«Ankommen ist wichtig. Wann weniger»

Chevrolet-Europachef Wayne Brannon

«Ankommen ist wichtig. Wann weniger»
Chevrolet-Europachef Wayne Brannon plant eine Verdoppelung des Absatzes. © Chevrolet

Die GM-Tochter Chevrolet will ihren Absatz in Europa mittelfristig verdoppeln. Im Interview mit der Autogazette spricht Europachef Wayne Brannon über neue Modelle, die Schwestermarke Opel und Lücken im Portfolio.

Chevrolet-Europachef Wayne Brannon sieht sich in keinem Konkurrenzkampf mit Opel, auch wenn einige Modelle in den gleichen Segmenten wie die der Schwestermarke angeboten werden. Vielmehr wolle man gemeinsam mit Opel anderen Marken Kunden abjagen.

«Wir tummeln uns in den gleichen Segmenten mit vielen anderen Marken, denen wir gemeinsam mit Opel Marktanteile abringen wollen», sagte Brannon im Interview mit der Autogazette. «Bisher funktioniert das offensichtlich gut, denn beide GM-Marken setzen ihr Wachstum erfolgreich mit klar differenzierten Positionierungen fort», fügte der Manager hinzu.

Chevrolet-Absatz mittelfristig verdoppeln

Dass beide Marken Ende des Jahres mit dem Opel Ampera und dem Chevrolet Volt das baugleiche Elektrofahrzeug auf den Markt bringen werden, ist für Brannon unproblematisch. Der Chevrolet-Europachef glaubt vielmehr daran, dass beide Marken von der Technik des Range Extenders profitieren werden. Mit dem Chevrolet Volt zeige man bereits seit fast einem Jahr in den USA, dass die sogenannte E-REV-Technologie «von GM heute die intelligenteste Lösung für elektrische Mobilität» darstelle.

Den Absatz von Chevrolet Europa plant Brannon mittelfristig zu verdoppeln. «Wir haben mit nur wenigen Modellen einen Marktanteil von 2.5 Prozent erreicht. Nach und nach steigen wir in weitere Segmente ein – wie zum Beispiel den der Kompaktvans mit dem Orlando. Wenn wir mit jedem neuen Modell ähnlich erfolgreich sind wie mit Spark, Cruze und Captiva, kommen wir Schritt für Schritt ans Ziel.»

«Kommen Schritt für Schritt ans Ziel»

Autogazette: Herr Brannon, neigen Sie gelegentlich zum Überschwang?

Wayne Brannon: Wie kommen Sie darauf?

Autogazette: Weil Sie sich zum Ziel gesetzt haben, den Absatz von Chevrolet mittelfristig zu verdoppeln. Ist das nicht arg optimistisch?

Der Chevrolet Orlando Chevrolet

Brannon: Das Ziel basiert auf einer nüchternen Hochrechnung. Wir haben mit nur wenigen Modellen einen Marktanteil von 2.5 Prozent erreicht. Nach und nach steigen wir in weitere Segmente ein – wie zum Beispiel den der Kompaktvans mit dem Orlando. Wenn wir mit jedem neuen Modell ähnlich erfolgreich sind wie mit Spark, Cruze und Captiva, kommen wir Schritt für Schritt ans Ziel.

Autogazette: Die Welt steckt erneut in einer Finanzkrise: Rechnen Sie nicht mit einem Abflauen der Konjunktur und damit einem Rückgang des Autoabsatzes?

Brannon: Die Lage ist von Markt zu Markt sehr unterschiedlich. Dieses Jahr haben wir in der Türkei, Deutschland, Frankreich, Österreich und Dänemark Marktanteil dazu gewonnen. In anderen Märkten herrscht bei vielen potentiellen Kunden Unsicherheit, was natürlich für die gesamte Industrie ungünstig ist.

Autogazette: Bis wann soll das Ziel der Absatzverdoppelung denn genau erreicht werden?

Brannon: Es gibt erfahrenere Ökonomen als mich, die Ihnen auch keine Antwort auf die Frage nach dem nächsten wirtschaftlichen Aufschwung geben können. Wir wachsen weiter und halten unser Ziel im Auge. Ankommen ist wichtig. Wann weniger.

Autogazette: Woher sollen überhaupt die Kunden kommen, mit denen Sie dieses Ziel erreichen wollen?

Brannon: Wir haben das Glück, mit Chevrolet eine Marke zu sein, die auf breites Interesse stößt. Unsere Neukunden kommen von allen möglichen Marken. Sie suchen aufregendes Design, viel Auto für Ihr Geld und einen Hauch der «unbegrenzten Möglichkeiten», die amerikanische Marken in sich tragen. Mehr als jede andere Volumenmarke in Europa, werden wir als amerikanische Marke verstanden. Diese einzigartige Positionierung ist ein Vorteil für uns.

«Beide GM-Marken setzen ihr Wachstum fort»

Der Chevrolet Aveo Chevrolet

Autogazette: Mit Modellen wie beispielsweise dem Aveo oder dem Captiva tummeln Sie sich in den gleichen Segmenten wie Opel. Sehen Sie hier keine Kannibalisierung?

