Vernetzte Mobilität als Problem für den Datenschutz

Das Auto als «Datenkrake»

Vernetzte Mobilität als Problem für den Datenschutz
Eine Facebook-App im Command Online-System eines Mercedes. © Daimler

Moderne Autos werden immer mehr zu einem fahrenden Rechenzentrum. Dadurch erwachsen für die Autobauer neue Herausforderungen beim Datenschutz. Deshalb spiele das Thema bereits in der Entwicklung eine wichtige Rolle, heißt es bei Daimler.

Von Frank Mertens

Nicht erst seit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Vorratsdatenspeicherung spielt das Thema Datenschutz für Daimler eine wichtige Rolle. Datenschutz und Informationssicherheit sind für den Autobauer von zentraler Bedeutung, das gilt auch für die zunehmende Vernetzung des Fahrzeugs", sagte Christine Hohmann-Dennhardt, bei Daimler Vorstand für Integrität und Recht, zu Wochenbeginn bei der Vorstellung des Nachhaltigkeitsberichts des Unternehmens in Berlin.

Vor dem Hintergrund, dass die Fahrzeuge immer stärker vernetzt sind und damit auch zu einem Datensammler werden, betonte Hohmann-Dennhardt, dass es für Daimler selbstverständlich sei, dass die Kunden stets die volle Transparenz über die dort gesammelten Daten hätten. "Entweder per Vertrag, Einwilligung oder Knopfdruck." Vor diesem Hintergrund spiele das Thema Datenschutz bereits in der Entwicklung eine entscheidende Rolle. Beide Themen gingen hier "Hand in Hand", denn „Datenschutz sei Kundenschutz“.

Vorschlag einer Allianz der Autobauer wird begrüßt

Da moderne Autos aufgrund der Vernetzung des Autos mit dem Smartphone und einer Vielzahl von Fahrassistenzsystemen immer mehr zu einem fahrenden Rechenzentrum geworden sind, stehen die Autobauer mit Blick auf den Schutz der Nutzer-Informationen vor einer riesigen Aufgabe. Deshalb hatte VW-Chef Martin Winterkorn bereits auf der weltgrößten Computermesse CeBIT Anfang März eine Allianz der Autobauer für mehr Datenschutz gefordert. Schließlich dürfe das Auto nicht zu einer Datenkrake werden, hatte der VW-Chef gemahnt. Das Anliegen einer Allianz der Autobauer wird auch von Daimler unterstützt. „Wir sind dabei. Wir begrüßen diesen Vorschlag und befinden uns hierzu in Gesprächen“, sagte Daimler-Entwicklungsvorstand Thomas Weber.

Bei den Stuttgartern versucht man bereits heute, das Datensammeln möglichst zu reduzieren. So würden beispielsweise die Daten von Fahrassistenzsystemen wie dem Müdigkeitswarners oder der Distronic Plus (sie kann u.a. automatische Bremsungen einleiten) "nur flüchtig gespeichert". Damit stehen die Daten dieser Assistenzsysteme beispielsweise auch nicht mehr Versicherungen oder Ermittlungsbehörden für die Klärung eines Unfallherganges zur Verfügung.

Selbstbestimmung der Daten

Daimler-Entwicklungsvorstand Thomas Weber.
Daimler-Entwicklungsvorstand Thomas Weber AG/Mertens

Da es manchmal aber auch für den Fahrer wichtig sein kann, dass die Daten eines Unfalles gespeichert werden, um im Falle eines möglichen Streits als Beweismittel zu dienen, kommt der Selbstbestimmung der Daten für den Kunden eine wichtige Bedeutung bei. Im Idealfall soll er mittels Knopfdrucks selbst entscheiden können, ob Daten gespeichert werden oder eben nicht. Ohnehin liege die Entscheidung, wie viele Daten gesammelt werden können, letztlich beim Kunden. So sei er ja nicht gezwungen, beispielsweise sein Smartphone mit dem Auto zu vernetzen, wie Hohmann-Dennhardt sagte.

Doch wenn er es tut und beispielsweise Apps von Facebook oder Google+ in seinem Fahrzeug nutzt, biete Daimler ihm den höchstmöglichen Datenschutz und schaffe zudem Transparenz darüber, welche Informationen gespeichert werden. Dazu nutzt Daimler das so genannte Vehicle Backend, eine sichere Virtual Privat-Network-Verbindung, wie Weber erklärte. Deren Server stehen in Stuttgart und seien damit vor Datenmissbrauch bestmöglich geschützt. Diese VPN-Verbindung überwacht die Verbindungen zu allen Internetdiensten und übernimmt damit Funktionen wie Autorisierung und Authentifizierung und stellt zugleich den Datenschutz sicher. Das Thema Datenschutz sei übrigens längst kein rein deutsches mehr, sondern sei überall von Interesse, „die NSA lässt grüßen“, so Weber.

Blackbox als Muss beim autonomen Fahren

Ein Müdigkeitswarner in einem Mercedes Daimler

Vor dem Hintergrund des zunehmenden technischen Fortschritts wird Datenschutz zukünftig auch weiter im Focus der Hersteller und vor allem auch des Gesetzgeber stehen. Bereits heute bietet Daimler – wie auch andere Hersteller – in ihren Autos teilautonome Fahrfunktionen wie beispielsweise einen Staupiloten an.

Und das autonome Fahren rückt näher, nachdem die Stuttgarter im vergangenen Jahr mit einem Forschungsfahrzeug S 500 Intelligent Drive eine Strecke von über 100 Kilometer autonom zurückgelegt haben. Daimler hat sich zum Ziel gesetzt, bereits vor 2020 die ersten autonomen Fahrfunktionen anzubieten. Doch bis es dazu kommen wird, muss zunächst auch einmal der gesetzliche Rahmen geschaffen werden – und dazu würde mit Blick auf das autonome Fahren auch eine Blackbox gehören, die die Fahrdaten kurz vor einem eventuellen Unfall aufzeichne. Ein Aspekt, der weitere datenschutzrechtliche Fragen aufwirft.

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