«Energiewende wird Elektromobilität Schub verleihen»

Daimler-Entwicklungsvorstand Thomas Weber

«Energiewende wird Elektromobilität Schub verleihen»
Thomas Weber (l.) und Dieter Zetsche bei der Zielankunft der F-Cell-Fahrzeuge in Stuttgart. © Daimler

Für Thomas Weber wird die Energiewende der Elektromobilität einen Schub verleihen. Im Interview mit der Autogazette spricht der Daimler-Entwicklungsvorstand über den Bau von Wasserstofftankstellen und darüber, weshalb am Ende die «Schnelleren die Erfolgreicheren» sein werden.

Daimler-Entwicklungsvorstand Thomas Weber hat die Energiewende der Bundesregierung begrüßt. «Ich bin fest davon überzeugt, dass die Energiewende der Elektromobilität einen deutlichen Schub verleihen wird. Die Kunden verlangen bei der Elektromobilität nach grünem Strom und den werden sie zukünftig bekommen, nachdem nun der Ausbau regenerativer Energien vorangetrieben wird», sagte Weber im Interview mit der Autogazette. «Wir bei Daimler setzen auf grüne Technologien, von daher können wir die Energiewende begrüßen. Vor allem wenn sie mit Augenmaß und im Konsens mit allen Beteiligten umgesetzt wird.»

«Strom darf sich nicht deutlich verteuern»

Mit Blick auf eine mögliche Gefährdung des Industriestandortes Deutschlands durch die Energiewende sagte Weber: «Natürlich muss man aufpassen, dass nichts überstürzt wird. Manchmal gewinnt man den Eindruck, dass hier sehr, sehr schnell agiert wurde. Deshalb ist es wichtig, dass man nun die weiteren Schritte mit Bedacht geht.» Wie Weber hinzufügte, müsse man auch im Blick haben, «dass sich der Strom nicht deutlich verteuert, denn das wäre ein deutliches Hemmnis für den Innovationsstandort Deutschland sowie die Marktdurchdringung der Elektromobilität».

«Thema Wasserstoffversorgung muss Fahrt aufnehmen»

Autogazette: Herr Weber, Daimler wird sich zusammen mit Linde am Aufbau von 20 Wasserstofftankstellen beteiligen. Haben Sie kein Zutrauen in die Mineralölwirtschaft, deren Aufgabe das eigentlich wäre?

Thomas Weber: Das Thema Wasserstoffversorgung muss einfach deutlich mehr Fahrt aufnehmen, um die Markteinführung von Elektrofahrzeugen mit Brennstoffzelle nach vorn zu bringen. Deshalb haben wir uns jetzt zusammen mit Linde zu diesem Engagement entschlossen.

Autogazette: Diese Initiative von Daimler und Linde steht auch anderen Industrie-Partnern offen. Wäre es nicht sinnvoller gewesen, diese gleich mit ins Boot zu holen anstatt einen Alleingang beim Ausbau einer flächenmäßigen Wasserstoffinfrastruktur zu gehen?

Weber: Manchmal muss man den ersten Schritt tun, um ein Thema anzuschieben. Daimler und Linde sind ja auch Mitglied in der Initiative H2 Mobility, einem Zusammenschluss verschiedener Partner aus der Industrie. Doch wenn viele Partner zusammen sitzen, können sich Prozesse auch verlangsamen. Unser Engagement ist ein Weckruf an die Branche, die Politik, aber auch an die direkten Mitbewerber, dass hier etwas getan werden muss, um diese zukunftsträchtige Technologie voranzubringen. Wir freuen uns über jeden, der sich nun an unsere Initiative beteiligen will.

«Nehmen das Heft des Handelns in die Hand»

Die Betankung mit Wasserstoff dauert nur drei Minuten dpa

Autogazette: Aber was sind schon 20 Wasserstofftankstellen, wenn man für eine flächenmäßige Infrastruktur mindestens um die 800 bis 900 Anlagen benötigt?

Weber: Es ist schon einmal eine Verdreifachung der bisherigen Zahl von öffentlichen H2 Tankstellen in Deutschland. Deshalb haben wir uns entschlossen, nicht zuletzt aufgrund der positiven Resonanz auf unserer F-CELL World Tour, ein Jahr früher, das heißt 2014 in die Großserienproduktion zu gehen. Aber es reicht ja nicht aus, Fahrzeuge auf den Markt zu bringen, für diese aber noch keine Tankstellen zu haben. Deshalb nehmen wir das Heft des Handelns jetzt in die Hand.

Autogazette: Sie sprachen bei der Bekanntgabe dieser Initiative davon, dass Deutschland nun auf dem Weg zu einem Leitmarkt sei. Ist das nicht arg übertrieben?

Weber: Nein, absolut nicht. Mit unserer Welttour haben wir gezeigt, dass die Elektromobilität mit Brennstoffzellen die zukunftsträchtigste Technologie überhaupt ist. Wir haben mit jedem Fahrzeug mehr als 30.000 Kilometer ohne jegliche Probleme absolviert und damit haben wir gezeigt, dass diese Technik absolut alltagstauglich ist. Damit nehmen wir die Führungsrolle ein. Zeigen Sie mir einen anderen Hersteller, der so weit ist wie wir.