Brannon: Wir tummeln uns in den gleichen Segmenten mit vielen anderen Marken, denen wir gemeinsam mit Opel Marktanteile abringen wollen. Bisher funktioniert das offensichtlich gut, denn beide GM-Marken setzen ihr Wachstum erfolgreich mit klar differenzierten Positionierungen fort.

Autogazette: Sie konnten 2010 europaweit mit Chevrolet mehr als 477.000 Autos verkaufen. Nach dem ersten Halbjahr liegen sie bei fast 252.000 Fahrzeugen. Werden Sie in diesem Jahr die 500.000er-Marke knacken?

Brannon: Sie kennen den Spruch mit den ungelegten Eiern? In Amerika reden wir von Küken, die noch nicht geschlüpft sind: «Don’t count your chickens before they’ve hatched». Ich gebe Ihnen aber insofern Recht, dass wir bisher gut unterwegs sind. Von daher könnte ein Absatz um 500.000 Fahrzeuge in diesem Jahr möglich sein.

Der Chevrolet Volt dpa

Autogazette: Auf der IAA zeigen Sie das Elektroauto Chevrolet Volt, das baugleich mit dem Opel Ampera ist und Ende des Jahres auf den Markt kommt. Was sagen Sie Ihren Kunden, die fragen, weshalb sie sich für den Volt entscheiden sollen?

Brannon: Der Chevrolet Volt zeigt bereits seit fast einem Jahr in Amerika, dass die neue E-REV-Technologie (extended-range electric vehicle) von GM heute die intelligenteste Lösung für elektrische Mobilität darstellt. Beide GM-Marken werden in Europa davon profitieren.

«Für uns wird der Malibu ein Nischenmodell sein»

Autogazette: Im kommenden Jahr werden Sie den Chevrolet Malibu auch in Europa auf den Markt bringen, ihr neues Topmodell. Wird er denn auch in Deutschland eingeführt?

Brannon: Der neue Chevrolet Malibu wird in fast allen europäischen Märkten eingeführt – einschließlich Deutschland. Uns fehlt ja ein Auto in der Mittelklasse.

Der Chevrolet Malibu Chevrolet

Autogazette: Welche Absatzerwartung haben Sie europaweit für dieses Modell?

Brannon: Für uns wird der Malibu eher ein Nischenmodell sein.

Autogazette: Derzeit fehlt Ihnen noch ein Kombi im Angebot? Wann wird es denn einen Cruze-Kombi geben, schon nächstes Jahr?

Brannon (lacht): Glauben Sie, wir sollten die Cruze-Familie erweitern? Ich bin auf jeden Fall ganz Ihrer Meinung, dass es Lücken gibt in unserem Portfolio, die wir mit der Zeit schließen wollen.

Der Chevrolet Miray Chevrolet

Autogazette: Auf dem Messestand in Frankfurt zeigt Chevrolet auch die Studie des Miray, eines mit Hybridantrieb angetriebenen Roadsters. Ist das Auto mehr als eine Fingerübung für Ihre Designer?

Brannon: Wir haben diesmal zwei Konzepte auf dem Stand: den Colorado Rally Truck, der in seiner endgültigen Form auf jeden Fall auf vielen Weltmärkten eingeführt wird; und den Miray. Der Miray ist eine Studie.
Zur Feier unseres hundertsten Jubiläums weckt sie Erinnerungen an aufregende Design-Studien früherer Zeiten und deutet gleichzeitig an, wie aufregend die Chevys der Zukunft sein werden.

«Mag es, wenn Länderchefs sich hohe Ziele setzen»

Autogazette: GM-Chef Akerson hat angekündigt, dass geprüft werden solle, Chevrolets zukünftig statt in Südkorea in Europa zu bauen. Wann rechnen Sie hier mit einer Entscheidung?

Brannon: GM fertigt Fahrzeuge traditionell dort, wo sie verkauft werden. Derzeit werden Chevrolets – unter anderem - in den USA, Kanada, Russland, Südafrika, China und Südkorea gebaut. In Zentral- und Westeuropa ist das noch nicht der Fall. Da die Nachfrage hier steigt, wird nun geprüft, ob Chevrolets auch in GM-Werken in Europa gebaut werden könnten. Für eine derart wichtige Entscheidung sollte man sich Zeit lassen.

Autogazette: Ihr Deutschland-Chef Steffen Raschig will den Absatz bis 2016 bis auf 60.000 Autos verdoppeln. Teilen Sie den Optimismus?

Brannon: Optimismus ist generell eine positive Eigenschaft. Ich mag es, wenn unsere Länderchefs sich hohe Ziele stecken.

Das Interview mit Wayne Brannon führte Frank Mertens

Vorheriger ArtikelGericht besiegelt das Ende Saabs
Nächster ArtikelBMW R 1200 R: Gemacht für lange Ausfahrten
Frank Mertens
Nach dem Studium hat er in einer Nachrichtenagentur volontiert. Danach war er Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche.

Keine Beiträge vorhanden