«Kein Klimaschutz, sondern Volksverdummung»

Daimler und RWE starten Projekt Elektroauto

Der Autobauer Daimler und der Stromkonzern RWE haben in Berlin das Projekt für klimafreundliche Elektroautos gestartet. Kritik an dieser Partnerschaft kommt aus der Politik und Umweltverbänden.

Von Frank Mertens

Die Szene war fast schon symptomatisch für diesen Tag. Als Jürgen Großmann am Freitag in einem Berliner Hotel versuchte, den von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit einem gelb-schwarzen Kabel versehenen Elektro-Smart an eine Ladestation anzuschließen, benötigte der RWE-Chef dazu gleich mehrere Anläufe. So etwas kann passieren und man müsste darum wirklich kein großes Aufheben machen.

Protest von Greenpeace

Doch dieser Tag verlief nun einmal nicht so reibungslos, wie sich das Daimler-Chef Dieter Zetsche und der mit ihm befreundete Großmann wohl gewünscht haben. Denn begleitet wurde der Start des weltweit größten Gemeinschaftsprojektes für klimafreundliche Elektroautos mit einem Protest von Greenpeace. Die Umweltschützer hatten sich mit einem zum rosa Klimaschwein umgewandelten Smart vor dem Hotel postiert, vor dem mehrere Säcke Kohle ausgeschüttet waren. Auf einem Transparent war zu lesen: «Smart und Kohlestrom von RWE = Klimaschwein».

«Es ist bedauerlich, dass Daimler sich RWE als Stromlieferanten für seinen Elektro-Smart ausgesucht hat. Damit werden die Klimaschutzbemühungen absolut unglaubwürdig», sagte Greenpeace- Verkehrsexperte Marc Specowius. So würde laut Specowius ein mit RWE-Strom aufgeladener Elektro-Smart pro Kilometer 90 Gramm C02 emittieren. «Ein Smart Diesel kommt indes nur auf 88 Gramm.» Großmann entgegnete zu diesen Zahlen, dass sein Unternehmen bereits schon heute massiv in erneuerbare Energien investieren würde und damit die C02-Emissionen bei der Stromproduktion deutlich reduziere. Mit dem Projekt «e-mobility» wolle man «die Städte sauberer und leiser machen».

Kritik zurückgewiesen

Daimler-Chef Dieter Zetsche ließ sich von der Greenpeace-Kritik scheinbar nicht irritieren, er verwies darauf, dass ein Elektro-Smart gegenüber einem Fahrzeug mit Verbrennungsmotor eine deutliche Reduktion bei den C02-Werten bringe und entsprechend klimafreundlicher sei. Kritik an der Wahl des Partners RWE ließ Zetsche auch nicht gelten. «Wir haben mit RWE genau den richtigen Partner für dieses Projekt.»

Doch nicht nur von Greenpeace kam Kritik, sondern auch von den Grünen. «Elektroautos mit Atom- und Kohlestrom von RWE sind kein Klimaschutz, sondern Volksverdummung», ließ Grünen-Fraktionschef Fritz Kuhn in einer Presseerklärung mitteilen. «Elektroautos sind nur dann ein grünes Projekt, wenn der Strom aus erneuerbaren Energien kommt.» Kuhn nahm bei seiner Kritik auch Bundeskanzlerin Merkel, die von einem «wegweisenden Projekt für die Hauptstadt sprach, nicht aus: »Wenn es um Autos geht, setzt Angela Merkels klimapolitisches Gewissen völlig aus.«

Glaubwürdigkeit

Angela Merkel und Dieter Zetsche (l.) und Matthias Wissmann Foto: dpa

Auch Zetsche wird gemerkt haben, dass dieser Tag für ihn harmonischer verlaufen wäre, wenn er sich bei der Partnerwahl für einen reinen Öko-Strom-Anbieter entschieden hätte. »Glaubwürdig wäre Daimler bei der Einführung des Elektro-Smart nur dann gewesen, wenn man auf einen Anbieter gesetzt hätte, der seinen Strom ausschließlich aus erneuerbaren Energien gewinnt«, sagte Greenpeace. Ob ein reiner Öko-Stromanbieter wie beispielsweise Lichtblick überhaupt finanziell in der Lage gewesen wäre, die Infrastruktur für ein solches Projekt zu stemmen, lassen die Umweltschützer indes unbeantwortet.

Daimler und RWE sehen in dem Projekt jedenfalls den Start in das Zeitalter der Elektromobilität. »Wir sind überzeugt: Die Zukunft der Mobilität ist grün, und die deutsche Industrie hat alle Voraussetzungen, um auf dem Weg dorthin eine Führungsrolle zu übernehmen«, sagte Zetsche. »Wir haben das Automobil erfunden, jetzt erfinden wir es neu.« So will Daimler bis Ende 2009 jedenfalls 100 Elektroautos auf Berlins Straßen fahren lassen, die dann an 500 Ladestationen von RWE aufgeladen werden können. Die Smarts, die in der Hauptstadt fahren werden, sind dann im Gegensatz zu den bereits in London seit fast zwei Jahren laufenden Elektro-Smarts mit einer modernen Lithium-Ionen-Batterie ausgestattet. Sie liefert Energie für eine Reichweite von rund 150 Kilometer.

Plädoyer für Atomstrom

Damit die Kunden sich in Zukunft auch für die teureren Elektroautos entscheiden, müssten sie dafür auch einen Anreiz haben. »Wenn sie wirtschaftlich attraktiv sein sollen, muss ihre Nutzung, also der Preis pro Kilometer so niedrig wie möglich sein«, sagte Matthias Wissmann als Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA). Deshalb forderte er, dass für die Stromproduktion alle zur Verfügung stehenden Energieoptionen im Blick behalten werden sollten. Vor allem auch die mit einer guten C02-Effizienz. Damit sprach sich Wissmann indirekt für eine Verlängerung der Restlaufzeiten für Atomkraftwerke aus. Eine solche Aussage machte Specowius fast sprachlos. »Wer so etwas fordert, der hat die Zeichen der Zeit nicht verstanden.«

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