-Ionen eigneten sich für reisetaugliche E-Autos nur, wenn man die Lebensdauer und die Kosten für den regelmäßigen Austausch vernachlässigt. Sie wären schlicht zu teuer. Deutet sich da ein Kurswechsel an? Wer, wenn nicht Toyota, würde es wissen? Schließlich entwickelt man bereits seit 1996 Lithium-Ionen-Batterien. Vor wenigen Tagen installierte man eine 50 Mann starke Ingenieurstruppe, die neue Batterie-Generationen erproben soll.

Statt Lithium-Ionen LMP-Technik

Die DBM-Batterie arbeitet nicht mit Lithium-Ionen. »Wir bauen Lithium-Metall-Polymer-Akkus, kurz LMP«, sagt Hannemann. In beiden Technologien sei zwar Lithium im Spiel, aber in seiner Batterie nur noch ein Zehntel des aktuell Üblichen. Es würden auch keine giftigen, zudem teueren Schwermetalle wie Kobalt benötigt, was Kosten spart. Hannemann kalkuliert lediglich mit der Hälfte des Lithium-Ionen-Aufwandes. Er kann sich eine weitere Halbierung vorstellen, würden seine Akkus erst in größeren Stückzahlen hergestellt. Zu den weiteren Vorzügen von LMP zählen das geringere Gewicht und eine höhere Energieausbeute. Der Wirkungsgrad ist zwanzig Prozent größer, weil die Batteriezellen nur knapp ein Prozent der Energie in Wärme umsetzen. Dass diese Summe verbesserter Eigenschaften Fachleute misstrauisch macht, liegt nahe. Professor Dirk Uwe Sauer ist Experte für elektrische Antriebe an der Uni Aachen und äußert sich zurückhaltend, auch weil er über Hannemanns Idee nur über das Internet informiert ist. Dass eine Hochenergiebatterie, wie da beschrieben, sich für ein Elektroauto eignet, hält er immerhin für möglich. »Die LMP-Technik war in den neunziger Jahren der Vorläufer der Lithium-Ionen. Man hat sie damals aufgegeben, weil sie eine geringe Lebensdauer aufwies, zu hohen Sicherheitsaufwand verlangte und erst ab 60 Grad Celsius so richtig funktionierte. Wenn das jetzt jemand gelöst haben sollte, wäre es bemerkenswert.« Skeptisch bleibt er, dass für die Batterie keine Kühlung nötig sein soll.

Batterie ohne Kühlung

Porsche Cayenne von RuF zum E-Auto umgebaut Foto: RUF

Genau das will der DBM-Energy durch eine neuartige Materialkombination, ohne flüssige Elektrolyte und einen schichtartigen Aufbau gelöst haben. »Unsere Batterie arbeitet selbst bei hoher Leistung stabil zwischen minus 40 und plus 100 Grad Celsius.« Jetzt sucht Hannemann nach einem Weg, das auch unzweifelhaft zu beweisen. Ein erster Anlauf beim Porsche-Umrüster RuF, einen Elektro-Cayenne zu bestücken, ging schief. »Kein Interesse«, signalisierte Siemens, die bei RuF für das Bordmanagement zuständig sind. Volkswagen oder Continental wollten unbedingt die LMP-Batterie zunächst in den eigenen Labors haarklein zerlegen. Ein Achtungserfolg hingegen gelang beim Logistikunternehmen Papstar in der Eifel. Ein fachkundig beaufsichtigter Test mit zwei baugleichen Gabelstaplern, einer mit herkömmlichem Blei-Akku, der andere mit LMP-Batterie bestückt, löste Staunen aus. Nur ein Drittel der Größe, ein Zehntel des Gewichts, dabei deutlich mehr verrichtete Arbeit, aber 70 Prozent weniger Energieeinsatz als der Blei-Akku begeisterten Papstar-Logistikchef Gregor Falke. Allerdings torpediert Staplerhersteller Still den Einsatz.

Viel Geld, wenig Ergebnisse

Erste Lithium-Ionen-Zellen von Li-Tec Foto: Li-Tec

Der DBM-Akku ist offensichtlich auch ein Affront. Während die Autobranche trotz millionenschwerer Subventionen für die Batterieforschung auf der Stelle tritt, schafft DBM mit eigenen Mitteln den Durchbruch? In die Entwicklung ist kein Euro aus irgendeinem Fördertopf geflossen. »Wir haben nicht mal einen Kredit dafür aufgenommen«, sagt Hannemann. Sein Problem: Die Autobranche ist unter Hochdruck auf anderem Kurs. Deutschland will mit dem 2009 von der Bundesregierung verabschiedeten »Nationalen Entwicklungsplan Elektromobilität« zum »Leitmarkt« für Elektroautos werden. Für die bereits 2007 gegründete »Innovationsallianz Lithium Ionen Batterie LiB 2015«, ein Konglomerat aus Firmen wie BASF, Evonik, Bosch oder Volkswagen, sind Fördermittel von 60 Millionen Euro ausgereicht. Die Industrie stockt um weitere 360 Millionen Euro auf, um schleunigst den Entwicklungsrückstand zu Japan und Korea aufzuholen. Gleichzeitig wird investiert. So stecken etwa Daimler und Evonik 200 Millionen Euro in den Aufbau von Europas größter Lithium-Ionen-Fabrik im sächsischen Kamenz. Sie will ab 2011 mit der Auslieferung beginnen und 2013 jährlich 2,9 Millionen Zellen produzieren. Lithium-Ionen gelten bis auf Weiteres als der Schlüssel zur E-Mobilität.

Doch der DBM-Akku ist einsatzfertig und kaum länger zu ignorieren. Bei Hannemann geben sich derweil spezielle Interessenten die Klinke in die Hand: kleine Sportwagenhersteller, große Flugzeugbauer, asiatische Technologie-Einkäufer. Auch das Wissenschaftsministerium hat einen Vorschlag gemacht. Einen eher unglücklichen, wie Hannemann findet. Er sollte einem Test der Batterie in einer Art Krankenfahrstuhl zustimmen. Er nicht begeistert. Das Fahrzeug benötige viel zu wenig Energie, um die Leistungsfähigkeit der LMP-Technik zu bewerten. »Es macht doch keinen Sinn zu beweisen, dass Krankenfahrstühle nur einmal im Jahr an die Steckdose müssen.« Und als Aushängeschilder  für einen Leitmarkt taugen sie gewiss auch nicht. Vielleicht aber der englische Elektro-Sportwagen Lightning GT (500 PS). Frank Meyer-Köhler ist deutscher Technologiepartner der britischen Entwickler. Nach unbefriedigenden Versuchen mit Lithium-Ionen-Akkus, will er nun mit Hannemann den Test machen. Die Sache sei »vielversprechend«, sagt er.

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