Autogazette: Ein Wasserstofffahrzeug bietet im Vergleich zu einem reinen Elektroauto deutliche Vorteile. Werden Sie sich nun verstärkt auf die Brennstoffzelle konzentrieren?

Weber: Elektroautos mit Brennstoffzelle bieten in der Tat enorme Vorteile. Sie erzielen eine emissionsfreie Reichweite von derzeit 400 Kilometer und sind nur rund drei Minuten betankt, genau so schnell wie ein Auto mit Verbrennungsmotor. Aber wir werden natürlich auch weiter an unseren batterie-elektrischen Autos arbeiten, denn das ist genau der richtige Weg für die innerstädtische Mobilität ohne Emissionen. Auch da sind wir gut unterwegs.

«Energiewende wird Elektromobilität Schub verleihen»

Die Mercedes B-Klasse F-Cell unterwegs in China Mercedes

Autogazette: Kann die von der Bundesregierung beschlossene Energiewende der Elektromobilität in Deutschland einen Schub verleihen?

Weber: Ich bin fest davon überzeugt, dass die Energiewende der Elektromobilität einen deutlichen Schub verleihen wird. Die Kunden verlangen bei der Elektromobilität nach grünem Strom und den werden sie zukünftig bekommen, nachdem nun der Ausbau regenerativer Energien vorangetrieben wird. Wir bei Daimler setzen auf grüne Technologien, von daher können wir die Energiewende begrüßen. Vor allem wenn sie mit Augenmaß und im Konsens mit allen Beteiligten umgesetzt wird.

Autogazette: Stellt die Energiewende für den Industriestandort Deutschland denn kein Risiko dar?

Weber: Natürlich muss man aufpassen, dass nichts überstürzt wird. Manchmal gewinnt man den Eindruck, dass hier sehr, sehr schnell agiert wurde. Deshalb ist es wichtig, dass man nun die weiteren Schritte mit Bedacht geht. Wir müssen auch im Blick haben, dass sich der Strom nicht deutlich verteuert, denn das wäre ein deutliches Hemmnis für den Innovationsstandort Deutschland sowie die Marktdurchdringung der Elektromobilität.

«Die Schnelleren werden die Erfolgreicheren sein»

Der Mercedes SLS AMG E-Cell Daimler

Autogazette: Ursprünglich wollten Sie wie Toyota ihre Brennstoffzellenautos erst 2015 auf den Markt bringen, nun bereits ein Jahr früher. Schaffen Sie sich damit einen Wettbewerbsvorteil?

Weber: Wir machen das aus Überzeugung, weil wir sehr gut positioniert sind. Die Schnelleren werden die Erfolgreicheren sein.

Autogazette: Welches Fahrzeug wird man 2014 als erstes Brennstoffzellenfahrzeug auf den Markt bringen, die B-Klasse?

Weber: Das verrate ich Ihnen jetzt noch nicht. Doch so viel kann ich Ihnen doch sagen: Die B-Klasse ist für diese Technologie geradezu prädestiniert.

Autogazette: Sie sind nun als Autobauer ins Tankstellengeschäft eingestiegen, wann werden Sie wie Ihre Kollegen von Audi ins Stromgeschäft einsteigen?

Weber: Als Technologieführer muss man auch ungewöhnliche Schritte gehen. Doch unser Geschäftsmodell ist nicht das Tankstellen- oder das Energiegeschäft, wir wollen mit dieser Initiative den gordischen Knoten durchschlagen.

«Wir brauchen keinen derartigen Deckmantel»

Ein Elektro-Smart an der Steckdose Daimler

Autogazette: Für Sie ist es kein Thema, in Offshore-Windanlagen zu investieren?

Weber: Das lenkt vom eigentlichen Thema ab. Wir brauchen keinen derartigen Deckmantel. Ich denke, es ist viel entscheidender, sich auf die richtigen Fahrzeugtechnologien zu konzentrieren.

Autogazette: Der VW-Konzern wird mit seinen Joint-Venture-Partnern ab Ende 2013 bzw. Anfang 2014 zwei Elektroautos für den chinesischen Markt anbieten. Ist Daimler hier trotz seiner Partnerschaft mit BYD erneut nur zweiter Sieger?

Weber: Wieso? Wir sind gerade dabei, mit unserem Partner BYD ein Elektroauto zu entwickeln und wir kommen gut voran. Ich muss mich nicht mit Zahlenspielen der Konkurrenz auseinandersetzen.

Autogazette: Wann werden Sie denn ein E-Auto für China anbieten?

Weber: Den Elektro-Smart gibt es bereits in China. Und 2013 kommt das Elektrofahrzeug aus unserer Kooperation mit BYD. Ich sehe den Ankündigungen unserer Mitbewerber aus einer Position der Stärke heraus sehr gelassen entgegen.

Das Interview mit Thomas Weber führte Frank Mertens

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