Daimlers Future Bus: Autonom durch die Stadt

Zukunft des ÖPNV

Daimlers Future Bus: Autonom durch die Stadt
Der Future Bus von Daimler im Einsatz. © Daimler

Erst Pkw, dann Lkw. Jetzt der Bus. Daimler hat in Amsterdam einen selbstfahrenden Bus präsentiert. Er beeindruckt dabei nicht nur durch seine Technik, sondern auch durch seinen futuristischen Innenraum.

Schon seit etlichen Jahren arbeitet der Daimler-Konzern an autonom fahrenden Fahrzeugen. Ob Pkw oder Lkw – in diversen Segmenten hat der Stuttgarter Autobauer selbstfahrende Studien auf die Straße gebracht. Jüngster Streich ist ein Nahverkehrsbus namens Future Bus, der theoretisch auch ohne Fahrer unterwegs sein könnte.

Als den „ersten autonomen Bus überhaupt“ kündigt Daimler-Vorstand Wolfgang Bernhard in einer pompös inszenierten Show den Future Bus an, der in einer ehemalige Fabrikhalle nahe des Amsterdamer Flughafens Schiphol unter lautem Trommelwirbel einfuhr. Vor seiner offiziellen Publikumspremiere auf der IAA Nutzfahrzeuge im September beeindruckte das Fahrzeug mit Autopilot-Funktion sein Publikum mit seiner futuristischen Aura. Mit riesigen Glasflächen, großzügigen LED-Lichtinstallationen und seiner asymmetrischen Form bietet er einen spektakulären Anblick.

Innenraum der Zukunft

Wichtiger als die progressive, jedoch nicht für den Serienbau vorgesehene Innenausstattung ist aber die Autopilot-Technik. Hier hat Daimler das 2014 in dem autonom fahrenden Future Truck vorgestellte System namens Highway Pilot übernommen und auf die spezifischen Anforderungen eines Nahverkehrsbusses angepasst. Die im Future Bus City Pilot genannte Adaption verfügt unter anderem über 14 Kameras, diverse Radarsensoren, ein dank der Einbeziehung von Korrekturdaten besonders genau messendes DGPS-Ortungssystem, ein WLAN-basiertes System für die Kommunikation mit der Infrastruktur sowie über geballte Rechnerkraft. Das Autonomie-Fahrpaket für Nahverkehrsomnibusse soll es dem Busfahrer erlauben, jederzeit auf Autopilot umzuschalten. Das Fahrzeug kann dann von selbst seine fahrplanmäßige Strecke abfahren.

In Amsterdam durfte der Daimler Future Bus dies auf einer exklusiv Bussen vorbehaltenen sogenannten BRT-Strecke (Bus Rapid Transit) zwischen Schalkwijk Centrum und Schiphol tun. Auf dieser Strecke kommen dem Fahrzeug keine anderen Verkehrsteilnehmer in die Quere. Den komplexen Anforderungen eines echten Straßenverkehrs ist das System nämlich noch nicht gewachsen.

Im Future Bus fühlt man sich auch als Fahrgast durchaus wohl. Das lichte und organische Interieur hat seinen Charme, scheint allerdings nur bedingt praxistauglich zu sein. Ganz konventionell ist hingegen der Antrieb: Hier kommt ein klassischer Diesel zum Einsatz, der in altbekannter Manier im Heck rumpelt. Der vorne sitzende Busfahrer im offenen und volldigitalen Cockpit kann auf Autopilot umschalten und schon schließt der Bus von allein die Türen und setzt zur Fahrt an. Das Beschleunigen wirkt etwas behäbig, soll damit laut Daimler aber spritsparend und materialschonend sein.

DGPS sorgt für Zentimeter genaues Fahren

Daimler Future Bus
Der Innenraum des Future Bus Daimler

Dank DGPS weiß der Bus jederzeit auf den Zentimeter genau, wo er sich gerade befindet. Zudem orientiert sich der City Pilot unter anderem an Fahrbahnmarkierungen. Verblüffend ruhig und präzise fährt er dank dieser Technik seine Route ab. Als allerdings kurzweilig der WLAN-Kontakt zu einer Ampel abreißt, kommt es zu einer überraschend heftigen Bremsung. In einem solchen Moment wechselt das Fahrzeug in den Safe-Modus. Doch der WLAN-Kontakt ist schnell wiederhergestellt und so kann der Bus seinen autonomen Kurs fortsetzen.

Bis zu 70 km/h schnell fährt er durch langgezogene Kurven, Tunnel oder über Ampelkreuzungen. Haltestellen nähert er sich bis nah an den Bürgersteig. Anschließend öffnen und schließen die beiden zentralen Doppeltüren automatisch. Zu Demonstrationszwecken springt nun ein Daimler-Mitarbeiter vor den wieder anfahrenden Bus, der aber dank Personenerkennung eine automatische Bremsung einleitet. Dieses Mal verläuft der Notstopp überraschend sanft. Laut Daimler bremst der City Pilot in Gefahrsituationen geschmeidiger als ein Fahrer. Dadurch, so die Ingenieure, soll es im Praxisbetrieb seltener zu Verletzungen bei den Fahrgästen kommen.

Obwohl der City Pilot den Bus teilweise besser beherrscht als ein menschlicher Fahrer, überlässt man dem Future Bus nicht die alleinige Entscheidungsgewalt. Vorerst muss immer ein Fahrer an Bord sein. Selbst auf der speziell präparierten BRT-Teststrecke ist die Realität einfach noch zu komplex. So erkennt der City Pilot zum Beispiel eine die Fahrbahn querende Entenfamilie nicht. Außerdem gibt es noch keine Reaktionsroutine für Alarmfahrten von Krankenwagen oder Feuerweht. Spätestens hier muss dann der Fahrer manuell eingreifen.

Hat ein autonomer Stadtbus überhaupt Zukunft? Daimler glaubt an die Leistungsfähigkeit eines solchen Konzepts zumindest auf BRT-Strecken. Zunächst wird man aber noch weiter testen. Anfang des nächsten Jahrzehnts könnte der Konzern eine Serienlösung anbieten. Busfahrer in Deutschland müssen sich um ihren Job dennoch keine Sorgen machen. Bis ein wirklich fahrerloser Bus zum Einsatz kommt, wird noch sehr viel Zeit vergehen. Zudem sind BRT-Strecken in Deutschland vorläufig noch nicht einmal in Planung. Anders ist das hingegen in Regionen wie Amsterdam. Unter anderem dort sehen Daimler und die dortigen Städteplaner daher Potenzial für den Einsatz von teilautonomen Nahverkehrsbussen. (SP-X)

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Frank Mertens
Nach dem Studium hat er in einer Nachrichtenagentur volontiert. Danach war er Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche.

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