Daimler läuft in China BMW und Audi hinterher

Schwierige Aufgabe für Troska

Daimler läuft in China BMW und Audi hinterher
Hubertus Troska verantwortet das China-Geschäft von Daimler. © Daimler

Daimler fährt der Konkurrenz auch in China hinterher. Während BMW und vor allem Audi von Absatzrekord zu Absatzrekord jagen, wachsen die Schaben nur sehr bescheiden. Dennoch will China-Vorstand Hubertus Troska den Absatz bis 2015 fast verdoppeln.

In zweieinhalb Jahren muss Hubertus Troska Farbe bekennen. Bis 2015 will Daimlers neuer China-Vorstand den Absatz der Stuttgarter auf dem weltgrößten Automarkt auf 300.000 Stück gesteigert haben. Das sind fast 50 Prozent mehr als der Konzern vergangenes Jahr auf die Straße brachte – und trotzdem noch immer deutlich weniger als die Konkurrenz von Audi und BMW bereits 2012 verkaufte.

China ist für Daimler kein Selbstläufer

Aber selbst dieses vergleichbar bescheidene Ziel ist alles andere als ein Selbstläufer. Rund 12 Prozent Wachstum braucht Daimler Jahr für Jahr, um die Marke zu knacken. So stark dürfte Chinas gesamter Premiummarkt dieses Jahr aus Sicht der Stuttgarter etwa zulegen. Aber für sich selbst trauen sie sich keine eigene Prognose zu. Darin will mancher Beobachter sogar die Warnung vor einer erneuten Nullrunde erkennen. Schon 2012 war der Absatz nur minimal gestiegen.

Und so hat Troska alle Hände voll zu tun, um den Konzern in China auf Kurs zu bringen. «Daimler hat mehrere Baustellen», sagt Marktanalyst Huaibin Lin von IHS Automotive in Shanghai. Die Auswahl der Modelle, das Händlernetz, die Vertriebsstruktur: Es gibt kaum einen Aspekt, bei dem der Konzern in China auf Augenhöhe mit der Konkurrenz von BMW und Audi ist. Und die denkt ihrerseits gar nicht daran, ihr steiles Tempo in China zu drosseln. So erinnert Daimlers Aufholjagd ein wenig an das Rennen von Hase und Igel.

Aufholjagd mit Mercedes GLA

Die Stuttgarter können nur hinterherlaufen, statt die Konkurrenz vor sich herzutreiben. Mit dem Kompakt-SUV GLA haben sie am Wochenende auf der Automesse in Shanghai zwar ein Modell für das schnell wachsende Segment der kleinen Geländelimousinen vorgestellt. Das Auto soll sogar in China gebaut werden – aber das macht BMW mit seinem X1 schon lange. Auch Audi fertigt den Q3 im Reich der Mitte.

Beim Vertriebsnetz herrscht ein ähnliches Bild. Die Stuttgarter wollen ihres in diesem Jahr um 75 Händler auf knapp 340 ausbauen. Vor allem die Städte der dritten und vierten Reihe sollen erschlossen werden. Immerhin gibt es in China rund 300 Städte mit mehr als einer Million Menschen. Aus dieser Breite dürfte in den nächsten Jahren das größte Wachstum herkommen. Aber Daimler ist nur in 115 Städten vertreten, die Konkurrenz ist bedeutend weiter. BMW könnte dieses Jahr eher auf 400 Händler kommen, Audi peilt 500 Stück bis 2017 an.



Und nicht nur die Masse fehlt - auch beim Service gibt es Luft nach oben. In einer Studie zur Kundenzufriedenheit in China durch die Marktforscher von J.D. Power schnitt Mercedes-Benz vor einem Jahr schlechter ab als der Durchschnitt. Unter den ersten 23 Plätzen sind die Stuttgarter nicht aufgeführt. Dagegen liegen Audi und BMW im vorderen Feld auf den Rängen sieben und acht.

Das ist zwar kein Beweis – aber für Branchenexperten immerhin ein deutliches Anzeichen dafür, dass im Händlernetz der Stuttgarter der Wurm drin ist. Oder mindestens war. Troska will hier ansetzen: «Kundenzufriedenheit steht ganz oben auf meiner Liste», sagt er.

Zusammenführung der Vertriebsgesellschaften

Mercedes präsentiert auf der Auto Shanghai die Langversion der E-Klasse.
Die Langversion der Mercedes E-Klasse. Daimler

Aber seine wichtigste Aufgabe könnte die Zusammenführung der Vertriebsgesellschaften sein, die früher getrennt für importierte und lokal gefertigte Autos arbeiteten. Erst seit Dezember sind sie formell unter einem Dach gebündelt – nachdem ihr Nebeneinander den Stuttgartern zuvor einigen Ärger eingebrockt hatte.

Über Details schweigt sich Daimler aus. In der Branche ist aber von einem heftigen Wettbewerb zwischen den Organisationen die Rede - und von einer Rabattschlacht innerhalb des eigenen Hauses. Bis zu 40 Prozent Nachlässe sollen dabei entstanden sein.

Solche Zahlen bestätigt Daimler nicht. Aber Konzernchef Dieter Zetsche sagt über die beiden Sparten, die eigentlich wenig miteinander zu tun hatten: «Wo es Interaktion gab, war die manchmal eher kontrovers als konstruktiv.»

Dass diese Doppelstruktur zu solchen Problemen führen könnte, hatte Daimler schlicht unterschätzt. Jahrelang liefen die Geschäfte in China wie geschmiert, als Spätstarter hatten die Stuttgarter bis 2010 fast schon zur Konkurrenz aufgeschlossen. «Uns wurde gesagt, es sei nur eine Frage von Monaten, bis wir an BMW vorbeiziehen», sagt Zetsche im Rückblick. Doch die Wachstumsraten blendeten Daimler: «Das hat die Probleme im eigenen Haus vielleicht auch ein wenig überspielt», räumt der neue China-Vorstand Troska ein.

Erst 2011 und vor allem im vergangenen Jahr, als die importierten und vor Ort produzierten Autos auf ähnliche Stückzahlen kamen, waren die Probleme nicht mehr zu übersehen. Jetzt müssen die ehemaligen Konkurrenten Hand in Hand arbeiten. Troska spricht von «zwei Kulturen», die zusammengeführt werden müssen. Das kann dauern. (dpa)

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