Daimler Trucks: Vom Nutzfahrzeug zum Schutzfahrzeug

Sicherheitsassistenten in Nutzfahrzeugen

Daimler Trucks: Vom Nutzfahrzeug zum Schutzfahrzeug
Daimler sichert seine Nutzfahrzeuge ab. © AG/Flehmer

Bei den Personenkraftwagen haben Fahrsicherheitssysteme bereits Einzug gehalten. Für die Nutzfahrzeuge sind die Assistenten ein noch wichtigerer Schritt auf dem Weg zum teilautonomen oder autonomen Fahren.

Von Thomas Flehmer

Die Vision vom unfallfreien Fahren steht seit einigen Jahren im Raum – ob die Umsetzung klappen wird, steht dagegen in den Sternen. „Wir sind fest entschlossen, die Vision Wirklichkeit werden zu lassen“, sagt Wolfgang Bernhard, Daimler Vorstand Trucks and Buses, vor 350 geladenen Gästen aus 25 Ländern zu Beginn der Veranstaltung „Shaping Future Transportation“ in der Nähe des noch unfertigen Flughafens BER vor den Toren Berlins.

Daimler bringt Mirror Cam

Mit Hilfe von Fahrsicherheitsassistenten soll die Nutzfahrzeugsparte der Stuttgarter zur Umsetzung der Vision beitragen. Was bei den Pkw bereits Einzug gehalten, steht bei den Lkw, Bussen und Vans noch am Anfang der Entwicklung und wird von Daimler forciert. ABS und ESP sind mittlerweile etabliert und haben gemeinsam mit einem Notbremsassistenten und Spurhalteassistenten dafür gesorgt, dass die Zahl der Unfälle mit Nutzfahrzeugen zwischen 2000 und 2001 um 60 Prozent rückläufig waren bei gleichzeitigem Anstieg des Lkw-Aufkommens über 15 Prozent.

Neben den Weiterentwicklungen der bereits zur Verfügung stehenden Assistenten – der Spurhalteassistent wird demnächst aktiv gegenlenken, der Notbremsassistent auch vor Fußgängern und Fahrradfahrern Halt machen – kündigte Bernhard auch zwei neue Systeme an. „Die Mirror Cam ersetzt den Rückspiegel und verbessert die Sicht des Fahrers nach hinten. Zugleich senkt sie den Luftwiderstandsbeiwert und somit auch den Verbrauch der Lkw.“

Abbiege-Assistent schützt Fahrradfahrer

Wolfgang Bernhard verhandelt mit möglichen iranischen Partnern
Daimler-Nutzfahrzeug-Chef Wolfgang Bernhard AG/Flehmer

Und – besonders wichtig im Stadtverkehr – wird Daimler demnächst den Abbiege-Assistenten in Serie bringen und will somit die Unfälle mit Fahrradfahrern beim Rechtsabbiegen laut Bernhard „um mindestens 50 Prozent senken. Die Nutzfahrzeuge wandeln sich immer mehr in Schutzfahrzeuge.“

Doch nicht nur Sicherheit, Verbrauch und auch Komfort werden dank der Assistenten gesteigert, die Systeme bringen – ebenso wie im Pkw-Bereich – auch die Nutzfahrzeuge auf den Weg zum autonomen oder teilautonomen Fahren. „Das autonome Fahren ist prädestiniert für Lastkraftwagen und ihren langen Strecken“, sagt Bernhard, „zudem fördert autonomes Fahren unfallfreies Fahren“, da auch die Fahrer nicht so schnell müde werden. Zudem könnten sich die Fahrer aus dem Geschehen ausklinken und zum Beispiel Büroarbeiten am Tablet erledigen. Der autonom fahrende Future Truck, den Daimler im vergangenen Jahr in der Nähe von Magdeburg vorgestellt hatte, hatte die Vorzüge bereits unter Beweis gestellt.

Daimler-Nutzfahrzeugchef Bernhard fordert Politik

Zudem hat Daimler seit kurzem die Erlaubnis, autonom fahrende Lkw im US-Bundesstaat Nevada fahren lassen zu dürfen. „Und ich verspreche Ihnen, das wird auch in Deutschland bald gehen“, setzt Bernhard auch die Politik unter Druck. „Die Politik sollte mithelfen, aktive Sicherheit durch teilautonomes Fahren zu erhöhen.“

Den parlamentarischen Staatssekretär den Bundesverkehrsministeriums hat Bernhard dabei auf seiner Seite, und das nicht nur weil Norbert Barthle aus der Gegend rund um Stuttgart stammt. „90 Prozent aller Unfälle passieren durch menschliches Versagen“, so Barthle, der eine Konvergenz zwischen „Mensch, Technik und Infrastruktur“ ausmacht.

Nationale Strategie zur IAA

Staatssekretär Norbert Barthle (l.) und Daimler-Nutzfahrzeugchef Wolfgang Bernhard
Staatssekretär Norbert Barthle (l.) und Daimler-Nutzfahrzeugchef Wolfgang Bernhard AG/Flehmer

So steht der Aspekt des autonomen Fahrens in Beziehung zu den Sicherheitsassistenten und auch zu der Kommunikation der Autos mit den öffentlichen Stellen und untereinander. „Wir haben einen runden Tisch zum Thema automatisiertes Fahren und wollen bis zur IAA im September eine nationale Strategie vorstellen, wie wir uns das vernetzte Fahren im Jahr 2020 vorstellen“, sagt Barthle. Für 2015 stehen 13 Millionen Euro für die Verkehrssicherheit zur Verfügung, „1,5 Millionen Euro mehr als im vergangenen Jahr“, so Barthle stolz.

Aber ein Klacks im Vergleich zu den zehn Milliarden Euro, die in Kooperation mit der Industrie geschnürt werden sollen, um schnelles Internet im Verkehr zu integrieren und das autonome Fahren auf diesem Wege zu fördern. Dann kommt man auch der Vision vom unfallfreien Fahren wieder näher.

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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