Mercedes: ABA 5 hilft Leben retten

Trucksparte bringt Notbremsasstistent in Serie

Mercedes: ABA 5 hilft Leben retten
Der Actros ist ab 2020 mit dem Active Brake Assist 5 serienmäßig unterwegs. © Daimler

Die Trucksparte von Mercedes will Unfälle vermeiden helfen. Deshalb bringen die Schwaben jetzt nicht nur den Notbremsassistenten ABA 5 in Serie, sondern bieten ihren Abbiegeassistenten auch als Nachrüstlösung an.

Die Zahlen erschrecken. Laut der gerade vorgestellten amtlichen Statistik sind im vergangenen Jahr 458 Fußgänger im Straßenverkehr ums Leben gekommen. Dabei starben allein 54 Menschen bei Unfällen mit Lkw über 3,5 Tonnen, 148 wurden schwer verletzt.

Ähnlich erschreckend sieht die Bilanz bei Lastwagen über zwölf Tonnen aus, die bei Radfahrern überwiegend für tödliche Unfälle verantwortlich sind: Hier sind nach Angaben der Unfallforschung der Versicherer (UDV) laut den zuletzt verfügbaren Erhebungen 2015 49 Fußgänger und genauso viele Radfahrer bei Kollisionen mit solchen schweren Lkw getötet worden. Das Gros der Radfahrer war dabei in Unfällen mit rechtsabbiegenden Lkw verwickelt.

Notbremsassistent kommt 2020 in Serie

Der Active Brake Assist 5 erkennt auch Radfahrer und Fußgänger. Grafik: Daimler

Damit Unfälle mit Radfahrern zukünftig möglichst verhindert werden, bietet die Trucksparte von Mercedes seinen bereits seit 2016 verfügbaren Abbiegeassistenten nun nicht nur ab Werk, sondern auch als Nachrüstlösung an. Das kündigte Mercedes-Lkw-Chef Stefan Buchner am Donnerstag bei einem „Saftey Dialog“ in Berlin an. „In Deutschland werde bereits jeder zweite Actros mit einem Abbiegeassistenten bestellt, in Europa ist es jeder 4“, sagte Buchner. Doch die Schaben, die bei der Sicherheitstechnik für Lkw eine Führungsrolle einnehmen, gehen noch weiter. Ab dem kommenden Jahr bringen sie den Notbremsassistenten Assistent Brake Assist (ABA 5) in Serie.

„Unsere Sicherheitsassistenzsysteme leisten einen wichtigen Beitrag zur Vermeidung von Unfällen, daher ist es unser Ziel, sie in hoher Zahl auf die Straße zu bringen. Wenn wir nun ab dem kommenden Jahr automatisch jeden neuen Actros mit unserem modernsten Notbremsassistenten ausstatten, steigt diese Zahl weiter – ganz automatisch, mit jedem neuen Lkw“, sagte Buchner. Sowohl der Abbiegeassistent als auch ABA 5 können dabei sowohl Fußgänger und Radfahrer erkennen.

UDV fordert Anfahr-Stopp-Technik

Siegfried Brockmann leitet die Unfallforschung der Versicherer. Foto: UDV

Dass Daimler nun den Notbremsassistent in Serie bringt, wird vom Leiter der Unfallforschung der Versicherer, Siegfried Brockmann, begrüßt, wie er am Freitag der Autogazette sagte. Doch die UDV fordert von den Herstellern eine optimierte Notbremstechnik. So brauche es aus Sicht der UDV für Lkw auch dringend eine Anfahr-Stopp-Technik. Weshalb? Das hat die UDV ebenfalls am Donnerstag bei einem Crashtest in Münster gezeigt. Da war ein Lkw in der Simulation langsam angefahren und hatte eine vor ihm stehende Puppe erfasst und mit der Vorderachse überrollt.

Es sind Alltagssituation, die in der Stadt beim Anfahren oder im Stopp-and-Go-Verkehr zur Normalität gehören. In Situationen im Nahbereich von ein bis zwei Metern würden die bislang bekannten Notbremsassistenten nicht funktionieren, wie Brockmann sagte. Die Technik müsse deshalb dahingehend verbessert werden, dass der Notbremsassistent Fußgänger und Radfahrer im Frontbereich erkennt und so das Anfahren verhindert.

Unterschiedliche Unfallszenarien

Mercedes Lkw-Chef Stefan Buchner. Foto: Daimler

Wie die UDV sagt, würde die Auswertung der Unfälle zeigen, dass bei Unfällen mit einem Lkw die Verletzungsschwere und die betroffenen Körperregionen bei Fußgängern und Radfahrern zwar gleich sei. Doch der Unfallhergang unterscheide sich: so werden Radfahrer zumeist dann von einem abbiegenden Lkw erfasst, wenn sie geradeaus fahren. Der Fußgänger indes wird frontal oder seitlich erfasst. Vor diesem Hintergrund bestehe Handlungsbedarf. Dabei sehen die Unfallforscher aber nicht nur die Hersteller in der Pflicht, sondern fordern auch eine Sensibilisierung der Fußgänger für das eingeschränkte Sichtfeld des Lkw-Fahrers nach unten. Zugleich seien auch die Fahrer gefordert, vor dem Anfahren in den Frontspiegel zu schauen, der den Bereich vor dem Führerhaus sichtbar mache.

Für Brockmann sei nun der Bund gefordert, sich auf internationaler Ebene dafür einzusetzen, dass ein Notbremsassistent nicht nur Fußgänger erkennt, sondern auch das Anfahren verhindere. Die Fehler, die bezüglich des verpflichtenden Einbaus eines Notbremsassistenten gemacht wurden, dürften sich diesmal nicht wiederholen.

UDV forderte Abbiegeassistenten bereits 2013

Der neue Mercedes-Benz Actros kann mit einem Abbiege-Assistenten bestellt werden. Foto: Daimler

Die UDV der Versicherer hätte bereits 2013 eine Verpflichtung für den Einbau eines Abbiegeassistenten gefordert. Doch man fand in der Politik kein Gehör. So schreibt die EU den Abbiegeassistenten für Neutypen erst ab 2022 vor, für Neuwagen sogar erst ab 2024. Im Sinne der Verkehrssicherheit fiel zu spät. Das wurde auch von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) gesehen, der diese Verpflichtung bereits gerne in diesem Jahr gesehen hätte. Doch bei der EU konnte er sich damit nicht durchsetzen. Deshalb hat das Bundesverkehrsministerium ein millionenschweres Förderprogramm für die den Einbau von Abbiegeassistenten aufgelegt.

Bei Daimler ist man das Thema Abbiegeassistent proaktiv angegangen, bietet seinen Kunden dieses System bereits seit 2016 an. „Für uns ist Sicherheit eine Frage der gesellschaftlichen Verantwortung – und dieser Verantwortung kommen wir nach“, so Buchner. Wie sehr der Einsatz von Fahrassistenzsystemen Unfälle vermeiden kann, zeige ein Blick in die Statistik in eine 2018 veröffentlichte Studie der Bundesanstalt für Straßenwesen.

2500 Euro für ein Menschenleben

Die Teilnehmer des Saftey Dialog von Daimler Trucks. Foto: Mertens

Danach ist die Zahl der Unfälle mit schweren Lkws zwischen 2002 und 2015 um 30 Prozent zurückgegangen. Diese Zahlen will Daimler weiter senken – mit ABA 5 und der Nachrüstlösung eines Abbiegeassistenten. Der Preis eines Abbiegeassistenten hält sich dabei in Grenzen. Er kostet 2500 Euro. Wird er bei Daimler in Kombination mit dem „Saftey Pack“ geordert, reduziert sich sein Preis um 30 Prozent.

Doch solange sein Einbau in der EU nicht zur Pflicht geworden ist, kann man nur auf die Einsicht der Spediteure hoffen, bereits jetzt proaktiv zu investieren. 2500 Euro kann menschliches Leid verhindern. Dabei appeliiert Dekra-Unfallforscher Walter Niewöhner inebsondere an die Kommunen, aktiv zu werden. Sie müssten Fahrzeuge wie beispielsweise Mülltransporter schnell zur Erhöhung der Sicherheit mit einem Abbiegeassistenten ausstatten.

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